Immobilien

Betongold: Lohnen sich offene Immobilienfonds? 

Lesezeit: 3 min
11.04.2023 13:04  Aktualisiert: 11.04.2023 13:04
Die Preise von Immobilien fallen derzeit in Deutschland. Ein guter Zeitpunkt, um in offene Immobilienfonds zu investieren?
Betongold: Lohnen sich offene Immobilienfonds? 
Offene Immobilienfonds kaufen und vermieten vor allem Büro- und Gewerbeimmobilien im westeuropäischen Raum. (Foto: iStock.com/Zephyr18)
Foto: Zephyr18

Offene Immobilienfonds sind bei den Deutschen extrem beliebt. Insgesamt steckten zum 31. Dezember 2022 knapp 132 Milliarden Euro in den Fonds, die vorwiegend Büro- und Gewerbeimmobilien im westeuropäischen Raum halten. Das war ein Anstieg um 500 Millionen Euro zum Vorjahr, wie der deutsche Fondsverband BVI berichtet. Insgesamt entspricht das rund 10 Prozent der investierten Gelder in offenen Publikumsfonds (einschließlich ETFs).

Der Honorar-Finanzanlagenberater Andree de Boer rät dennoch von einem Kauf ab. „Immobilienfonds sind im Vergleich zu alternativen Anlagemöglichkeiten unflexibel, intransparent und teuer“, erklärt er schriftlich auf ANG-Anfrage. Etwa müssten Anleger Anteile im Anschluss an den Kauf mindestens 24 Monate halten und würden einer Kündigungsfrist von 12 Monaten unterliegen.

Die Renditen sind zudem eher mau. Etwa untersuchte Stiftung Warentest im März 2020 dreizehn entsprechende Fonds aus Deutschland, die mit knapp 90 Milliarden Euro Fondsvermögen für einen Großteil des heimischen Marktes stehen. Die Zugewinne lagen dabei über die vergangenen fünf Jahre zwischen 2,1 und 3,3 Prozent pro Jahr. Bloß zwei Ausreißer lagen mit 4,7 und 8,9 Prozent deutlich höher. „Ihre Wertentwicklung war meist nicht üppig, aber stabil“, schreiben die Verbraucherschützer angesichts des Immobilienbooms in dem Zeitraum.

Hohe Kosten

Ein Grund für die schwache Performance waren die hohen Kosten von 0,72 bis 1,45 Prozent pro Jahr. „Günstig sind die Fonds nicht“, kommentierte denn auch Stiftung Warentest.

Der Vermögensberater Gerd Kommer hat sich die Renditen über lange Zeiträume angeschaut und fällt ein hartes Urteil. Die drei größten offenen Immobilienfonds aus Deutschland hätten „grottenschlecht rentiert“, schreibt er in einem Fachbeitrag. Etwa rentierten die drei europaweit investierenden Immobilienfonds zwischen 2004 und 2021 zwischen 2,2 und 2,7 Prozent. Ein europaweit gestreuter Immobilienaktien-ETF kam hingegen auf 8,8 Prozent pro Jahr im gleichen Zeitraum.

Dabei seien die Renditen der offenen Immobilienfonds nach oben verzerrt, führt Kommer aus. Denn zwischen 2004 und 2017 seien 20 offene Immobilienfonds geschlossen worden. Die 31 noch existierenden Fonds seien somit die besonders erfolgreichen Fonds, während die schlechten Renditen der geschlossenen Fonds nicht im Datensatz enthalten seien. Ohne diesen Mangel der Daten wäre die Rendite „weit niedriger“.

Laut Andree de Boer sind die offenen Immobilienfonds auch nicht so sicher, wie sie scheinen. „Der aktuelle Rückkaufswert ist für den Anleger nicht aussagekräftig“, erklärt der Hamburger. „Zum einen, weil die Bewertung nur quartalsweise erfolgt, zum anderen, weil der Fonds ohnehin erst nach 12 Monaten zurückgegeben werden kann.“

Zwei externe, voneinander unabhängige Gutachter müssen nämlich mindestens vierteljährlich sämtliche Grundstücke und Immobilien aus dem Fondsvermögen bewerten. Auf Basis der Gutachten legt die Fondsgesellschaft den Rücknahmepreis fest, zu dem sie Anteile nach Ablauf der einjährigen Kündigungsfrist zurücknimmt. Ein Anleger muss also bereits heute unwiderruflich entscheiden, ob er seine Anteile in einem Jahr zurückgibt, aber weiß noch nicht sicher, welchen Preis er für diese erhalten wird.

