Börse

„Börsengewinne sind Schmerzensgeld. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld“

Lesezeit: 5 min
28.04.2021 16:02
Für Börseneinsteiger, die sich nicht zu sehr mit Kennzahlen und komplizierten Rechnungen herumschlagen wollen, ist André Kostolany ein guter Ratgeber. Der gebürtige Ungar gilt als Börsenguru und war einer der ganz Großen auf dem internationalen Börsenparkett. Wir zeigen Ihnen seine zehn legendären Tipps für den Aktienhandel.
„Börsengewinne sind Schmerzensgeld. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld“
Anlegen kann schmerzhaft sein. (Foto: iStock.com/seb_ra)
Foto: seb_ra

Die Welt der Börse kann auf den ersten Blick kompliziert und unübersichtlich wirken. Doch es gibt ein paar allgemeingültige Prinzipien. Niemand konnte diese besser auf den Punkt bringen als André Kostolany. Er gilt als Börsenguru, vergleichbar etwa mit Warren Buffett, und war neben seiner Tätigkeit am Aktienmarkt noch als Journalist und Buchautor tätig. Seine 13 Bücher wurden in acht Sprachen übersetzt und verkauften sich über drei Millionen Mal. Darüber hinaus schrieb er regelmäßig Kolumnen über den Finanzmarkt und machte dadurch auch in Deutschland von sich reden.

Vom Philosophie-Student zum Börsenaltmeister

Kostolany wurde 1906 in Budapest in eine Familie ungarischer Industrieller geboren. Er kam erst auf Umwegen zum Aktiengeschäft. Kostolany studierte zunächst Kunstgeschichte und Philosophie. Doch dann folgte er dem Wunsch seines Vaters und machte 1924 – am Höhepunkt der grassierenden Inflation in Europa – eine Ausbildung bei einem befreundeten Börsenhändler in Paris. Dort arbeitete er zunächst als Spekulant und fand offenbar Gefallen am Aktienhandel. Zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs floh Kostolany dann in die USA. Dort nahm er eine Stelle zum Generaldirektor der amerikanischen Investmentfirma G. Ballai and Cie Financing Company an.

Später stieg er bis zum Präsidenten und Hauptaktionär der Firma auf und leitete sie bis 1950. Nach einer Reihe erfolgloser Bewerbungen an der Wall Street kehrte er nach Europa zurück und setzte seine Karriere hier fort. Bekanntheit am Finanzmarkt erlangte er unter anderem durch seinen legendären Handel mit deutschen Auslandsanleihen in der Nachkriegszeit. Er kaufte die Papiere damals für 250 Franc pro Stück, nur um sie einige Jahre später für 35.000 Franc pro Stück wieder zu verkaufen. Danach machte er sich durch zahlreiche Bücher und Kolumnen einen Namen als Börsenguru und prophezeite noch kurz vor seinem Tod 1999 das Platzen der Dotcom-Blase.

Die 10 berühmtesten Börsenweisheiten von André Kostolany

1. „Kaufen Sie Aktien und nehmen Sie Schlaftabletten.“

So lautet wohl sein bekanntestes Zitat. Kostolany hielt nichts davon, sich den Kapriolen des Marktes hinzugeben, sondern war Investor mit Weitsicht. Deshalb riet er auch Einsteigern immer wieder, sich nicht durch kurzfristige Kursschwankungen von ihrer Strategie abbringen zu lassen, sondern Aktien auch durch schwierige Zeiten hindurch zu halten. Denn er war überzeugt davon, dass sich Geduld am Aktienmarkt langfristig auszahle.

2. „Börsengewinne sind Schmerzensgeld. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld.“

Mit diesem Spruch spielte Kostolany darauf an, dass sich jeder Anleger an der Börse mal eine blutige Nase holen kann, besonders wenn er unerfahren ist. Doch es gilt, sich davon nicht abschrecken zu lassen, sondern aus den eigenen Fehlern zu lernen. Auf lange Sicht wird sich seiner Überzeugung nach der Erfolg dann einstellen.

3. „Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen.“

Kostolany lernte sein Handwerk zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise in Europa. Er musste daher früh lernen, dass Verluste am Aktienmarkt nun einmal dazu gehören. Viele Börsenneulinge glauben, immer auf den perfekten Moment warten zu müssen, um ins Aktiengeschäft einzusteigen. Sie träumen davon, Aktien in einem Bullenmarkt zu kaufen und dann auszusteigen, bevor der Markt wieder fällt. Diese Illusion hindert viele daran, überhaupt erst mit dem Aktiengeschäft zu beginnen.

