Geldanlage

BGH entlastet Opfer von Pyramidensystemen von Beweispflicht

Lesezeit: 4 min
20.05.2021 14:04  Aktualisiert: 20.05.2021 14:04
Bei Geldanlagen kann man aufs falsche Pferd setzen. Opfer bestimmter Geschäftsmodelle haben oft nicht die nötigen Einblicke hinter die Kulissen. Um ihre Rechte bei Betrügereien einzuklagen, brauchen sie die auch nicht – das hat der BGH entschieden.
BGH entlastet Opfer von Pyramidensystemen von Beweispflicht
Opfer von Pyramidensystemen haben es ab sofort vor Gericht leichter. (Foto: Pixabay)

Wer Geld über ein sogenanntes Pyramiden- oder Schneeballsystem anlegt und dabei Schaden nimmt, braucht nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zunächst keine Beweise für ein Gerichtsverfahren vorlegen. Es genüge, wenn der Geschädigte Umstände vorträgt, die das Betreiben eines Schneeballsystems „als naheliegend erscheinen lassen“, heißt es in einer Anfang Mai veröffentlichten sogenannten Leitsatzentscheidung der Karlsruher Richter. Es sei dann Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen ihrer Erklärungspflicht zu äußern. Erst wenn dies den Anforderungen genüge, müsse der Kläger Beweise für seine Behauptung vorbringen (Az.: III ZR 7/20 vom 4. Februar 2021).

Generell seien die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung regelmäßig erfüllt, wenn bei einem Anlagemodell die versprochene Rendite aus den Einlagen weiterer Anleger bedient werde. „In Fällen sogenannter Schneeballsysteme ist die Absicht des Täters, Anleger zu schädigen, so greifbar, dass der Sittenverstoß unmittelbar aus dem Gegenstand der Anlage selbst abgeleitet werden kann“, heißt es in dem Urteil. Die Rendite der Anleger hänge davon ab, dass fortwährend neue Anleger für das System gefunden würden – und zwar in einem Maß, das wegen der Marktverhältnisse vernünftigerweise nicht zu erwarten sei.

Nach Paragraf 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sei derjenige zum Schadenersatz verpflichtet, „der einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt“. Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft haften gemäß der BGH-Rechtsprechung auf Schadenersatz, wenn ihr Geschäftsmodell von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist. Man spricht von „Schwindelunternehmen“.

Im konkreten Fall ging es um einen Alleinaktionär, der auch alleiniges Mitglied des Verwaltungsrats und Hauptentscheidungsträger eines Schweizer Unternehmens war. Das Anlagemodell sah den Angaben nach vor, dass Anleger ihre Versicherungen, Bausparverträge und ähnliche Kapitalanlagen kündigen, um die Rückkaufswerte dann der AG zur Verfügung zu stellen. Das Geld sollte gewinnbringend zuletzt in Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien investiert werden. Die Verträge sahen als Kaufpreis spätere Auszahlungen der AG vor, die je nach Preismodell entweder in Raten oder als einmalige Zahlung geleistet werden sollten – samt erheblicher Verzinsung.

Ein Mann aus Bayern nutzte das Modell für seine Lebensversicherung. Doch die Schweizer Finanzmarktaufsicht untersagte der AG den Vertrieb. Eine in Deutschland neu gegründete Gesellschaft, die die Verträge übernahm, ging insolvent. Das Landgericht München I verurteilte den Anbieter und Komplizen 2018 zu mehreren Jahren Gefängnis. Der Anleger sah kein Geld, scheiterte mit seiner Forderung nach Erstattung von mehr als 60.000 Euro aber vor dem Landgericht Schweinfurt und dem Oberlandesgericht (OLG) Bamberg. Die obersten Zivilrichter entschieden nun, dass das OLG neu verhandeln muss.

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Geldanlage
Geldanlage Deka verfehlt Gewinnziel und erwartet Ergebniseinbruch
26.03.2024

Die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka verfehlt ihr Gewinnziel aufgrund einer drastischen Erhöhung der Risikovorsorge im vergangenen Jahr....

ANG
Vorsorge
Vorsorge Renten steigen zum 1. Juli um 4,57 Prozent
25.03.2024

Kräftiges Plus für Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland: Ihre Bezüge steigen im Sommer deutlicher als erwartet. Doch die...

ANG
Börse
Börse Altersvorsorge an der Börse - so geht's!
25.03.2024

81 Milliarden Euro aus Steuergeldern fließen 2022 in die Rentenkasse. Der demografische Wandel verschärft die Situation, daher gewinnt...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Investition in Edelmetalle - wichtige Punkte beim Kauf von Gold, Silber und Platin
25.03.2024

In Edelmetalle wie Gold, Silber und Platin zu investieren ist eine vernünftige Option, um das Portfolio zu diversifizieren und sich vor...

ANG
Karriere
Karriere Babyboomer-Generation verlässt den Arbeitsmarkt - welchen Einfluss hat es auf das Rentensystem?
25.03.2024

Die bevorstehende Pensionierung der Babyboomer-Generation stellt Unternehmen und das Rentensystem in Deutschland vor neue...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Rente: Gemessen an der Wirtschaftskraft gehen die Kosten zurück
25.03.2024

Die Ausgaben für die gesetzliche Rente erreichen immer höhere Milliardenbeträge, der Bund schießt viel Steuergeld zu. Das...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Bitcoin weiter auf Rekordhoch - Der Gesamtwert übertrifft den Wert aller Silberbestände
11.03.2024

Die Rallye von Bitcoin setzt sich fort, erreicht ein neues Rekordhoch von 72.259 Dollar und legt seit Jahresbeginn um 70 Prozent zu. Der...