Vorsorge

Frugalismus – ein Trend für jedermann?

Lesezeit: 3 min
29.09.2022 10:23
Möglichst viel sparen, um möglichst früh in Rente zu gehen? Das ist das Ziel der Frugalisten. Doch dieser Weg erfordert eiserne Disziplin.
Frugalismus – ein Trend für jedermann?
Frugalisten erkennt man an der eisernen Disziplin. (Foto: Pixabay)

Mit 40 Jahren in den Ruhestand gehen, während andere noch Jahrzehnte des Erwerbslebens vor sich haben? Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Mit Frugalismus ist oder soll genau das möglich sein. Vor einiger Zeit schwappte dieser ursprünglich aus den USA stammende Trend auch nach Deutschland über und findet hier zusehends Anhänger. Aber was genau sollte man zum Frugalismus wissen?

Frugalismus – Sparen mit hohen Quoten

Diese Überschrift beschreibt den Kern der Angelegenheit schon recht gut. Denn beim Frugalismus geht es in erster Linie darum, möglichst viel Kapital auf die hohe Kante zu legen und dieses anschließend gewinnbringend zu investieren. Das vorrangige Ziel? Mit Ende 30 oder Anfang 40 aus dem aktiven Berufsleben auszuscheiden und sich im Anschluss nur noch den Projekten zu widmen, die wirklich Sinn stiften. So zumindest die Theorie.

In der Praxis lässt sich der Frugalismus tatsächlich nur von verhältnismäßig wenigen erfolgreich durchführen. Denn zur finalen Erreichung des Ziels ist es nicht nur notwendig, ein überdurchschnittlich hohes Einkommen zu erzielen, sondern davon Quoten von oftmals 70% oder 80% zurücklegen zu können. Wer beispielsweise in einer Großstadt lebt und dort die teils horrenden Mieten aufbringen muss, dürfte kaum in der Lage sein, eine solche Menge Geld Monat für Monat zur Seite zu legen. Doch auch hier gilt – Ausnahmen bestätigen die Regel. Gerade diese Fälle sind es, die andere ermutigen, sich der Sache doch anzunehmen.

Kann es wirklich jeder schaffen?

Diese zentrale Fragestellung bietet immer wieder Raum für Diskussionen. Die eine Seite verharrt darauf, dass Frugalismus eben nicht nur den Besserverdienenden vorbehalten ist, die Gegenseite hält es für geradezu naiv, genau das anzunehmen. Die Wahrheitsfindung liegt vermutlich wie so oft irgendwo in der Mitte. Fakt ist aber, dass der Vermögensaufbau innerhalb weniger Jahre fast ausschließlich über ordentlich hohe Renditen erfolgen kann. Und letztere lassen sich mit dem herkömmlichen Sparbuch nun mal nicht realisieren.

Deshalb setzen die Anhänger dieses Trends auf andere Anlageformen, wobei die Börse mitsamt ihren Chancen ganz oben auf der Liste zu stehen scheint. Vor allem die passiv gemanagten Indexfonds, kurz ETFs, haben es den Frugalisten angetan. Mit niedrigen Gebühren lassen sich hier Renditen von durchschnittlich 8% bis 9% pro anno erzielen. Anzumerken ist an dieser Stelle natürlich, dass historische Werte allenfalls ein Indikator für zukünftige Entwicklungen, niemals aber ein Garant dafür sein können.

Wer wirklich fest davon überzeugt ist, seinem derzeitigen Job bereits mit 40 Jahren den Rücken zu kehren, sollte beim Investieren insbesondere auf eines achten – breit zu streuen. Das Zauberwort lautet also gewissermaßen Diversifikation. Zu einem ausgewogenen Portfolio gehören neben Aktien und ETFs also beispielsweise auch Anleihen, Devisen oder Rohstoffe. Sein Kapital auf möglichst viele Stellen verteilt zu haben, minimiert letztlich das Ausfallrisiko einzelner Positionen. Wie die Gewichtung am Ende aber tatsächlich aussieht und ob man vielleicht doch ausschließlich auf Indexfonds setzen möchte, bleibt selbstverständlich jedem selbst überlassen. Und noch eines ist von herausragender Bedeutung zur erfolgreichen Erreichung der ambitionierten Ziele. Ohne Geduld und Verzicht über mehrere Jahre wird es nicht funktionieren. Echte Frugalisten überdenken ihren Konsum bei jeder Kaufentscheidung aufs Neue und legen sich für gewöhnlich nur das Allernotwendigste zu. Ob man das wirklich möchte, kann zum Beispiel anhand eines Tests herausgefunden werden, bei dem man sich zu einer frugalen Lebensweise über einen vorher festgelegten Zeitraum zwingt. Die Ergebnisse daraus könnten wiederum als Entscheidungsgrundlage dafür dienen, ob man sich dem Trend anschließt oder vielleicht doch lieber Abstand davon nimmt.

Beneidenswertes Ziel, harter Weg

Am Montagmorgen einfach so lange liegen bleiben wie man möchte, anstatt ins Büro zu stapfen? Wem wäre das nicht lieber? Als Frugalist, der nicht mehr auf das gewöhnliche Erwerbsleben angewiesen ist, sondern die finanzielle Unabhängigkeit erreicht hat, ist das prinzipiell möglich. Doch das Ziel besteht in den meisten Fällen nicht darin, nach dem Ausscheiden aus dem Job die Füße hochzulegen und sprichwörtlich Löcher in die Luft zu starren. Vielmehr entscheiden sich viele Frugalisten dafür, sich diversen Projekten zu widmen, die ebenfalls jede Menge Zeit in Anspruch nehmen.

Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass Frugalisten in erster Linie darauf abzielen, möglichst bald möglichst frei über ihre eigene Zeit zu verfügen. Um das zu schaffen, ist in den Jahren zuvor aber vor allem Verzicht angesagt. Keine teuren Luxusurlaube oder sonstiger Schnick-Schnack, auch das “Auswärtsessengehen” fällt oftmals flach. Für diesen Stil muss man sich letztlich nicht nur entscheiden, man muss ihn im wahrsten Sinne des Wortes auch leben.





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Tim Krupka interessiert sich leidenschaftlich für das Thema Finanzen und Geldanlage an der Börse. Als freiberuflicher Autor unterstützt er das DWN-Team nun mit fundierten Berichten über alles, was dem eigenen Vermögen echten Mehrwert liefert.

 

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