Ökonomen rechnen in den kommenden Jahren mit deutlich steigenden Sozialabgaben – vor allem bei den Krankenkassen. „Ich erwarte, dass die Beiträge ohne Reformen in den nächsten zwei Jahren jeweils um rund 0,2 Beitragssatzpunkte steigen“, sagt Gesundheitsökonom Jürgen Wasem.
Zunehmende Belastung für Durchschnittsverdiener
Laut dem Berliner IGES-Institut zahlen Durchschnittsverdiener bereits 255 Euro mehr pro Jahr für die Krankenkasse. Der Zusatzbeitrag liegt inzwischen bei durchschnittlich 2,9 Prozent. „Ohne weitere Maßnahmen werden diese Belastungen zunehmen“, warnt IGES-Chef Martin Albrecht.
Insgesamt könnte die Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge laut IGES bis 2035 auf bis zu 53 Prozent steigen – derzeit liegt sie bei etwa 42 Prozent.
Fehlende Maßnahmen und teure Versprechen
Auch andere Ökonomen schlagen Alarm. DIW-Präsident Marcel Fratzscher kritisiert: „Der Koalitionsvertrag verschärft das Problem – es fehlen konkrete Maßnahmen zur Begrenzung der Abgaben.“ Stattdessen gebe es teure Versprechen wie ein stabiles Rentenniveau und die Ausweitung der Mütterrente.
Nicolas Ziebarth vom ZEW erwartet ebenfalls keinen Kurswechsel: „Die Sozialabgaben werden also ungebremst steigen.“ Das gefährde nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die private Vorsorge.
Wirtschaftliche Auswirkungen: Hohe Abgaben schwächen den Konsum
Besonders kritisch sehen Experten die Auswirkungen auf den Konsum. „Hohe Abgaben dämpfen die Kaufkraft – das schwächt die Konjunktur“, so Fratzscher.
Das arbeitgebernahe IW kritisiert außerdem die Reformverzögerungen durch die Politik. „Die Kommissionen kommen zu spät und haben keinen klaren Auftrag“, meint IW-Experte Jochen Pimpertz. Vorschläge etwa zur Krankenversicherung werden frühestens 2027 erwartet – zu spät, um der Beitragsspirale rechtzeitig entgegenzuwirken.