Laut Experten ist die Zeit stark steigender Immobilienpreise vorbei. Der Blasenindex des Berliner Forschungsinstituts Empirica stagnierte im zweiten Quartal. Das Verhältnis von Kaufpreis zu Jahresnettokaltmieten (der sogenannte Vervielfältiger) und das Verhältnis von Kaufpreis zum Durchschnittseinkommen sei bundesweit bloß leicht gestiegen. Die Baukredite und die Zahl der Fertigstellungen sei sogar stagniert, teilte das Institut mit.
„Die Blasengefahr dürfte bald sinken“, vermutet denn Empirica. Die Nachfrage breche nicht ein und werde voraussichtlich hoch bleiben, solange keine Rezession einsetze. Gleichzeitig würden aber steigende Zinsen und Materialengpässe den Neubau abwürgen. „Wenn aber das Angebot langsamer wächst und die Nachfrage nicht einbricht, dann steigen die Knappheit und mit ihr im Durchschnitt auch die Mieten“, erklärt das Institut und fügt hinzu: „ Miete (statt Zins) bestimmt wieder den Preis.“
Allerdings werde es zu einer Ausdifferenzierung der Mieten kommen: Je besser die Lage, Ausstattung und der energetische Zustand, desto eher lege die Kaltmiete zu und der Preis sinke nicht. Allenfalls die hohen ausstehenden Baukredite könnten bei einer Rezession zu einer Gefahr werden: „Die hierzulande typischerweise langfristige Zinsfestschreibung mit im Zeitablauf zunehmender Tilgungsleistung liefert jedoch das Vertrauen, dass es nochmal gut geht und keine Kreditblase platzt.“
Blasengefahr in 60 Prozent der Kreise und Städte
Laut dem Blasenindex besteht in 21 Prozent der deutschen Städte und Landkreise eine hohe Blasengefahr und in 39 Prozent eine eher hohe Gefahr. Insbesondere in den Top-12-Metropolen gibt es eine Blase: Etwa kostet ein Haus oder eine Wohnung in München im Schnitt 49 Jahresnettokaltmieten. Danach folgen Stuttgart (44,9), Düsseldorf (44,6) und Hamburg (44,3). Empirica misst Immobilienblasen an den vier Indikatoren Vervielfältiger, Einkommen-Preis-Verhältnis, Zahl der Fertigstellungen und Entwicklung der Baukredite.
Als Blase bezeichnet Empirica „einen spekulativen Preisauftrieb, der durch den fundamentalen Zusammenhang von Angebot und Nachfrage nicht mehr zu rechtfertigen ist“. Das Schädliche daran seien weniger die hohen Preise selbst, sondern die überzeichnete Knappheit. Diese führe zu einer Fehlleitung von Ressourcen in den Wohnungsbau. Dieser werde „über Gebühr angekurbelt“. Dagegen werde Kapital für andere Anlageinvestitionen knapp.
Gefährlich werde eine Immobilienblase aber erst, wenn sie platze. „Dann wird Vermögen vernichtet, weil die Buchwerte der Immobilien an Wert verlieren“, erklärt Empirica und fügt hinzu: „Es entstehen Leerstände und im schlimmsten Fall kommt es zu einer Bankenkrise, weil die Kreditausfälle überhandnehmen.“