Geldanlage

„Grillen vs. Ameisen“: Neue Debatte um US-Haushaltspolitik entfacht

Lesezeit: 2 min
17.02.2021 16:03
Die Fed wird wohl solange ihre Geldpolitik beibehalten, bis sich die Wirtschaft der Vollbeschäftigung nähert. Das ist in absehbarer Zeit unrealistisch. Was bedeutet das für die US-Haushaltspolitik?
„Grillen vs. Ameisen“: Neue Debatte um US-Haushaltspolitik entfacht
Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Krise dauern an. (Foto: Pixabay)

Kommentar von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE:

Für Anleger, die sich für die Wirtschaftslage in den USA interessieren, dreht sich die Debatte traditionell um den Streit zwischen Tauben, den Befürwortern einer lockeren und akkommodierenden Geldpolitik, und Falken, den Anhängern einer strukturell strengeren und restriktiveren Geldpolitik. Mittlerweile scheint dieser symbolische Konflikt jedoch kein Thema mehr zu sein. Die Fed wird, wie Jerome Powell jüngst abermals betonte, eine akkommodierende Geldpolitik beibehalten, solange sich die Wirtschaft nicht der Vollbeschäftigung nähert. Bei der aktuellen Arbeitslosigkeit von geschätzt 10 % dürfte eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung, d. h. einer Arbeitslosenquote von 3 bis 4 %, erst nach mehreren Halbjahren erreicht werden. So erwartet bis Ende 2022 nur ein einziges Mitglied der Fed einen symbolischen Zinsanstieg um +0,25 %, während die anderen 16 mit stabilen Leitzinsen in der Spanne von 0 bis 0,25 % rechnen. Bis Ende 2023 erwarten immer noch 12 der 17 Zentralbankiers stabile Zinssätze nahe null. Es würde also nur dann zu einer baldigen Verschärfung der Geldpolitik kommen, wenn sich die Inflation drastisch überhitzen sollte. Zumindest mittelfristig scheint diese Debatte entschieden zu sein.

Sorgen US-Konjunkturmaßnahmen für Überhitzung von Wachstum und Inflation?

Es zeichnet sich bei der Betrachtung der US-Wirtschaft daher ein neues, indirekt ausgefochtenes Duell ab: Die Ameisen, die eine moderatere Konjunkturpolitik befürworten, gegen die Grillen, die rasche und umfangreiche Staatsausgaben fordern – angelehnt an Jean de La Fontaines Fabel „Die Grille und die Ameise“. Die Debatte bezieht sich nicht mehr auf die Geldpolitik, sondern auf ihr Pendant auf Regierungsebene: die Haushaltspolitik. Derzeit dreht sich alles um die Frage, ob die Hilfs- und Konjunkturmaßnahmen nicht überdimensioniert sind und eine Überhitzung von Wachstum und Inflation und somit kaum absehbare Ungleichgewichte hervorrufen werden. Zur Erinnerung: 2020 betrug die US-Rezession „nur“ -3,5 %, während das Haushaltsdefizit um -15,6 % anstieg und nun mehr als 10 Punkte höher ist als 2019. Für 2021 sind die Zahlen noch gravierender: Das für die USA erwartete Wachstum beträgt +4,1 % bei einem erwarteten Defizit von mehr als -10 %. Die haushaltspolitischen Anreize übersteigen die Veränderungen des US-BIP in den Jahren 2020 und 2021 bei weitem. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Narben der Krise sind tief, und dieser Konflikt zwischen Ameisen und Grillen erscheint alles andere als belanglos.

Eurozone: Neue Konjunkturmaßnahmen erforderlich

In der Eurozone ist dies gegenwärtig offenbar kein Thema. Denn auch wenn die Eurozone 2020 mit -7,2 % härter von der Rezession getroffen wurde, ist das Volumen der bisherigen Konjunkturprogramme im Vergleich zu Uncle Sam eher unbedeutend: ein Defizit von -9,5 % für 2020, das sich 2021 auf -6,2 % verringern dürfte. Da sie härter von der Krise getroffen wurden, erscheint seitens der Regierungen und der Europäischen Union ein rasches Handeln mit neuen Konjunkturmaßnahmen erforderlich, damit die Eurozone nicht wie nach 2008 abermals ins Hintertreffen gerät. Die Bürger Europas könnten vom Trio Macron-Merkel-Mario bald eine überarbeitete Fassung von La Fontaines Fabel „Die Grille und die Ameise“ wünschen und fordern: „Gebt mehr aus!“

Die Fondsgesellschaft LFDE wurde 1991 in Frankreich gegründet und konzentriert sich auf Investments in europäische und internationale börsennotierte Unternehmen. LFDE ist in Deutschland, Spanien, Italien, der Schweiz und in den Benelux-Ländern vertreten und verwaltet zum 31.12.2019 Vermögen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro.

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