Immobilien

Regierung streitet über Heizkosten, Mietern drohen Mehrkosten

Lesezeit: 4 min
03.06.2021 12:29  Aktualisiert: 03.06.2021 12:29
Eigentlich war der Kompromiss der Bundesregierung fast schon eingetütet, dann aber kam die Unionsfraktion. Worum es beim Heizkosten-Streit geht – und welche Folgen das hat.
 Regierung streitet über Heizkosten, Mietern drohen Mehrkosten
Der Regierung streitet darüber, wer die Mehrkosten des Heizkostenaufschlags durch den neuen CO2-Preis übernehmen soll. (Foto: Pixabay)

Auf Mieterinnen und Mieter könnten deutliche Mehrkosten zukommen. Grund ist ein heftiger Streit in der schwarz-roten Koalition um den Heizkostenaufschlag durch den neuen CO2-Preis. In der Unionsfraktion gibt es erheblichen Widerstand gegen einen in der Regierung erzielten Kompromiss einer hälftigen Aufteilung zwischen Mietern und Vermietern – der Koalitionspartner SPD wütet und spricht von einer Blockade.

SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz zeigte sich am Mittwoch „sehr empört darüber, dass eine Lobby meinen Koalitionspartner fest im Griff hat“. Sie verhindere, dass die höheren Heizkosten-Preise nicht auf die Mieterinnen und Mieter durchschlagen. Heftige Kritik kam auch von Grünen und der Linken. Der Vorwurf: die Union knicke ein vor der Immobilienlobby.

Wer soll zahlen?

Darum geht es: Die Bundesregierung hatte sich eigentlich nach langem Ringen in ihrem „Klimapakt“ Mitte Mai auf den Kompromiss geeinigt, dass die Kosten des CO2-Preises zu 50 Prozent von Mietern und Vermietern getragen werden. Der CO2-Preis in Höhe von aktuell 25 Euro pro Tonne CO2 verteuert seit Jahresbeginn fossile Energieträger, der Preis steigt in den kommenden Jahren schrittweise. Nach der bisher geltenden Regelung können Vermieter die Zusatzkosten gänzlich auf Mieter umlegen.

In der Unionsfraktion aber gibt es erheblichen Widerstand. „Die hälftige Umwälzung der CO2-Verbrauchskosten auf die Vermieter stellt einen fundamentalen Bruch des Verursacherprinzips dar“, sagte etwa der Sprecher der Unionsfraktion für Recht und Verbraucherschutz, Jan-Marco Luczak. „Vermieter haben auf das Verbrauchsverhalten von Mietern keinerlei Einfluss, sie sollen aber dennoch dafür zahlen.“

Die Aussagen verhinderten, dass die hälftige Aufteilung am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurden. Ein Entwurf sah vor, dass die Regelungen ab Anfang 2022 und bis 2025 gelten sollten – wobei nicht nur die Dauer als noch umstritten galt.

In den zuständigen Ministerien ist hinter den Kulissen die Skepsis groß, dass es zu der Frage vor der Bundestagswahl im September nun noch zu einer Lösung kommt. Es solle aber weiter verhandelt werden, machte etwa der Sprecher von Bauminister Horst Seehofer (CSU) klar. Der Minister stehe weiter zum 50:50-Modell.

Welche Kosten drohen?

Der Deutsche Mieterbund warf der Unionsfraktion eine „Klientelpolitik zu Lasten von Mieter- und Klimaschutz“ vor. Nur wenn Vermieter die Kosten für klimaschädliches CO2 tragen müssten, würden sie auch angehalten, in klimafreundliche Heizungsanlagen zu investieren, kommentierte Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz. Ganz anders sieht das der Eigentümerverband Haus & Grund. Die SPD habe gemeinsam mit der Union die CO2-Bepreisung in Gebäuden beschlossen. „Es ist billigster Wahlkampf, wenn die SPD jetzt die eigene Klientel auf Kosten der Vermieter von dieser Belastung teilweise ausnehmen will“, so Präsident Kai Warnecke.

Doch welche Kosten kämen auf Mieter zu? Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge müsste eine Familie mit einem Kind im Jahr 86,60 Euro mehr für Heizkosten ausgeben. Alleinstehende würden demnach mit 48,10 Euro jährlich belastet. Ähnlich sieht es das Vergleichsportal Check24, hier wird für das Jahr 2021 mit Mehrkosten von 87,83 Euro bei Familien in einer Mietwohnung gerechnet und mit 39,41 Euro für Singles.

Laut dem vom Bundesumweltministerium geförderten Online-Portal „Heizspiegel“ liegen die mittleren Heizkosten einer mit Öl geheizten, 70 Quadratmeter großen Wohnung bei 855 Euro im Jahr. Dies entspräche 3,46 Tonnen CO2 und damit ebenfalls rund 87 Euro an Mehrkosten. Wie Steffen Suttner von Check24 erläutert, liegen die Mehrkosten einer Gasheizung leicht niedriger.

Ob der Koalition noch eine Lösung im Heizkosten-Streit gelingt, scheint mehr als fraglich. Das Thema Mieten könnte auf jeden Fall eines der großen Themen im Wahlkampf werden – wie auch die Frage: wer soll für mehr Klimaschutz zahlen?

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Vorsorge
Vorsorge Unter 1.200 Euro Rente für jeden fünften lange Versicherten
23.07.2024

In Deutschland erhalten Menschen nach 45 Versicherungsjahren im Schnitt 1.604 Euro Rente, doch jeder Fünfte bekommt weniger als 1.200...

ANG
Börse
Börse Zielsenkung schickt Porsche gegen Rekordtief - Holding leidet mit
23.07.2024

Die Porsche-Aktien stürzen ab, nachdem das Unternehmen seine Jahresprognosen gesenkt hat. Analysten sind überrascht über die Warnung,...

ANG
Börse
Börse Bondmarkt-Analyse: Wie ein Trump-Sieg die Märkte beeinflusst
12.07.2024

Die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl verspricht ein enges Rennen zwischen Amtsinhaber Joe Biden und seinem Herausforderer Donald...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Pflege im Heim noch teurer - Druck für Reform
15.07.2024

Die Kosten für die Pflege im Heim steigen weiter an. Eine aktuelle Auswertung des Verbands der Ersatzkassen zeigt, dass trotz erhöhter...

ANG
Börse
Börse Aktien Frankfurt: Dax nach drei Gewinntagen knapp im Minus
15.07.2024

Nach einem dreitägigen Höhenflug lassen es die Anleger bei deutschen Aktien am Montag ruhiger angehen. Der DAX verlor gegen Mittag 0,09...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Goldskandal: Fälschungen und Unsicherheiten für Anleger
12.07.2024

Im aktuellen Goldskandal um die Swiss Gold Treuhand AG (SGT) stehen Anleger möglicherweise vor erheblichen Verlusten. Das Unternehmen hat...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Bundesbank-Chef: Rentenalter an Lebenserwartung anpassen
15.07.2024

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel fordert eine Anpassung des gesetzlichen Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Im Gespräch mit...

ANG
Geldanlage
Geldanlage 200 Millionen Euro Kosten: Sparkassen bereiten sich auf digitalen Euro vor
15.07.2024

Die Implementierung des digitalen Euro dürfte für die Sparkassen-Finanzgruppe teuer werden. Doch die Kosten sind nicht das Hauptproblem....