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Verschobene Erholung: Wann verfällt Urlaub aus dem vergangenen Jahr?

Lesezeit: 6 min
16.05.2022 18:31  Aktualisiert: 16.05.2022 18:31
Den Resturlaub aus einem abgelaufenen Jahr in das nächste zu schieben, ist für viele Arbeitnehmer gängige Praxis. Doch ganz so selbstverständlich, wie viele Beschäftigte glauben, ist das nicht. Welche Regelungen gelten und worauf zu achten ist, haben wir hier zusammengefasst.
Verschobene Erholung: Wann verfällt Urlaub aus dem vergangenen Jahr?
Wie viel Jahresurlaub ins nächste Jahr mitgenommen werden darf, ist nicht ganz genau gesetzlich geregelt. (Foto: iStock.com/RomoloTavani)
Foto: RomoloTavani

Die große Frage, die sich die meisten Arbeitgeber schon einmal gestellt haben: Darf ich Resturlaub ins nachfolgende Jahr verschieben?

Jein, das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) besagt, dass der Urlaub in dem Jahr genommen werden muss, in dem er anfällt. Der Gesetzgeber formuliert das in Paragraf 7 Abs. 3 folgendermaßen:

„Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.

Der Jahresurlaub ist nämlich dazu da, dass sich der Mitarbeiter von seiner Arbeit erholt und seine Arbeitskraft wieder herstellt. Anders ausgedrückt: Mitarbeiter, die regelmäßig Urlaub machen, fallen nicht so häufig krankheitsbedingt aus – so jedenfalls der Wunsch einiger Arbeitgeber. Daher sind Beschäftigte angehalten, sich im laufenden Kalenderjahr die nötige Auszeit, also den vereinbarten Jahresurlaub, zu gönnen.

Arbeitnehmer haben sogar einen gesetzlichen Anspruch auf jährlichen Mindesturlaub, auch der ist im Bundesurlaubsgesetz geregelt: Bei einer 5-Tage-Woche muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten mindestens 20 Tage bezahlten Urlaub pro Jahr gewähren. Bei einer 4-Tage-Woche sind es 16, bei einer 3-Tage-Woche 12. Faustegel: Beschäftigte dürfen im laufenden Kalenderjahr insgesamt vier Wochen der Arbeit fernbleiben und bekommen trotzdem weiterhin ihren regelmäßigen Lohn oder ihr regelmäßiges Gehalt.

Wohl gemerkt: Wir sprechen hier vom Mindesturlaub. Arbeitgeber dürfen sich mit ihren Beschäftigten natürlich auch auf mehr Jahresurlaub einigen, nur unter die gesetzliche Grenze fallen dürfen sie nicht.

Das Bundesurlaubsgesetz besagt außerdem, dass der Resturlaub ins Folgejahr übertragen werden darf, wenn dringende betriebliche Gründe oder Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, das rechtfertigen.

Resturlaub im Arbeitsvertrag und Tarifvertrag

Wie bei anderen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch beim Thema Resturlaub Vereinbarungen treffen, die von den gesetzlichen Vorgaben abweichen. So sehen zum Beispiel einige Tarifverträge vor, dass der Resturlaub aus dem vergangenen Jahr noch bis zum 31.3. des Folgejahres genommen werden darf. Diese Art der Absprache ist zulässig.

Nicht zulässig ist dagegen, die Anzahl des gesetzlichen Mindesturlaubs zu unterschreiten. Heißt konkret: Bei einer 5-Tage-Woche haben Arbeitnehmer Anspruch auf mindestens 20 Tage bezahlten Urlaub. Auch dann, wenn im Arbeitsvertrag etwas anderes stehen sollte.

Auch die Entgeltfortzahlung im Urlaub ist eine Sache, die nicht zur Disposition steht. Arbeitgeber sind verpflichtet, den regelmäßigen Lohn oder das regelmäßige Gehalt auch im Urlaub weiter zu zahlen. Sollte sich der Arbeitgeber dagegen wehren, könnte sich der Gang zu einem Rechtsanwalt lohnen.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Resturlaub

Da sich der Urlaubsanspruch am laufenden Kalenderjahr orientiert, argumentieren jedoch auch einige Arbeitgeber, dass der Urlaub auch im laufenden Jahr zu nehmen sei. Wenn er nicht bis zum 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres beantragt und genommen wurde, könnte in einigen Betrieben der Resturlaub verfallen.

Jedoch muss man der Fairness halber auch sagen, dass viele Betriebe es ihren Mitarbeitern ermöglichen, den Resturlaub noch bis zum 31.3. des neuen Kalenderjahres zu nehmen. Allerdings häufig mit der Einschränkung, dass der Urlaub bis zu diesem Datum nicht nur beantragt, sondern tatsächlich aufgebraucht werden muss. Andernfalls droht er zu verfallen.

