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Peak Gold: Geht das Gold bald zur Neige?

Lesezeit: 5 min
13.03.2023 13:31  Aktualisiert: 13.03.2023 13:31
Seit dem Jahr 2018 schrumpft die Goldförderung im Trend. Sind die globalen Vorkommen in absehbarer Zukunft erschöpft?
Peak Gold: Geht das Gold bald zur Neige?
Ein Bergmann hält ein Goldnugget. (Foto: iStock.com/joebelanger)
Foto: joebelanger

Chefs von großen Goldminengesellschaften erklärten bereits mehrmals, dass das globale Fördermaximum beim Gold überschritten sei. Etwa sagte zuletzt Ian Telfer, der Ex-Chef von Goldcorp, Peak Gold sei erreicht. „Wir haben Schwierigkeiten, Gold zu finden“, erklärte er weiter gegenüber Kitco News. Zu einem Preis von 3000 US-Dollar sei bereits das meiste oder vielleicht sogar alles Gold gefunden worden, das sich zu diesem Preis profitabel abbauen lasse. Der Goldpreis werde daher künftig steigen müssen.

Der Geologe und Lagerstättenexperte Friedrich-Wilhelm Wellmer zweifelt indes an der Peak-Gold-These. Er erwartet künftig neue Produktionshochs. „Da würde ich Chief Executives von Goldbergbaufirmen wenig trauen. Die verfolgen doch nur ihre Eigeninteressen“, erklärt der frühere Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe auf ANG-Anfrage.

Im 20. Jahrhundert erreichte die globale Minenförderung vier Höchststände, die jedes Mal von einem neuen Hoch übertroffen wurden – und zwar in den Jahren 1912, 1940, 1971 und 2001. Am größten war die Förderung schließlich im Jahr 2018. Laut dem World Gold Council betrug sie damals 3655 Tonnen. Seither ist sie leicht gefallen und stieg im Jahr 2022 mit 3612 Tonnen fast wieder auf ein Allzeithoch.

Mehr als genug Gold in der Erdkruste

Wellmer zufolge ist weiter mehr als genug Gold in der Erdkruste vorhanden, um die Förderung deutlich auszuweiten. „Es gibt Abschätzungen, von denen ich allerdings nicht viel halte, dass 0,01 Prozent der Metallgehalte in der oberen Kruste insgesamt gewinnbar sein werden“, erklärt er. „Für Gold wären das 2 Millionen Tonnen.“

Bislang wurden in der gesamten Menschheitsgeschichte „nur“ 209.000 Tonnen Gold gefördert, wie das World Gold Council berichtet. Das entspricht einem Würfel mit einer Kantenlänge von 22 Metern. Doch in der Erdkruste befinden sich noch beträchtliche Vorkommen. Die US-Geowissenschaftsbehörde USGS schätzt die aktuell bekannten, abbaubaren Reserven auf 52.000 Tonnen.

Wellmer zufolge gibt es aber „eine sehr viel größere Tonnage an Ressourcen, die bekannt aber nur noch nicht genug exploriert sind, um als Reserven zu qualifizieren“. Bergbaufirmen bräuchten nämlich einen gewissen Planungsvorlauf und würden nicht Vorkommen explorieren, die sie erst in 50 Jahren abbauen könnten. Man könne „mit Sicherheit“ sagen, dass die bislang geförderte Tonnage von circa 200.000 Tonnen verdoppelt werden könne, erklärt Wellmer. Dafür müssten die Minengesellschaften allerdings auch Erze mit geringerem Goldgehalt verwerten.

„Es wird keine physische Knappheit an Gold geben“, folgert denn auch Wellmer. „Über den Preis regelt sich das alles.“ Zwar würden steigende Produktionskosten – etwa aufgrund des sinkenden Goldgehalts der Erze – einen Aufwärtsdruck auf den Goldpreis ausüben. Aber demgegenüber stünden Rationalisierungserfolge, etwa durch bessere Explorations- oder Fördermethoden, die die Produktionskosten senkten. Wie sich der Goldpreis genau entwickeln werde, sei darum sehr schwierig vorauszusagen, erklärt Wellmer.

Auch der Vermögensverwalter Incrementum sieht in Peak Gold kein stichhaltiges Argument für steigende Goldpreise. „Das hohe Stock-to-Flow-Ratio sorgt dafür, dass eine rückläufige Goldförderung vom hohen Bestand kompensiert wird“, schreiben die Liechtensteiner im „In Gold We Trust“-Report 2018.

Es bräuchte nämlich rund 60 Jahre, um den weltweiten Goldbestand angesichts der aktuellen Minenproduktion zu fördern. Bei anderen Rohstoffen wie Kupfer oder Öl liegt die Stock-to-Flow-Ratio im niedrigen einstelligen Bereich. Diese Rohstoffe werden sofort verbraucht, während Gold vorwiegend gehortet wird und bloß 10 Prozent der Nachfrage aus der Industrie kommt. Schwankungen in der Produktion haben darum einen relativ geringen Einfluss auf den Goldpreis.

Rohstoffpreise waren langfristig konstant

Incrementum sieht denn auch in der Peak-Gold-Diskussion eine Neuauflage der Debatte zwischen Neo-Malthusianern und „Cornucopians“. Der britische Ökonom Thomas Malthus hatte im 19. Jahrhundert die These vertreten, dass die industrielle Produktion und somit auch die Rohstoffförderung nicht Schritt halten könnten mit dem Bevölkerungswachstum. Folge werde eine Verelendung der Bevölkerung, hohe Preise und schließlich ein allgemeiner wirtschaftlicher und sozialer Kollaps sein.

Der US-Ökonom Julian Simon als Vertreter der Cornucopians hält dagegen, dass knappe Rohstoffe und hohe Preise zu technologischen Innovationen führten, wodurch die Preise von Rohstoffen inflationsbereinigt langfristig fallen. Das zeige sich etwa am Brennholz im 16. Jahrhundert oder an der Kohle im 19. Jahrhundert.

Wellmer zufolge sind die Rohstoffpreise inflationsbereinigt auf lange Sicht in etwa konstant geblieben. „Das ist der Trend, aber wie das in nächster Zukunft wird, ist schwierig vorherzusagen“, erklärt er gegenüber ANG. Der Goldpreis stieg historisch gesehen inflationsbereinigt zwischen 2 und 5 Prozent – abhängig davon, ob man die Goldrendite ab dem Jahr 1968, dem Ende der Goldbindung des US-Dollars 1971 oder dem Ende des US-Goldverbots 1975 berechnet.

Gleichwohl wäre Peak Gold auch kein Kaufargument für Gold, wenn die These stimmen würde, dass künftig die Produktion schrumpfen und Gold immer knapper werden würde. Denn die Marktteilnehmer würden dies bereits heute beim Goldkauf berücksichtigen. Manche Teilnehmer würden Gold schon jetzt horten, um von der kommenden Knappheit zu profitieren. Der Markt hätte Peak Gold also bereits eingepreist.

Ein Anleger könnte höchstens Zusatzrenditen durch Peak Gold einfahren, wenn er über geheimes geologisches Spezialwissen verfügen würde, das dem Markt noch nicht bekannt ist. Oder wenn er als Geologie-Fachmann erkennen würde, dass der Markt den aktuellen Stand der Peak-Gold-Forschung falsch beurteilt.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

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