Laut einer aktuellen Umfrage des Berliner Forschungsinstituts empirica steigen die Immobilienpreise inzwischen langsamer. Demnach erhöhten sich die Preise für Eigentumswohnungen um +1,1 Prozent im zweiten Quartal (zum Vorquartal). Im ersten Quartal betrug der Anstieg noch +3,9 Prozent. Auch die Preise von Ein- und Zweifamilienhäusern stiegen weniger rasch (+2,5 Prozent anstelle von zuvor +3,1 Prozent). Die inserierten Preise für Eigentumswohnungen signalisieren ebenfalls ein Ende des Booms. Gegenüber dem Vorquartal sank der mittlere Preisanstieg leicht. Die Zahl der Kreise mit fallenden Preisen nahm deutlich zu.
Der Chef von empirica, Reiner Braun, sieht das Ende des Immobilien-Booms herannahen. Zwar dürfte es derzeit noch eine Pattsituation geben, weil die fallende Immobiliennachfrage aufgrund der steigenden Bauzinsen durch ein knappes Neubauangebot aufgrund von Lieferengpässen und Fachkräftemangel ausgeglichen werde. Aber die Inflation fresse etwaige Preisanstiege auf: „Vermutlich passiert jetzt etwas Ähnliches wie zur Jahrtausendwende: im Durchschnitt fallen die Preise nominal kaum, real wegen der hohen Inflation aber beträchtlich“, erklärt Braun. Betroffen könnten vor allem Luxus- und Schrottimmobilien sein: Bei ersteren sei die Zahl der potenziellen Nachfrager ohnehin gering und bei letzteren würden schon lange Mondpreise gezahlt.
Speckgürtel-Immobilien könnten am wenigsten leiden
Gleichwohl könnten Stadtimmobilien weiter von der Zuwanderung aus dem Ausland profitieren. „Zuletzt brach die Außenzuwanderung nach Deutschland zwar regelrecht ein, das war aber vor allem den internationalen Corona-Lockdowns geschuldet“, bemerkt Braun. „Der langfristige Trend war zwar zuvor schon negativ, aber weniger dramatisch.“ Stabil sei vor allem der Trend zum Wohnen im Umland der Schwarmstädte. Verkehrlich gut angebundene Ein- und Zweifamilienhäuser im Umland dürften deswegen am wenigsten unter den preismindernden Zinsanstiegen leiden, vermutet Braun.
Bereits in den vergangenen Wochen verdichteten sich die Zeichen, dass der Immobilienmarkt kippt und die Preise stagnieren oder fallen könnten. Etwa fiel ein Immobilienstimmungsindex, den das Institut der deutschen Wirtschaft berechnet hat, von 30,7 auf -5,5 Punkte. Befragt wurden Geschäftsführer und leitende Angestellte von über 1200 Immobilienunternehmen.
Indes rechnet Reiner Braun nicht mit einem scharfen Preiseinbruch. „Steigende Neubaukosten und zunehmende Unsicherheit stabilisieren die Bestandspreise“, sagt er und fügt hinzu: „Anders als bei Aktien verhindern zudem hohe Such- und Transaktionskosten ein schnelles Hin und Her.“ Eine Welle an Zwangsversteigerungen sei unwahrscheinlich, weil die meisten Immobilien im Gegensatz zum angelsächsischen Raum mit Festzinshypotheken finanziert würden. „Steigende Zinsen zwingen daher keinen so schnell zum Verkauf“, erklärt er. (eli)