Börse

Was die Machtübernahme der Demokraten für die Finanzmärkte bedeutet

Lesezeit: 2 min
13.01.2021 17:15
Der Sieg der demokratischen Kandidaten in der zweiten Runde der Senatswahlen im US-Bundesstaat Georgia sichert dem Lager von Joe Biden die Präsidentschaft sowie die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat. Welche Folgen hat das für die Finanzmärkte?
Was die Machtübernahme der Demokraten für die Finanzmärkte bedeutet
Sorgt die Machtübernahme der Demokraten für ein Kursfeuerwerk an den Märkten? (Foto: Pixabay)

Analyse von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE:

Der Sieg der demokratischen Kandidaten Jon Ossoff und Raphael Warnock in der zweiten Runde der Senatswahlen im US-Bundesstaat Georgia sichert dem Lager von Joe Biden den „Grand Slam“: die Präsidentschaft sowie Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat. Zwei Monate nach der Präsidentschaftswahl ist die von manchen Beobachtern vorhergesagte „blaue Welle“ nach langem Hin und Her doch Wirklichkeit geworden. Diese Feststellung muss jedoch relativiert werden. Einerseits ist die demokratische Mehrheit im Senat denkbar knapp: Da die Republikaner genauso viele Senatoren haben wie die Demokraten, verfügt die demokratische US-Vizepräsidentin über die Entscheidungsbefugnis bei Stimmengleichheit. Außerdem könnten die Republikaner mithilfe der parlamentarischen Taktik des Filibusters viele Gesetzesvorhaben blockieren. Denn die Demokraten benötigen 60 Stimmen, um diese Prozedur zu beenden. Wer den Capra-Film „Mr. Smith geht nach Washington“ kennt, weiß, dass das lange dauern kann!

Bahn frei für drittes US-Konjunkturpaket

Allerdings ist der Filibuster bei Haushaltsübergangsgesetzen nicht möglich. Daher gilt es nun als sicher, dass in den kommenden Wochen ein drittes Konjunkturpaket in den USA verabschiedet wird. Nach dem Ende Dezember beschlossenen Paket über 900 Milliarden Dollar könnten sich auch die neuen Maßnahmen auf mehrere hundert Milliarden Dollar belaufen. Angesichts der Ambitionen der Demokraten beim zweiten Konjunkturpaket im vergangenen Sommer (mehr als zwei Billionen Dollar) könnte der Betrag sogar in die Billionen gehen. Die moderateren Demokraten werden sich zweifelsohne um eine Annäherung an die Republikaner bemühen, um Blockaden im Parlament zu verhindern – zumal das demokratische Lager selbst gespalten ist.

Konjunkturmaßnahmen mit erheblichem Einfluss auf Inflationsaussichten

Diese Maßnahmen werden sich zweifelsohne deutlich positiv auf das Szenario der Konjunkturerholung auswirken. Derzeit wird davon ausgegangen, dass das US-BIP Ende 2021 sein Vorkrisenniveau erreichen wird. Abhängig vom Tempo bei der Umsetzung der neuen Maßnahmen könnte dies jedoch bereits Anfang des zweiten Halbjahres der Fall sein. Darüber hinaus könnten die Maßnahmen erheblichen Einfluss auf die Inflationsaussichten haben. Denn das Scheitern der Geldpolitik bei der Steigerung der Inflation im vergangenen Jahrzehnt wird bisweilen dem fehlenden Zusammenwirken mit der Fiskalpolitik zugeschrieben. Die von der Fed bereitgestellte Liquidität kommt nur dem Finanzkreislauf zugute und zeigte sich in Bezug auf die Inflation bei Waren und Dienstleistungen wirkungslos, während sie die Inflation der Vermögenspreise befeuerte. Die Zweckbindung der durch die einzelnen Konjunkturpakete geschaffenen größeren Geldmenge könnte endlich einen Anstieg der Inflation in der Realwirtschaft ermöglichen.

Value-Aktien, Schwellenländeraktien & Edelmetalle dürften profitieren

An den Märkten dürfte dieses Umfeld bestimmte Assetklassen begünstigen. Allen voran könnten zyklische bzw. Value-Aktien von der Kombination aus Wirtschaftsaufschwung und moderatem Inflationsanstieg profitieren, da sie am Anfang von Konjunkturzyklen tendenziell eine Outperformance erzielen. An zweiter Stelle stehen Schwellenländeraktien, denen der Durchsickereffekt des US-Wachstums, die Erhöhung des US-Defizits und die Dollar-Abwertung zugutekommen dürften. Aber auch Edelmetalle dürften aufgrund ihrer traditionellen Funktion als Inflationsschutz und der steigenden Nachfrage im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs profitieren. Dies gilt insbesondere für Platin und Palladium, die bei grünen Technologien, einem zentralen Punkt im Programm von Joe Biden, Verwendung finden.

Langlaufende Staatsanleihen (10 bis 30 Jahre), insbesondere der USA, dürften bei aufwärts tendierenden Zinssätzen hingegen unter Druck geraten. Auch wenn dies wahrscheinlich durch Maßnahmen der Zentralbanken abgeschwächt wird, ist das asymmetrische Risiko für diese Assetklasse eindeutig negativ. Relativ gesehen könnten bestimmte konjunkturunabhängige Wachstumsaktien mit sehr hohen Bewertungen ebenfalls beeinträchtigt werden, auch wenn manche Geschäftsmodelle, insbesondere aus dem Technologiesektor, am Strukturwandel der Wirtschaft beteiligt bleiben und es gute Gründe gibt, sie im Portfolio zu belassen.

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Geldanlage
Geldanlage Börse Frankfurt-News: ETFs: Jetzt "America first"
01.07.2025

Lieber europäische als US-amerikanische Aktien? Das ist vorbei. Im Moment kommen US-Werte besser an. Außerdem bleiben Rüstungs-ETFs...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Experten fordern: Ältere Menschen besser vor Hitze schützen
01.07.2025

Ältere Menschen sind bei starker Hitze besonders gefährdet. Beim Schutz dieser Gruppe hat Deutschland einer Analyse zufolge deutlichen...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Koste

ANG
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
30.06.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

ANG
Börse
Börse Northvolt-Insolvenz: Staatliche Förderung im Fokus des Haushaltsausschusses
24.06.2025

Die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt hat nun auch politische Konsequenzen auf Bundesebene: Am Mittwoch befasst sich...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Deutschlands herrenlose Konten: Bundesregierung will auf Gelder von Privatkonten zugreifen
24.06.2025

Union und SPD möchten jetzt an die Ersparnisse ran: Guthaben von inaktiven Konten sollen dem Staat zugeschlagen werden, um einen Fonds...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Neuer Tarifvertrag stärkt Altersvorsorge für Filmschaffende
23.06.2025

Nach jahrelangen Verhandlungen wurde nun ein entscheidender Fortschritt erzielt: Die Gewerkschaft Verdi, die Schauspielergewerkschaft BFFS...

ANG
Geldanlage
Geldanlage 10.000 Euro investieren: Wie man mit Strategie ein stabiles Anlageportfolio aufbaut
17.06.2025

Mit 10.000 Euro Vermögen starten? Experten raten zu Diversifikation, ETF-Strategien, Anleihen und Zukunftsthemen wie KI, Verteidigung,...