4. „Spekulieren kann jeder. Es zur richtigen Zeit zu tun, das ist die Kunst.“

Am Aktienmarkt ist Timing alles. Daher ist es wichtig, ein Gespür für günstige Kauf- und Verkaufsgelegenheiten zu entwickeln. Dieses Gespür für Timing erreicht man nur durch Erfahrung. Kostolany hielt wenig von reinem Zocken. Vielmehr sollte die Spekulation immer auf handfesten Fakten (zum Beispiel über den Zustand und die Perspektive eines Unternehmens) gründen.

5. „Wer viel Geld hat, kann spekulieren, wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren, wer kein Geld hat, muss spekulieren.“

Beim Aktienhandel sollten Anleger immer die eigene Finanzsituation berücksichtigen. Nicht nur für Kleinanleger gilt, nur mit Geld an die Börse zu gehen, dessen Verlust man im Zweifelsfall verschmerzen kann. Besonders spekulative Finanzprodukte wie Derivate sind daher nichts für Anfänger mit kleinem Budget, da sich die Verluste hier besonders hoch auftürmen können.

6. „Die ganze Börse hängt nur davon ab, ob es mehr Aktien gibt als Idioten – oder umgekehrt.“

Mit diesem Ausspruch spielte Kostolany auf die Idee des „Greater Fool“ – des „größeren Idioten“ – an den Finanzmärkten an. Demnach suchen besonders professionelle Händler immer jemanden, der ihnen ein Wertpapier zu einem übertriebenen Preis abnimmt. Hätte alle Aktienhändler dieselben Informationen, wäre das unmöglich. Aber so treibt die Börse manchmal seltsame Blüten und es kommt zu Blasen am Finanzmarkt.

7. „Wenn alle Spieler auf eine angeblich todsichere Sache spekulieren, geht es fast immer schief.“

Das führt uns gleich zu Kostolanys nächstem berühmten Zitat. Er sagte vor seinem Tod das Platzen der Dotcom-Blase voraus und hatte auch sonst einen guten Riecher für Preisübertreibungen am Markt. Wenn ein vermeintlicher Anlagetipp also schon in jeder Zeitung steht und als todsicher gehandelt wird, sollten Anleger in der Regel die Finger davon lassen. Die günstige Einstiegschance haben sie dann bereits verpasst.

8. „Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld: Die nächste kommt mit Sicherheit.“

Kostolany war genau wie Warren Buffett der Überzeugung, dass man verpassten Chancen an der Börse nicht zu lange nachtrauern sollte. Denn es werden sich weitere Möglichkeiten zu guten Investments ergeben, muss man sie nur rechtzeitig erkennen. Um Erfolg an der Börse zu haben, ist es nicht nötig, jede Chance zu nutzen. Man muss nur einige richtig gute Trades machen und Gelegenheiten dafür bieten sich immer wieder.

9. „Investiere bei einem Goldrausch nicht in die Goldgräber, sondern in Schaufeln.“

Dieser bekannte Kostolany-Ausspruch dürfte auch heute noch seine Gültigkeit haben. Als Beispiel können wir die von ihm kritisierte Dotcom-Blase anführen. Damals investierten Anleger in beinahe jede Firma, die „irgendwas mit dem Internet“ machte, ohne wirklich tiefer in das Geschäftsmodell einzusteigen. Doch welches waren die Unternehmen, die die Blase schadlos und sogar gestärkt überstanden haben? Unternehmen, ohne die das moderne Internet nicht auskommt, wie etwa die Suchmaschine Google.

10. „Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man schnell reich wird; ich kann Ihnen aber sagen, wie man schnell arm wird: indem man nämlich versucht, schnell reich zu werden.“

Der Traum vom schnellen Reichtum ist ein schlechter Ratgeber für den Aktienhandel. Es erfordert Geduld und einen kühlen Kopf, um an der Börse Erfolg zu haben. Übermäßige Gier führt nur zu wilder Spekulation – und die führt in der Regel zu hohen Verlusten. Wenn Sie als Anleger also schnell reich werden wollen, dann ist das Börsenparkett die falsche Adresse.

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André Jasch ist freier Wirtschafts- und Finanzjournalist und lebt in Berlin.  

ANG
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