„Unterschiedliche Renditen und vor allem das niedrigere Startkapital von vermögensarmen Menschen sorgen dafür, dass der Graben zwischen den Vermögensgruppen immer weiter wächst“, sagt Moritz Czygan, Co-Autor der Studie und Referent bei Finanzwende Recherche, einer gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende.
Wer nur wenige Tausend Euro besitzt, benötigt eine eiserne Reserve, etwa für unerwartete Ausgaben wie eine kaputte Waschmaschine, erklärt Britta Langenberg, Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz bei Finanzwende Recherche. Investments in Aktien seien für diese Gruppe daher kaum eine Option.
Vermögensarme Hälfte besitzt nur wenige Tausend Euro
Für die Studie wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozioökonomie der Universität Duisburg-Essen Vermögensdaten aus dem sozio-ökonomischen Panel von 2019 analysiert. Die vermögensarme Hälfte der deutschen Bevölkerung verfügt im Durchschnitt über ein Bruttovermögen von nur 6.000 Euro (ohne Berücksichtigung von Schulden). Die wohlhabendere Vermögensmitte, die 40 Prozent der Bevölkerung umfasst, besitzt im Schnitt 149.000 Euro. Die obersten 10 Prozent verfügen im Mittel über 925.000 Euro.
Basierend auf diesen Daten wurden durchschnittliche Vermögens-Portfolios erstellt und mit langfristigen Renditedaten der Bundesbank verknüpft. Daraus errechnete sich ein sogenannter Armutsnachteil, der 2024 bei 525 Euro pro Jahr lag. Das bedeutet, dass den rund 35 Millionen Erwachsenen aus der unteren Vermögenshälfte jährlich im Vergleich zur Vermögensmitte 525 Euro entgehen. Davon resultieren 280 Euro aus schwächeren Renditen, während höhere Produktkosten, etwa für Girokonten oder Lebensversicherungen, den Rest ausmachen.
Vermögensmitte profitiert von Immobilienbesitz
Der bedeutendste Vermögensgegenstand der unteren Vermögenshälfte ist das eigene Auto, das jedoch mit der Zeit an Wert verliert, erklären die Studienautoren. Hinzu kommen sichere, aber renditeschwache Geldanlagen wie Spareinlagen oder Lebensversicherungen.
In der Vermögensmitte spielt hingegen die eigene Immobilie eine zentrale Rolle. Haus- und Wohnungseigentümer profitierten in den vergangenen Jahren vom anhaltenden Immobilienboom. Die Vermögensmitte erzielte laut Studie eine durchschnittliche jährliche Rendite von 5,9 Prozent, während die Vermögensarmen nur auf 1,9 Prozent kamen.
Zur unteren Vermögenshälfte gehören besonders viele Ostdeutsche, Menschen mit Migrationshintergrund sowie Alleinerziehende. Britta Langenberg kritisiert, dass die Perspektiven von Menschen mit geringem Vermögen in der öffentlichen Debatte oft unbeachtet bleiben. „Über Geld spricht man in Deutschland nicht, über wenig Geld erst recht nicht.“ Sie fordert besseren Verbraucherschutz und mehr Finanzbildung, um langfristig gleiche Chancen für alle Vermögensgruppen zu schaffen.