Deutschlands höchstes Finanzgericht will am 31. Mai zwei wegweisende Urteile zur Rentenbesteuerung verkünden – mit potenziell großen Auswirkungen sowohl für Rentner als auch die Staatskasse. Den Termin kündigte der X. Senat des Bundesfinanzhofs am Mittwoch nach den beiden mündlichen Verhandlungen an. Es geht um die Frage, ob der Staat bei der noch bis 2040 laufenden schrittweisen Umstellung der Rentenbesteuerung zu Lasten der Rentner zu viel kassiert. Eine Tendenz ließ der Senat nicht erkennen.
Die Umstellung der Rentenbesteuerung läuft seit 2005, zuvor wurden „vorgelagert“ die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer besteuert. Ab 2040 werden dann „nachgelagert“ die ausgezahlten Renten voll besteuert, nicht mehr die Beiträge. In der 35 Jahre langen Übergangsphase sinkt die Steuerbelastung der Rentenbeiträge, ab 2025 werden diese steuerfrei sein. Gleichzeitig muss ein stetig wachsender Anteil der Rente versteuert werden, derzeit liegt dieser bei 81 Prozent.
Um diese jahrzehntelange Übergangsphase geht es den beiden klagenden Rentnern, einem ehemaligen Zahnarzt und einem früheren Steuerberater, die vom Bund der Steuerzahler unterstützt werden. Bereits ab 2040 müssten die Renten voll versteuert werden, sagte der Steuerberater. „Die Rentenbeiträge sind nur 15 Jahre voll absetzbar.“ Das bedeute „Doppelt- und Dreifachbesteuerung“ – weil dann voll Steuern auf die Rente bezahlt werden müssen, obwohl die Beiträge nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum steuerbefreit sein werden.
In Deutschland beziehen nach Zahlen der Rentenversicherung derzeit 21 Millionen Menschen eine Rente, dementsprechend könnten die Urteile große Auswirkungen haben. Der Bundesfinanzhof entscheidet zwar nur über die zwei Einzelfälle, doch sollten die Richter den Klagen auch nur in Teilen stattgeben, müsste der Bund reagieren.
Im Detail geht es in beiden Fällen um mehrere komplexe Einzelpunkte. Bei dem Steuerberater geht es um Fragen, die für eine große Zahl von Rentnern von Bedeutung sind. Unter anderem muss der Bundesfinanzhof entscheiden, ob Grundfreibetrag und die abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge dem steuerfreien Teil der Rente zugerechnet werden sollen oder nicht.
Der Zahnarzt ist eher ein Sonderfall - er hatte zusätzlich zu seiner gesetzlichen Rente auch noch eine Rürup-Rente und an die 20 private Zusatzrenten abgeschlossen und argumentiert nun, dass diese Zusatzrenten zu hoch besteuert würden. „Das Ganze ist für mich schlimm“, sagte der Zahnarzt. Es sei ihm nicht gelungen, im Alter seinen Lebensstandard zu halten. „Und ich werde durch die Doppelbesteuerung bestraft.“
Das Bundesfinanzministerium hingegen betonte, dass der Bund keinen Rentner übervorteilen wolle: „Wir wollen die faire Besteuerung“, sagte Rolf Möhlenbrock, Leiter der Steuerabteilung im Ministerium. „Es soll keiner im Übermaß in Anspruch genommen werden.“
Beide Kläger berufen sich unter anderem auf das Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter haben vorgeschrieben, dass die bereits besteuerten Beiträge später bei der Auszahlung der Rente nicht noch einmal versteuert werden dürfen – das wäre die verbotene Doppelbesteuerung.
Dies bedeutet, dass jeder Rentner so viel Rente steuerfrei erhalten muss, wie er in den Jahrzehnten zuvor an Beiträgen aus versteuertem Einkommen eingezahlt hat. Grundlage der Berechnungen sind durchschnittliche Lebenserwartung und die Sterbetafeln der Statistischen Ämter.
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