Das Dauerzinstief nagt an der privaten Altersvorsorge. Viele Vorsorgesparer müsse sich auch im kommende Jahr auf eine sinkende Verzinsung von Lebensversicherungen einstellen. Nach Einschätzung von Branchenexperte Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata ist diese Sparform zwar immer noch attraktiver, „als das Geld auf dem Konto zu parken angesichts von Negativzinsen, die immer mehr Kreditinstitute erheben. Aber das allein wird bei vielen Menschen nicht reichen, um die Altersvorsorge-Lücke zu schließen.“ Verbraucherschützer haben grundsätzliche Bedenken.
Assekurata erwartet im Durchschnitt bei klassischen privaten Rentenversicherungen eine leichte Senkung der laufenden Verzinsung von derzeit 2,13 Prozent auf etwa 2 Prozent. Bei neueren Lebensversicherungsprodukten mit abgespeckter Garantie dürfte die Entwicklung ähnlich sein, sagte Heermann.
Vorsorgesparer mit lukrativen Altverträgen, die vor dem Jahr 2000 abgeschlossen wurden, stehen besser da. Sie haben zumindest den Garantiezins von bis zu 4 Prozent sicher. Liegt die laufende Verzinsung darunter, gilt automatisch der Garantiezins.
Erste Versicherer treten bereits auf die Bremse und senken die Überschussbeteiligung fürs kommende Jahr. Über deren Höhe entscheiden die Assekuranzen je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu. Überschussbeteiligung und Garantiezins ergeben die laufende Verzinsung, die sich nur auf den Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten bezieht.
Garantiezins sinkt
Der Garantiezins sinkt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzministeriums ab Januar 2022 für Neuverträge auf 0,25 Prozent nach zuletzt 0,9 Prozent. Dies gilt ausschließlich für Policen, die nach der Änderung abgeschlossen werden.
Das Problem der Branche sind die hochverzinsten Altverträge, weil in der Zinsflaute die Versprechen der Vergangenheit erfüllt werden müssen. Staatsanleihen mit guter Bewertung, die als sicher gelten, werfen so gut wie nichts mehr ab. Teilweise legen Anleger sogar Geld drauf. Die meisten der rund 80 Lebensversicherer in Deutschland bieten im Neugeschäft keine klassischen Policen mit lebenslangem Garantiezins mehr an. „In diesem Jahr sind es noch 16 Versicherer und ich gehe davon aus, dass die Zahl ab 2022 weiter sinken wird“, sagte Heermann. „Die Lebensversicherung im traditionellen Sinn ist ein Auslaufmodell und wird in der Form auch nicht mehr zurückkommen.“
Heermann zufolge hat sich bei neuen klassischen Policen bereits die Mehrheit der Anbieter zudem davon verabschiedet, Vorsorgesparern den Erhalt der eingezahlten Beiträge zu 100 Prozent zu garantieren. Dafür sollen Versicherte auf eine höhere Rendite hoffen können, weil die Assekuranzen Gelder in renditestärker, aber riskantere Produkte anlegen können. Die Vielzahl der neuen Modelle führt aus Heermanns Sicht dazu, „dass ein Vergleich zwischen den Altersvorsorgeprodukten zunehmend schwierig wird“.
Kritik von Experten
Verbraucherschützer kritisieren die Kapitallebensversicherung grundsätzlich als aus ihrer Sicht zu teuer und renditeschwach. „Lebensversicherungen sind für die Absicherung von Risiken wie den Todesfall geeignet, aber nicht für die private Altersvorsorge“, sagt Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Ein großes Problem sind die Abschluss- und Vertriebskosten. Hier hat sich leider nichts getan.“
Ein weiteres Problem: „Wenn ich eine lebenslange Garantie gebe, muss ich entsprechend vorsorgen, um das Versprechen erfüllen zu können. Darauf achtet auch die Aufsicht“, erläutert Gatschke. Die Garantieverpflichtung halte die Assekuranzen davon ab, renditeorientiert anzulegen. Zu groß sei die Gefahr, dass die Versprechen nicht jederzeit erfüllt werden könnten und Versicherer im Zweifel eigenes Geld nachschießen müssten. Investiert werde daher vor allem in renditeschwache Staatsanleihen mit guter Bewertung. (dpa)
„