Für viele der 21 Millionen Rentner in Deutschland wird es in diesem Juli nicht die sonst übliche Rentenerhöhung geben. Wegen der Corona-Krise bleiben die Altersbezüge im Westen auf dem jetzigen Niveau und steigen im Osten nur minimal um 0,72 Prozent. Gerechnet worden war damit bereits seit dem vergangenem Sommer, am Donnerstag machte es Bundessozialminister Hubertus Heil offiziell: „Zeitverzögert wirkt sich die Krise nun auch auf die Rentenanpassung aus“, sagte der SPD-Politiker. Im Corona-Jahr 2020 hatte es zunächst noch einmal eine kräftige Steigerung um 4,2 im Osten und 3,45 Prozent im Westen gegeben.
Warum bringt Corona nun den Rentnern im Westen in diesem Jahr eine Nullrunde und im Osten nur eine Mini-Anhebung? Dahinter steht die jährliche Neuberechnung der Renten auf Basis einer komplizierten „Rentenanpassungsformel“. Berücksichtigt wird dabei unter anderem das zahlenmäßige Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern, vor allem aber die Entwicklung der Löhne im Land im Vorjahr.
Durch die wirtschaftlichen Probleme vieler Firmen, Kurzarbeit und steigende Arbeitslosigkeit sind die Löhne im Schnitt gesunken – laut Statistischem Bundesamt im Westen um 2,34 Prozent. Rechnerisch würde sich also sogar eine Rentenkürzung für dieses Jahr ergeben. Das ist aber durch eine „gesetzliche Rentengarantie“ ausgeschlossen. Die Bezüge bleiben daher im Westen auf dem aktuellen Niveau. „Auch und insbesondere in Krisenzeiten wie der aktuellen Covid-19-Pandemie können sich die Rentnerinnen und Rentner auf die gesetzliche Rente verlassen“, sagte Heil.
Dass die Renten im Osten trotz Krise anders als im Westen leicht steigen, liegt an der sogenannten Angleichungstreppe: Bis 2024 wird der Rentenwert im Osten schrittweise an den im Westen angepasst, bis er gleich hoch ist.
Zum letzten Mal kam es 2010 – also nach der Finanzkrise – vor, dass eine Rentenerhöhung ausfiel. Seitdem sind die Renten jedes Jahr gestiegen, allein zwischen 2015 und 2020 im Westen insgesamt um 17 und im Osten sogar um rund 23 Prozent, wie es am Donnerstag von der Deutschen Rentenversicherung hieß. „Die Rentnerinnen und Rentner haben damit auch real mehr Geld in der Tasche, da die Rentenanpassungen spürbar höher waren als der Preisanstieg“, sagte Präsidentin Gundula Roßbach.
Konkret war im vergangenen Juli die sogenannte Standardrente nach Angaben der Bundesregierung um gut 51 auf rund 1539 Euro im Westen und um rund 60 auf 1495 Euro im Osten erhöht worden. Die Standardrente ist eine Vergleichsgröße, die rechnerisch derjenige bekäme, der 45 Jahre lang als Durchschnittsverdiener Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt hat. Aktuell liegt die durchschnittlich gezahlte Bruttorente nach mindestens 35 Versicherungsjahren in Deutschland laut Rentenversicherung bei 1413 Euro.
Die gute Nachricht: Nach der Corona-Delle in diesem Jahr wird für 2022 wieder mit einer kräftigen Rentenerhöhung gerechnet. Im jährlichen Rentenversicherungsbericht, der im November vorgelegt wurde, geht die Regierung davon aus, dass es 2022 eine Anhebung um 4,8 Prozent im Westen und 5,56 Prozent im Osten geben könnte und ein Jahr später dann erneut einen Anstieg um jeweils mehr als 3 Prozent.
Langfristig steht die Rentenversicherung aber in der älter werdenden Gesellschaft vor großen finanziellen Herausforderungen: Kamen 2016 noch 48 Rentner auf 100 Beitragszahler, dürften es 2045 nach einer Modellrechnung der Deutschen Rentenversicherung 70 sein. Die Politik sucht nach Lösungen, wie das langfristig finanziert werden soll, möglichst ohne dass die Beiträge für diejenigen, die einzahlen zu sehr steigen und ohne dass auf der anderen Seite an der Rentenhöhe geschraubt wird.
Bis 2025 gilt noch eine Festlegung, dass das Rentenniveau 48 Prozent des Lohnniveaus nicht unter- und der Beitragssatz für die Rente die 20-Prozent-Grenze nicht überschreiten darf. Für die Zeit danach gibt es noch keine Lösung.