Der Multi-Milliardär Warren Buffett ist für viele Anleger ein Vorbild. Zwischen 1976 und 2011 hat er im Schnitt eine Jahresrendite von 19 Prozent erzielt und damit den breiten US-Aktienmarkt deutlich übertroffen. Buffett setzt dabei auf den Anlagestil des sogenannten Value-Investing, der auf den amerikanischen Investor Benjamin Graham in den Dreißiger Jahren zurückgeht. Buffett kauft also Wertpapiere, die er als unterbewertet betrachtet, und verkauft diese, sobald der Preis auf den höheren, intrinsischen Wert gestiegen ist.
Gleichwohl lief Buffetts Anlagestil in Krisenzeiten weniger gut als andere Strategien, wie der Vermögensverwalter Schroders in einer aktuellen Untersuchung zeigt. Die Mitarbeiter des Londoner Unternehmens untersuchten sieben Anlagestrategien: Growth, Momentum, Small caps, Qualität (Unternehmen mit starken Bilanzen, einem stabilen Cashflow und überragender Rentabilität), Substanz/Value, minimale Volatilität (Aktien, deren Kurse weniger schwanken als die Kurse im Gesamtaktienmarkt) und hohe Dividendenrendite (Aktien, die im Verhältnis zum Kurs eine höhere Dividende bieten).
Defensive Aktien vor zyklischen
Das Ergebnis: In Abschwungphasen entwickelten sich die Anlagestile minimale Volatilität und hohe Dividendenrendite am besten. Die beiden Strategien konnten in den USA und in den Industrieländern den Gesamtmarkt um 6 bis 8 Prozent übertreffen, wenn die Wirtschaft einbrach. Die Analysten verglichen dazu die MSCI-Indizes des jeweiligen Anlagestils mit einem MSCI-Index für den Gesamtmarkt (zum Beispiel MSCI World Value versus MSCI World). Grundlage bildeten Daten für einen 33-Jahres-Zeitraum von 1988 bis 2021.
Defensive Aktien haben somit zyklische Titel wie Growth oder Value geschlagen, stellt Schroders fest. Small Caps seien hingegen besonders konjunktursensibel, weil kleine Unternehmen weniger Preissetzungsmacht hätten. „Sie spüren also besonders den Druck auf die Gewinnmargen durch höhere Kosten“, schreiben die Forscher.
Value outperformt Growth
Die Rezession in diesem Jahr weicht allerdings teilweise von dem üblichen Muster ab. Zwar hätten Aktien mit hohen Dividendenrenditen und minimaler Volatilität erneut besser abgeschnitten als der breite Markt, erklären die Analysten. „Aber im Gegensatz zu früheren Abschwächungsphasen war der Unterschied bei der Wertentwicklung von Wachstums- und Substanzaktien stark. Tatsächlich war die Überrendite von Investitionen in Substanz- gegenüber Wachstumsaktien in diesem Jahr die dritthöchste seit Mitte der 1970er-Jahre.“
Das bessere Abschneiden von Value gegenüber Growth sei auf zwei Faktoren zurückzuführen. Erstens hätten Energieaktien im Jahr 2022 herausragend performt. Diese seien generell der Value-Kategorie zuzuordnen. Zweitens seien die Anleihezinsen im Gegensatz zu früheren Rezessionen gestiegen. Die höhere Verzinsung von US-Staatsanleihen habe besonders Growth-Aktien wie Tech-Titel getroffen, weil diese sensibler auf anziehende Kreditkosten reagierten. Diese Unternehmen erwirtschafteten nämlich einen größeren Teil der Gewinne in der Zukunft, weshalb die zukünftigen Cashflows mit höherem Satz abgezinst würden, erklären die Forscher.
Defensive Aktientitel mit hoher Dividendenrendite oder minimaler Volatilität hatten also in Krisen bislang die Nase vorne. „Dies wird wohl auch dieses Mal gelten“, schreiben die Analysten. Außerdem rechnen sie damit, dass Value weiter besser abschneiden wird als Growth, solange die Anleiherenditen anziehen. Buffetts Strategie könnte also in der nächsten Krise relativ gut laufen. (eli)