Vorsorge

Massiver Druck für Angehörige: Pflege im Heim immer teurer

Lesezeit: 2 min
27.01.2021 16:24  Aktualisiert: 27.01.2021 16:24
Die Kosten für Pflegeheimbewohner und ihre Angehörigen steigen und steigen und steigen. So geht das jetzt schon seit Jahren. Über eine Kostenbremse wird schon zu lange diskutiert.
Massiver Druck für Angehörige: Pflege im Heim immer teurer
Die Pflege im Heim verursacht oftmals schwere finanzielle Einbußen für die Angehörigen. (Foto: Pixabay)

Die Pflege im Heim wird auch im neuen Jahr immer teurer – und das erhöht den Druck für Entlastungen noch vor der Bundestagswahl. Die selbst zu zahlenden Anteile stiegen weiter auf nun 2.068 Euro pro Monat im bundesweiten Schnitt, wie aus Daten des Verbands der Ersatzkassen mit Stand 1. Januar 2021 hervorgeht. Das sind 128 Euro mehr als Anfang vergangenen Jahres. Es gibt aber weiter große regionale Unterschiede. Im Vergleich der Bundesländer am teuersten bleiben Heimplätze in Nordrhein-Westfalen mit nun durchschnittlich 2.460 Euro pro Monat. Die geringste finanzielle Belastung haben dagegen Heimbewohner in Sachsen-Anhalt mit im Schnitt 1.465 Euro pro Monat.

In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pfleg und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen daneben aber noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen dazu. Der Eigenanteil allein für die reine Pflege stieg nun im Bundesschnitt auf 831 Euro, nachdem es am 1. Januar 2020 noch 731 Euro gewesen waren. Und es ist schon ein längerer Trend nach oben: Anfang 2018 waren es 593 Euro gewesen.

Die seit Jahren geführte Diskussion über eine Kostenbremse für die rund 800.000 Pflegebedürftigen in den Heimen zieht damit an – zumal das Problem nicht kleiner wird. In der alternden Gesellschaft werden mehr und mehr Menschen pflegebedürftig sein. Der ehrenamtliche Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Uwe Klemens, warnte daher: „Wenn bei den Eigenanteilen nichts geschieht, dann werden immer mehr Menschen auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sein.“ Bereits heute betreffe dies rund zehn Prozent aller Pflegebedürftigen. Die geplante Pflegefinanzreform müsse daher noch vor der Bundestagswahl am 26. September verabschiedet werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat inzwischen Eckpunkte für eine Reform vorgestellt, um bei den Belastungen gegenzusteuern. Demnach sollen maximal 700 Euro pro Monat als Eigenanteil für die reine Pflege zu zahlen sein, begrenzt auf 36 Monate. Das Konzept sieht unter anderem auch einen dauerhaften Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung und eine leichte Anhebung des Zuschlags auf die Pflegebeiträge für Versicherte ohne Kinder um 0,1 Prozentpunkte vor.

Der Sozialverband VdK forderte ebenfalls ein Entlastungsgesetz noch vor der Wahl. „Der Griff in den Geldbeutel der Heimbewohner wird immer tiefer. Das muss ein Ende haben“, sagte Präsidentin Verena Bentele. „Die Zuzahlung zu den Pflegekosten muss auf null sinken.“ Pflegebedürftige seien mit den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen schon genug belastet. Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte: „Es wird Zeit, dass die Pflegeversicherung den Pflegekosten-Anteil komplett übernimmt. Die Restkosten zahlt der Pflegebedürftige selbst.“

Von einem 700-Euro-Deckel der Pflegekosten würden indes vorwiegend Menschen in den westlichen Bundesländern profitieren, kritisierte der VdK. „Diese Ungleichbehandlung darf nicht sein.“ Über der Schwelle von 700 Euro liegen den neuen Daten zufolge derzeit 10 der 16 Länder. Am höchsten ist der Eigenanteil für die reine Pflege weiterhin in Baden-Württemberg mit nun durchschnittliche 1.121 Euro. Es folgen Berlin mit 1.034 Euro und Bayern mit 985 Euro. Viel weniger sind es in Thüringen (554), Sachsen-Anhalt (580) und Schleswig-Holstein (637).

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund warnte, die Pflegereform auf die lange Bank zu schieben. Kommen müsse zudem der im Koalitionsvertrag vorgesehene bundeseinheitliche Tarifvertrag für die Altenpflege: „Die Beschäftigten haben es verdient, dass ihre schwierigen Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht nur gesehen und bedauert, sondern endlich konkret verbessert werden.“ Der VdK nannte es „absolut richtig“, dass die Gehälter steigen. Den Kostenanstieg könne man aber nicht allein den Pflegebedürftigen aufbürden. FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig wandte sich gegen dauerhafte Steuerzuschüsse. „Wir müssen dafür sorgen, dass mehr Menschen als bisher privat vorsorgen, und auch betriebliche Möglichkeiten der Pflegevorsorge ausbauen.“

Neben der Pflege wird auch die Rente ein großes Wahlkampfthema werden.

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