Immobilien

Wegweisendes Urteil zu Immobilien-Modernisierungen gefallen

Lesezeit: 2 min
19.03.2021 10:50  Aktualisiert: 19.03.2021 10:50
Modernisierungen müssen die Mieter mitfinanzieren. Seit 2019 soll sie eine Obergrenze vor allzu drastischen Mieterhöhungen schützen. Eigentümer, die schnell genug waren, durften davor allerdings noch Fakten schaffen – selbst auf den allerletzten Drücker.
Wegweisendes Urteil zu Immobilien-Modernisierungen gefallen
Viele Mieter haben vor Modernisierungen Angst, weil sich die Miete deutlich erhöhen kann. (Foto: iStock.com/hanohiki)
Foto: hanohiki

Seit dem 1. Januar 2019 dürfen die Mieten bei einer Modernisierung nicht mehr so stark erhöht werden wie früher. Am 27. Dezember 2018 kündigt eine Münchner Immobilienfirma den Mieterinnen und Mietern einer großen Wohnanlage umfangreiche Arbeiten für die kommenden Jahre an. Der örtliche Mieterverein glaubt nicht an einen Zufall – und hat für die Betroffenen eine Musterklage bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gebracht. Das Urteil vom Donnerstag ist für die Mieter allerdings eine Enttäuschung. (Az. VIII ZR 305/19)

Was ist überhaupt eine Modernisierung?

Vereinfacht gesagt gehören dazu alle Arbeiten, die dabei helfen, Energie einzusparen. Außerdem zählen laut Gesetz Maßnahmen als Modernisierung, die den „Gebrauchswert der Mietsache“ erhöhen oder die „allgemeinen Wohnverhältnisse“ auf Dauer verbessern. Nicht dazu gehört die Instandhaltung – also alles, was getan werden muss, damit das Haus oder die Wohnung bewohnbar bleibt. In dem Münchner Fall wollen die Eigentümer unter anderem Balkone anbauen, Fenster und Eingangstüren erneuern und Rollläden und eine Wärmedämmung anbringen.

Welche Rechte haben Mieter bei einer Modernisierung?

Der Vermieter muss die Arbeiten spätestens drei Monate vor Beginn ankündigen. In dem Schreiben muss auch schon stehen, um wie viel sich die Miete voraussichtlich erhöhen soll. Die Mieter haben bei einer Modernisierung das Recht, den Mietvertrag außer der Reihe zu kündigen. Außerdem müssen sie die Modernisierung nicht dulden, wenn daraus für sie eine besondere Härte entstehen würde. Ob das so ist, muss aber immer im Einzelfall abgewogen werden. Tatsächlich erhöht werden darf die Miete erst, wenn die Arbeiten beendet sind.

Was hat sich zum Jahreswechsel 2018/19 geändert?

Früher durfte der Eigentümer elf Prozent der Modernisierungskosten auf die jährliche Miete aufschlagen. Seit 2019 sind es nur noch acht Prozent. Außerdem hat der Gesetzgeber eine Obergrenze eingezogen: Innerhalb von sechs Jahren darf sich die Monatsmiete je Quadratmeter nicht um mehr als drei Euro erhöhen (bei niedrigen Mieten sind es nur zwei Euro). Das kann einen ordentlichen Unterschied machen, wie der Mieterverein am Beispiel eines älteren Ehepaars aus der Wohnanlage vorrechnet: Die beiden sollen nach altem Recht 729 Euro mehr im Monat bezahlen – nach neuem Recht wären es höchstens rund 230 Euro.

Was genau ist in München passiert?

Die Immobilienfirma kündigte die Modernisierungen zwar kurz vor dem Stichtag an. Beginnen sollten die Arbeiten aber erst ein knappes Jahr später. Das Unternehmen begründet den langen Vorlauf mit der „Komplexität der geplanten Maßnahmen“, die bis 2023 dauern sollen. Der Mieterverein hält das für vorgeschoben. Der Stadtteil Schwabing, in dem das Hohenzollernkarree liegt, sei ein gefragtes Viertel. Und die Mieter in den mehr als 200 Wohnungen wohnten zum Teil schon sehr lange da und zahlten recht humane Mieten. In Wahrheit gehe es darum, möglichst viele zum Auszug zu bewegen. Eine Erhöhung nach altem Recht laufe für viele fast auf eine Verdopplung ihrer Miete hinaus.

Worum ging es vor Gericht?

Der Mieterverein war für 145 Mietparteien mit einer sogenannten Musterfeststellungsklage gegen die Immobilienfirma vorgegangen. In erster Instanz mit Erfolg: Laut dem Oberlandesgericht München hätten die Mieten nur nach neuem Recht – und damit weniger drastisch – angehoben werden dürfen. Entscheidend ist aber das Urteil des BGH, und der gibt nun der Eigentümer-GmbH Recht: Die Planungen seien Ende 2018 so weit fortgeschritten gewesen, dass eine ordnungsgemäße Ankündigung möglich gewesen sei. Nur darauf komme es an. Für die Zeitspanne bis zum Beginn der Arbeiten gebe es keine Maximalvorgabe. Außerdem stellen die Karlsruher Richter klar: Wenn es einen Stichtag gibt, ist es niemandem vorzuwerfen, wenn er es noch kurz vorher schafft.

Welche Auswirkungen hat das Urteil?

Der Ausgang des Musterverfahrens, das laut Mieterverein das erste überhaupt im deutschen Mietrecht war, ist für alle Beteiligten verbindlich. Der Mieterverein befürchtet Schlimmes: „Viele Menschen werden sich das Leben im Hohenzollernkarree nicht mehr leisten können und somit ihr Zuhause verlieren“, sagt Geschäftsführer Volker Rastätter. Solchen Mietern bleibt jetzt nur noch die Möglichkeit, sich gegen die Modernisierung oder die anschließende Mieterhöhung zu wehren, indem sie sich auf die Härtefall-Regelung berufen.

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