Liquiditätsrisiko im Crash

Das kann sich insbesondere in Krisen rächen. „In einer schweren Marktkrise wird die Rückgabe zum ‘ausgewiesenen Marktkurs’ mit einiger Wahrscheinlichkeit nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sein“, schreibt Gerd Kommer. Etwa seien im Anschluss an die globale Immobilienkrise im Jahr 2008 rund die Hälfte der 40 offenen Immobilienfonds in Deutschland geschlossen worden.

Anleger verzeichneten zweistellige Verluste oder kamen jahrelang nicht an das investierte Geld heran. Auf dem Zweitmarkt seien Anteile mit Abschlägen von bis zu 80 Prozent gehandelt worden. „Im Ergebnis kam es 2013 zu einem aufsichtsrechtlichem Mini-Reförmchen“, schreibt Kommer. Nun gelte eine Mindesthaltedauer von 24 Monaten und eine Kündigungsfrist von 12 Monaten. Die Hauptschwäche der offenen Immobilienfonds – aus einem illiquiden Immobilien-Direktinvestment eine quasi-täglich verfügbare Anlage zu machen – besteht Kommer zufolge aber weiter fort.

Der Honorarberater Andree de Boer rät denn auch Anlegern, die Anteile an einem offenen Immobilienfonds halten, sich nach Alternativen umzuschauen. „Generell kann man sagen, dass es keinen Grund gibt, nicht lukrative Anlagen im Portfolio zu halten.“

ETFs auf Immobilien-AGs sind laut de Boer der geeignetste Weg, um in die Immobilienmärkte zu investieren. Auch REITs könnten eine Alternative sein. Dabei solle das Fondsvermögen relativ hoch sein und die laufenden Kosten (TER) sollten unter 0,5 Prozent pro Jahr liegen. Über Suchmaschinen wie JustETF oder ExtraETF fänden Anleger ETFs nach Regionen sortiert, etwa auf den Index FTSE EPRA/NAREIT Developed Europe.

Wer dennoch auf offene Immobilienfonds setzen will, der soll laut der Verbraucherzentrale Geld „stets“ auf mehrere Fonds verteilen. Außerdem sollten die Kosten nicht über 1,2 Prozent pro Jahr liegen und das Fondsvolumen solle mindestens 500 Millionen Euro betragen.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.
ANG
Vorsorge
Vorsorge Unter 1.200 Euro Rente für jeden fünften lange Versicherten
23.07.2024

In Deutschland erhalten Menschen nach 45 Versicherungsjahren im Schnitt 1.604 Euro Rente, doch jeder Fünfte bekommt weniger als 1.200...

ANG
Börse
Börse Zielsenkung schickt Porsche gegen Rekordtief - Holding leidet mit
23.07.2024

Die Porsche-Aktien stürzen ab, nachdem das Unternehmen seine Jahresprognosen gesenkt hat. Analysten sind überrascht über die Warnung,...

ANG
Börse
Börse Bondmarkt-Analyse: Wie ein Trump-Sieg die Märkte beeinflusst
12.07.2024

Die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl verspricht ein enges Rennen zwischen Amtsinhaber Joe Biden und seinem Herausforderer Donald...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Pflege im Heim noch teurer - Druck für Reform
15.07.2024

Die Kosten für die Pflege im Heim steigen weiter an. Eine aktuelle Auswertung des Verbands der Ersatzkassen zeigt, dass trotz erhöhter...

ANG
Börse
Börse Aktien Frankfurt: Dax nach drei Gewinntagen knapp im Minus
15.07.2024

Nach einem dreitägigen Höhenflug lassen es die Anleger bei deutschen Aktien am Montag ruhiger angehen. Der DAX verlor gegen Mittag 0,09...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Goldskandal: Fälschungen und Unsicherheiten für Anleger
12.07.2024

Im aktuellen Goldskandal um die Swiss Gold Treuhand AG (SGT) stehen Anleger möglicherweise vor erheblichen Verlusten. Das Unternehmen hat...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Bundesbank-Chef: Rentenalter an Lebenserwartung anpassen
15.07.2024

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel fordert eine Anpassung des gesetzlichen Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Im Gespräch mit...

ANG
Geldanlage
Geldanlage 200 Millionen Euro Kosten: Sparkassen bereiten sich auf digitalen Euro vor
15.07.2024

Die Implementierung des digitalen Euro dürfte für die Sparkassen-Finanzgruppe teuer werden. Doch die Kosten sind nicht das Hauptproblem....