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich mit dem Thema Resturlaub beschäftigt und in einem Urteil aus dem Jahr 2018 (C‑619/16) die Rechte von Beschäftigten gestärkt. Arbeitgeber dürfen nun nicht mehr ganz automatisch den Urlaub verfallen lassen, wenn ihre Mitarbeiter den Resturlaub nicht bis zum 31.12. des laufenden Kalenderjahres nehmen.

Vielmehr sind nun auch sie in der Pflicht. Sie müssen nämlich ihren Mitarbeiter darüber deutlich und angemessen aufklären, dass der Resturlaub verfällt, wenn er nicht rechtzeitig genommen wird. Außerdem müssen Betriebe dafür sorgen, dass der Mitarbeiter seinen Urlaub rechtzeitig nehmen kann. Was das konkret bedeutet, sollten Sie im Zweifelsfall mit einem Rechtsanwalt abklären.

Ebenfalls gut zu wissen: Wenn der Arbeitgeber zugestimmt hat, dass der Resturlaub ins nächste Jahr übertragen werden darf, kann er seine Zustimmung im nächsten Jahr nicht mehr widerrufen. Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, sollten sich Beschäftigte jedoch am besten schriftlich von ihrem Arbeitgeber bestätigen lassen, dass sie den Resturlaub ins nächste Jahr übertragen dürfen.

Lange Krankheit: Was passiert mit meinem Resturlaub?

Das Bundesurlaubsgesetz formuliert Ausnahmen von der Regel, dass der Resturlaub grundsätzlich zum 31.12. verfällt. Eine dieser Ausnahmen sind Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Eine lange andauernde Erkrankung ist ein derartiger Grund, der die Übertragung ins Folgejahr rechtfertigen kann.

Wenn Beschäftigte unter einer Langzeiterkrankung leiden, können sie unter Umständen den Urlaub nicht nur in das direkt folgende Jahr übertragen, sondern haben mitunter auch Anspruch darauf, dass der Resturlaub auch noch im übernächsten Jahr genommen werden kann.

Hier kommt es jedoch – wie so häufig bei juristischen Problemen – auf den Einzelfall an. Und Urlaub, der über den gesetzlichen Mindestanspruch auf jährlichen Erholungsurlaub hinausgeht, kann trotzdem verfallen.

Kann ich mir Resturlaub auszahlen lassen?

Die Frage, ob sich Arbeitnehmer ihren Resturlaub auszahlen lassen können, stellt sich häufig bei einer Kündigung. Auch hier gilt: Wenn es irgendwie machbar ist, sollte der Beschäftigte den Urlaub nehmen, solange er noch im Unternehmen beschäftigt ist. Manche Arbeitnehmer nehmen ihren Resturlaub, um damit Teile (oder die gesamte) Kündigungsfrist zu überbrücken und so früher aus dem Unternehmen ausscheiden zu können.

Das geht jedoch nicht immer. Manchmal ist die Kündigungsfrist so kurz, dass nicht mehr der komplette Resturlaub genommen werden kann, oder sie entfällt gleich komplett, wie bei einer fristlosen Kündigung. Dann wird der Arbeitgeber in aller Regel den Urlaubsanspruch abgelten, also den Resturlaub auszahlen. Wie und zu welchen Konditionen das geschieht, hängt von der individuellen Situation ab.

Die Höhe des Urlaubsanspruchs ist jedoch klar geregelt: Endet das Arbeitsverhältnis in der ersten Hälfte des Jahres, also vor dem 30. Juni, hat der Beschäftigte nur einen anteiligen Anspruch auf Urlaub. Bedeutet konkret: Für jeden vollen Monat steht dem Arbeitnehmer ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu.

Fällt das Ende des Beschäftigungsverhältnisses in die zweite Jahreshälfte sieht es dagegen für Arbeitnehmer ganz gut aus: Denn ab dem 1. Juli haben Beschäftigte einen Anspruch auf den kompletten Jahresurlaub.

Mit einer Einschränkung: In der Regel werden Arbeitnehmer nur den gesetzlichen Mindesturlaub bekommen, da die meisten Arbeitsverträge entsprechende Klauseln enthalten, dass der Urlaub, der über den Mindesturlaub hinausgeht, gekürzt werden darf. Auch hier gilt also: Genau im Arbeitsvertrag nachlesen, was dort vereinbart ist! Unter Umständen haben Sie Glück und können sich mehr Resturlaub auszahlen lassen, als Sie zunächst dachten.

***

Julia-Eva Seifert arbeitet als freie Journalistin und schreibt am liebsten zu Themen aus dem HR-Bereich, da sie u.a. als Headhunter gearbeitet hat.

 

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