Die Genehmigung von passiven börsengehandelten Investmentfonds (ETFs) auf Bitcoin in den USA war bislang ein großer Erfolg. Innerhalb von einem Monat flossen mehr als 10 Milliarden Dollar in die neuen Bitcoin-ETFs.
An der Spitze stehen die frisch aufgelegten ETFs der Vermögensverwaltungs-Giganten Blackrock („iShares Bitcoin Trust“) mit insgesamt 6 Milliarden Dollar und Fidelity („Fidelity Wise Origin Bitcoin Fund“) mit 4 Milliarden Dollar an Zuflüssen. Außerhalb der beiden größten neuen Fonds waren die Zuflüsse etwas weniger lebhaft. Der „ARK 21Shares Bitcoin ETF“ und der „Bitwise Bitcoin ETF“ haben rund 1,1 Milliarden beziehungsweise 1,5 Milliarden Dollar eingenommen. Der „Franklin Bitcoin ETF“ konnte trotz der niedrigsten Gebühren in der Gruppe nur knapp 100 Millionen Dollar einsammeln. In den „WisdomTree Bitcoin Fund“ wurden bislang nur 20 Millionen Dollar gesteckt.
„Wir sehen jetzt anhaltende Zuflüsse in neu aufgelegte Fonds, und ich denke, dass wir infolgedessen eine viel stärkere organische Nachfrage nach Bitcoin sehen“, sagte James Butterfill, Leiter der Forschungsabteilung der Krypto-Investmentgruppe Coinshares, gegenüber der Financial Times.
Geoffrey Kendrick von der Standard Chartered Bank prognostiziert, dass es bis zum Jahresende zu Nettozuflüssen in Höhe von mindestens 50 Milliarden Dollar in US-regulierten Bitcoin-ETFs kommt. Weitere Genehmigungen der SEC für passive Kryptofonds dürften bald folgen. ETFs auf die zweitgrößte Kryptowährung Ethereum stehen schon in den Startlöchern.
Bitcoin wird zugänglicher
Die Erwartungen an die neuen Fonds waren hoch, da sie es Anlegern ermöglichen, über traditionelle Brokerkonten passiv in Bitcoin zu investieren
Bislang war nur der direkte Kauf über Krypto-Börsen oder das Abbilden der Preisbewegungen über Derivate wie Zertifikate und ETNs möglich. Ersteres erfordert eine gewisse Einarbeitung in die Funktionsweise von Bitcoin sowie der Blockchain und stellt deshalb für manche Investoren ein Hindernis dar. Letzteres sind Schuldverschreibungen und beinhalten damit ein Emittentenrisiko – das bedeutet, wenn der Anbieter Konkurs geht, können Anleger ihren gesamten Einsatz verlieren. Bei ETFs kann das nicht passieren, weil es sich um Sondervermögen handelt.
Insgesamt wird das Investieren in Bitcoin noch zugänglicher. Auch ältere, weniger technikaffine Investorengruppen können jetzt problemlos Geld in der mit Abstand wichtigsten Kryptowährung anlegen. Der größte Unterschied ist jedoch, dass Bitcoin über den ETF-Mantel auch für institutionelle Investoren interessant beziehungsweise überhaupt erst investierbar wird. Mit der Genehmigung wird Bitcoin zudem in der Wahrnehmung der Anleger als Wertaufbewahrungsmittel aufgewertet.
Durch die neuen Käuferschichten erhöht sich das Preispotential gewaltig, zugleich steigt aber auch das Risiko von schweren Abverkäufen in einem Bärenmarkt.
EU-Anleger außen vor
All dies gilt jedoch bisher nur für die USA. In der EU und Deutschland steht eine solche Genehmigung noch aus. Ein großes Hindernis sind die Regeln der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die für ETFs eine gewisse Diversifizierung des Anlagevermögens vorschreiben. Das ist bei einem reinen Bitcoin-Fonds offensichtlich nicht gegeben.
Deutsche Anleger müssen also vorerst weiterhin über andere Vehikel Geld in Bitcoin anlegen.
Wieviel Kurspotential besteht noch?
Schon vor den Medienberichten über die elf ETF-Genehmigungen in den Vereinigten Staaten befand sich der Bitcoin im Höhenflug. Der Erfolg der ETFs hat nun dazu beigetragen, Bitcoin auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren zu hieven. Aktuell liegt der Preis bei um die 53.000 US-Dollar (Stand: 26. Februar). Entscheidend für die 2023er-Kursexplosion war hingegen die allgemeine Euphorie an den Börsen, die vor allem durch Zinssenkungsfantasien gespeist wird und zuletzt dem DAX-Index ein neues Rekordhoch bescherte.
Der 725 Milliarden Dollar schwere Vermögensverwalter AllianceBernstein sagt voraus, dass Bitcoin in diesem Jahr ein neues Allzeithoch erreichen wird. „Wir glauben, dass die besten Tage von Bitcoin noch vor uns liegen und der ETF-geführte Bitcoin-Markt ist bereit für das, was wir als eine FOMO-Rallye kommen sehen“, schreiben die Analysten Gautam Chhugani und Mahika Sapra in einer Kundenmitteilung. Mit „FOMO“ („Fear of Missing Out“) werden Kaufaktivitäten von Anlegern umschrieben, die nicht rational, sondern nur aus der Angst vor weiteren entgangenen Kursgewinnen motiviert sind.
Nach Einschätzung der Bernstein-Experten hat der Markt die neuen ETFs nach der Genehmigung schnell eingepreist, aber noch nicht den voraussichtlichen Umfang der ETF-Zuflüsse. Nicht in den Kursen abgebildet sei auch die Angebotsverknappung, die mit der am 19. April bevorstehenden „Bitcoin-Halbierung“ einhergehen wird.
Das „Halving“ findet alle vier Jahre statt und halbiert die Belohnung für die „Miner“. Diese liefern Rechenleistung für das Bitcoin-Netzwerk, indem sie Transaktionen in der Blockchain durch aufwendige Rechenoperationen bestätigen („schürfen“) und dafür Bitcoin als Belohnung erhalten. Ein weiteres Knappheitselement im Bitcoin-System ist die Tatsache, dass die Gesamtmenge der Coins unwiderruflich auf 21 Millionen begrenzt ist.
Andere Analysten sind weniger überzeugt, dass Bitcoin seinen jüngsten Aufwärtstrend fortsetzen wird. „Weil das Bitcoin-Ökosystem so nebulös ist, ist es schwer zu sagen, wer kauft und warum“, meint Jim Angel, Fakultätsmitglied am Georgetown McDonough's Psaros Center for Financial Markets and Policy. „Der Preis von Bitcoin wird immer heftig schwanken, je nachdem, wie viele echte Gläubige kaufen und wie viele Skeptiker verkaufen wollen.“