„Die Konzernführung hat beschlossen, den Anteil von BP an Rosneft abzustoßen. Sie glaubt, dass diese Entscheidung langfristig für die Interessen aller unserer Aktionäre am besten ist.“
Das sagte Helge Lund, ein wichtiger Vertreter des Managements von BP – dem fünftgrößten Ölkonzern der Welt. Das Unternehmen hat am Wochenende auf den Kriegsausbruch in der Ukraine reagiert und für alle völlig überraschend seinen Rückzug aus Russland angekündigt. Damit schickte der Öl-Multi die eigene Aktie zum Wochenstart auf Talfahrt.
Auch der Dax verlor zwischenzeitlich mehr als zwei Prozent auf 14.200 Punkte. Damit liegt der deutsche Leitindex weit unter 15.000 Zähler– und somit tief in der Verlustzone. Die Aktie von BP büßte teilweise massiv ein und notierte Werte um 4,20 Euro.
Wie der Öl-Konzern in einer offiziellen Erklärung mitteilt, wird ihn diese Transaktion im ersten Quartal eine „wesentliche nichtbare Belastung“ bringen, die 25 Milliarden Dollar entspricht – also eine Summe, die selbst bei einem solch großen Ölkonzern einen spürbaren Abdruck in der Bilanz hinterlässt. Dieser Verzicht auf künftige Geschäfte in Russland ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass BP seit 2018 seine Umsätze um mehr als 40 Prozent auf 164,2 Milliarden Dollar reduziert hat.
„Russlands Angriff ein Akt der Aggression“
In der Erklärung fand Manager Lund dann auch deutliche Worte: „Russlands Angriff auf die Ukraine ist ein Akt der Aggression, der tragische Konsequenzen in der gesamten Region hat. BP ist seit mehr als 30 Jahren in Russland aktiv und hat mit hervorragenden russischen Kollegen zusammengearbeitet“, sagte der Manager. „Trotzdem bedeutet diese militärische Handlung eine grundlegende Änderung. Dies hat das Management von BP nach einer gründlichen Überlegung zu der Entscheidung gebracht, dass unser Engagement bei Rosneft, einem staatlichen Unternehmen, nicht fortgeführt werden kann. Wir können nicht länger Vertreter von BP in die Führungspositionen bei Rosneft entsenden. Die Rosneft-Holding wird nicht mehr in die Geschäfte und die Strategie eingebunden. Die Führung von BP hat jetzt beschlossen, den Anteil von BP an Rosneft abzustoßen. Sie glaubt, dass diese Entscheidungen langfristig für die Interessen aller unserer Aktionäre am besten sind“, so der Manager.
Die deutschen Versorger-Titel hingegen reagierten darauf unterschiedlich: Während Brenntag ein Prozent auf 74,50 Euro verlor, legte RWE sogar 2,8 Prozent auf 41,11 Euro zu. E.ON hingegen verzeichnete ein Plus von einem Prozent auf 11,94 Euro.
Neuaufstellung der Energieversorgung
Die deutschen Ökonomen gehen davon aus, dass die Energieversorgung in Deutschland durch den russischen Angriff sehr schnell umgebaut werden muss. Denn 55 Prozent der gesamten Gas-Volumina, die die größte europäische Volkswirtschaft benötigt, stammen aus Russland. Darüber hinaus sind die Deutschen sehr von den russischen Öl-Lieferungen abhängig. Dabei spielt auch Rosneft eine wichtige Rolle, das rund 15 Prozent an der deutschen Rohstoff-Verarbeitung kontrolliert.
Die Anleger spekulieren derzeit, ob nicht die Laufzeiten für die Kohlekraftwerke verlängert werden sollten, um mögliche Defizite abzudecken, sollte Russland nun die Energielieferungen aufgrund der verstärkten westlichen Sanktionen einstellen oder aber zumindest verringern.
Abhängigkeit von Russland bleibt vorerst
Dass die Energieabhängigkeit von Russland allerdings noch lange bestehen bleibt, bestätigte der Obermeister der Innung Sanitär, Heizung und Klima (SHK) Berlin, Andreas Schuh, im Interview mit Altersvorsorge Neu Gedacht. Der Ingenieur wies darauf hin, dass die Gasheizung in Deutschland nach wie vor diejenige Technik sei, die am meisten entwickelt sei. Der deutsche Staat sehe zwar vor, dass ab 2025 verstärkt Technologien eingebaut werden müssen, die sich auf Erneuerbare Energie stützten. Doch werde diese Vorgabe bis 2030 wohl nichts an den bisherigen Strukturen ändern.
So müssen auch weiterhin die deutschen Versorger auf die klassischen Brennstoff Gas und Öl setzen, die nach wie vor die Geschäfte der Unternehmen bestimmen. RWE wird am 15. März seine Ergebnisse fürs abgelaufene Jahr 2022 präsentieren. Die Analysten rechnen für das vierte Quartal mit einem Gewinn je Aktie von 0,60 Euro. Zwölf Monate zuvor hat das Plus noch bei 0,70 Euro gelegen. Für 2022 rechnen die Fachleute mit 2,11 Euro je Anteilsschein. 2023 dürften die Volumina wohl ebenso bei 2,11 Euro liegen.
E.ON wird am 16. März seine Zahlen für 2021 vorlegen. Die Experten rechnen im vierten Quartal mit einem Plus von 0,03 Euro je Anteilsschein. Zwölf Monate zuvor lag der Wert noch bei 0,20 Euro. 2022 dürfte das Plus wohl bei 0,89 Euro liegen, glauben die Experten. Für 2023 rechnen sie mit Volumina von 0,90 Euro je Aktie.
Brenntag gewährt den Anlegern am 9. März Einblicke in seine Bücher: Die Analysten schätzen, dass im Endquartal der Gewinn je Aktie bei 1,06 Euro gelegen hat. Zwölf Monate zuvor hat das Plus noch 0,72 Euro betragen. Für 2022 rechnen die Analysten mit einem Gewinn von 4,78 Euro. 2023 soll das Niveau 5,18 Euro betragen.