Karriere

Minus von 4,4 Prozent: Warum die realen Löhne fallen

Lesezeit: 3 min
29.08.2022 14:53  Aktualisiert: 29.08.2022 14:53
Die inflationsbereinigten Löhne sinken in Deutschland seit dem Jahr 2019. Ursache ist nicht bloß die Inflation.
Minus von 4,4 Prozent: Warum die realen Löhne fallen
Die Deutschen verdienen immer weniger. (Foto: iStock.com/undefined undefined)
Foto: undefined undefined

Die Löhne der Arbeitnehmer sind im zweiten Quartal um 4,4 Prozent zum Vorjahresquartal gesunken. Zwar seien die nominalen Löhne einschließlich Sonderzahlungen um 2,9 Prozent gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt mit. Aber die Verbraucherpreise hätten sich im gleichen Zeitraum um 7,6 Prozent erhöht.

Insgesamt ist das bereits der dritte Rückgang in Folge – nach einem Minus von 1,8 Prozent im letzten und von 1,4 Prozent im vorletzten Quartal. Das Statistische Bundesamt führt den Lohnrückgang auf die „anhaltend hohe Inflation“ zurück.

Gleichwohl dürften nicht bloß die gestiegenen Verbraucherpreise schuld sein. Laut Zahlen des Ökonomen Gunther Schnabl wachsen die Produktivitätsgewinne in Deutschland bereits seit Mitte der Neunziger immer langsamer – also das reale Bruttoinlandsprodukt pro geleisteter Arbeitsstunde. Anfang der Neunziger stieg das Produktivitätsmaß noch um 3 Prozent pro Jahr, während es Mitte der 2010er-Jahre bloß noch um ein Prozent wuchs.

EZB-Politik drückt die Löhne

Ursache ist laut Schnabl die Nullzinspolitik der EZB. Die Nullzinsen hätten den Druck auf Unternehmen gesenkt, die Produktion effizienter zu gestalten und Innovationen einzuführen. Denn die Firmen konnten sich am Kapitalmarkt günstiger finanzieren. Spätestens seit der Finanzkrise 2008 konnten finanzschwache Unternehmen darauf vertrauen, auch weiterhin Kredite von Geschäftsbanken zu erhalten, weil diese wiederum Kreditausfälle fürchteten und viel Liquidität von den Zentralbanken erhalten hätten, schreibt Schnabl in einem Fachaufsatz. „Im Ergebnis hält die nachsichtige Kreditvergabe von 'Zombie-Banken', die am Tropf der Zentralbanken hängen, immer mehr wenig renditrächtige 'Zombie-Unternehmen' am Leben.“

Das Produktivitätsniveau bestimme wiederum die realen Löhne und die soziale Absicherung, weshalb die Erhöhungen der Sozialleistungen und Löhne tendenziell geringer ausfallen würden. Auch die Löhne im öffentlichen Sektor würden eher weniger wachsen, weil die Staatsverschuldung aufgrund von Finanzkrisen angestiegen sei und der Staat sparen müsse.

Besonders deutlich zeigten sich die negativen Folgen der Nullzinspolitik in Japan, erklärt Schnabl. Dort würden die Reallöhne bereits seit Ende der Neunziger Jahre fallen. Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts sind die Reallöhne in der Bundesrepublik seit dem Jahr 2019 gesunken. (destatis/eli)

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Börse
Börse Geldpolitik und Konjunktur dürften Takt an Börsen vorgeben
02.06.2023

Wirtschaftlich und an den Finanzmärkten hat es in den letzten Tagen einige wichtige Bewegungen gegeben.

ANG
Immobilien
Immobilien Familien können Förderung für klimafreundliches Haus beantragen
01.06.2023

Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen können seit Donnerstag (1. Juni) günstige Kredite für klimafreundliche Bauprojekte...

ANG
Geldanlage
Geldanlage ZEW-Umfrage: Finanzexperten sehen EZB-Inflationsziel in weiter Ferne
31.05.2023

Insbesondere hohe Energie- und Lebensmittelpreise machen das Leben für die Menschen im Euroraum teuer. Die Europäische Zentralbank will...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Umfrage: Hälfte der Bürger hat Angst vor Altersarmut
25.05.2023

"Die Rente ist sicher" - mit diesem Satz prägte der einstige Arbeitsminister Norbert Blüm in den 80er Jahren ein geflügeltes Wort. Doch...

ANG
Börse
Börse EU-Kommission legt Kleinanlegerstrategie vor
24.05.2023

Besonders private Investoren sollen nach Plänen der EU-Kommission künftig besser geschützt werden.

ANG
Börse
Börse Weiter keine Einigung im US-Schuldenstreit
23.05.2023

Nur wenige Tage bleiben der größten Volkswirtschaft der Welt, um eine globale Krise zu verhindern. Nach einem Spitzentreffen im...

ANG
Karriere
Karriere Zahl der Erwerbstätigen steigt trotz mauer Konjunktur
19.05.2023

Gleichwohl es konjunkturell noch immer stockt, überzeugt der Arbeitsmarkt mit stabiler Beschäftigung.

ANG
Karriere
Karriere Deutsche Bank macht Milliardengewinn und will Stellen streichen
27.04.2023

Der Jahresauftakt ist für die Deutsche Bank so gut gelaufen wie lange nicht. Doch der Vorstand will die Kosten weiter drücken - auch...