Die EU-Kommission unterstützt Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Einführung eines digitalen Euros. „Das erfordert die Digitalisierung der Wirtschaft und des Finanzwesens“, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis dem Handelsblatt und anderen europäischen Medien. „Wir beobachten, dass die Bedeutung des Bargeldes schrittweise zurückgeht. Ein digitaler Euro ist eine zusätzliche Möglichkeit zum Bezahlen und Sparen.“
Eine digitale Form der europäischen Währung soll das Bargeld nicht ersetzen, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag in Frankfurt betonte: „Falls wir einen digitalen Euro haben, werden wir trotzdem Banknoten haben. Die beiden werden nebeneinander existieren.“
Die EZB ist gerade dabei, Tausende Rückmeldungen zum Für und Wider eines digitalen Euros auszuwerten. „Im Frühjahr, wahrscheinlich im April, werden wir entscheiden, ob wir mit dem Projekt fortfahren werden“, sagte Lagarde.
Zum Zeitplan sagte Dombrovskis: „Wir haben noch keinen festgelegten Zeitplan für den digitalen Euro. EZB-Präsidentin Lagarde nannte einen Zeitraum von fünf Jahren. Das ist zumindest eine Indikation.“ Die Kommission arbeite mit der EZB in einer Expertengruppe, um die „institutionellen, rechtlichen und praktischen Aspekte zur Schaffung eines digitalen Euros zu klären“, sagte Dombrovskis. Lagarde sagte in Frankfurt: „Es wird einige Jahre dauern, es ist ein kompliziertes Thema.“
EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta hat bereits im Oktober 2020 in einem Gastbeitrag die vermeintlichen Vorteile einer digitalen Währung beschrieben: „Die Einführung eines digitalen Euro kann in verschiedenen Szenarien erforderlich sein, etwa wenn die Menschen nicht mehr mit Bargeld zahlen wollen, oder in extremen Situationen wie Naturkatastrophen oder Pandemien, in denen andere herkömmliche Zahlungsdienstleistungen nicht mehr funktionieren. Ein digitaler Euro würde uns auch davor bewahren, dass staatliche oder privatwirtschaftliche digitale Zahlungsmittel, die aus Ländern außerhalb des Euroraums stammen oder von dort kontrolliert werden, bestehende Zahlungsmittel weitgehend verdrängen. Eine solche Situation könnte aus regulatorischer Sicht bedenklich sein und die Finanzstabilität oder sogar unsere geldpolitische, wirtschaftliche und finanzielle Souveränität gefährden.“
Rekordbeteiligung bei Anhörung
Wie hoch das Interesse an diesem Thema ist, zeigt auch die Rekordbeteiligung bei der öffentlichen Anhörung zum digitalen Euro: 8221 Antworten von Bürgerinnen und Bürgern, Firmen und Verbänden seien eingegangen, teilte die EZB zum Abschluss der dreimonatigen Konsultationen am 13. Januar 2021 in Frankfurt mit.
Wichtig ist den Teilnehmern nach EZB-Angaben vor allem der Datenschutz bei Zahlungen (41 Prozent der Antworten), Sicherheit (17 Prozent) sowie europaweite Reichweite (10 Prozent) einer möglichen digitalen Version der Gemeinschaftswährung.
Ein digitaler Euro wäre eine Antwort auf privatwirtschaftliche Initiativen wie Bitcoin oder das maßgeblich von Facebook getragene Projekt Diem (zuvor: Libra). Der große Unterschied: Im Gegensatz zu anderen Kryptowährungen stünde ein digitaler Euro unter Aufsicht einer Zentralbank, die die Stabilität der Währung sichert. Auch andere Notenbanken beschäftigen sich mit digitalem Zentralbankgeld – und sind zum Teil schon deutlich weiter als das Eurosystem.
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