Immobilien

Wer soll zahlen? Heizkosten-Streit geht in die nächste Runde

Lesezeit: 3 min
18.06.2021 19:36  Aktualisiert: 18.06.2021 19:36
Die Bundesregierung streitet weiter über die Heizkosten-Regelung. Wenn die Union den bereits vereinbarten Kompromiss aufkündigt, kann es für Mieter teuer werden.
Wer soll zahlen? Heizkosten-Streit geht in die nächste Runde
Wer soll die Heizkosten übernehmen? (Foto: Pixabay)

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat sich verärgert über den anhaltenden Widerstand der Unionsfraktion gegen eine hälftige Aufteilung des CO2-Preises auf Mieter und Vermieter gezeigt. „Wir haben eine feste Verabredung mit dem Kanzleramt und allen Unions-Ministerien, den CO2-Preis fair zwischen Mietern und Vermietern aufzuteilen“, sagte sie den Zeitungen der Funke- Mediengruppe. „Ich frage mich, was feste Vereinbarungen und all die Bekenntnisse der Union zum sozial gerechten Klimaschutz noch wert sind, wenn Immobilien-Lobbyisten in der CDU/CSU-Fraktion solche Fortschritte einfach so verhindern können.“

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) hatte am Dienstagabend gesagt, es gebe aktuell kein Gesetz, das eine 50-50-Aufteilung zwischen Mietern und Vermietern vorsehe. „Ich sehe hierfür im parlamentarischen Verfahren auch keine Mehrheit.“ Damit sinken die Chancen, dass das Thema noch vor der Bundestagswahl im September abgeräumt wird. Ministerin Schulze sagte der Funke-Mediengruppe: „Ich setze darauf, dass wir Ende des Jahres eine Regierung diesseits der Union bilden können, die solche vernünftigen und fairen Lösungen für den Klimaschutz beschließen und umsetzen kann.“

Die schwarz-rote Bundesregierung hatte Mitte Mai einen Kompromiss verkündet, nach dem künftig der Vermieter die Hälfte der Kosten für den seit 1. Januar geltenden CO2-Preis auf Öl und Gas tragen sollen. Für den Kompromiss hatte die SPD monatelang gekämpft. Ursprünglich war vorgesehen, die neue Kostenaufteilung spätestens kommende Woche gesetzlich zu verankern. Nach der derzeit geltenden Regelung können Vermieter die Zusatzkosten für den CO-Preis von derzeit 25 Euro pro Tonne gänzlich auf Mieter abwälzen. Vermieter- und Eigentümerverbände hatten heftig gegen die geplante Neuregelung protestiert.

Die Unionsfraktion argumentiert, dass Vermieter keinen Einfluss auf das Heizverhalten von Mietern hätten und deshalb nicht an CO2-Preis-Kosten beteiligt werden sollten. „Im Mietrecht gilt bei den Nebenkosten das Verursacherprinzip, das heißt, dass der Mieter Kosten, die von seinem Verbrauch abhängen, selbst trägt. Hieran sollten wir festhalten“, bekräftigte Frei. Schulze betonte hingegen, dass sie eine Aufteilung des CO2-Preises als gerechter und auch besser für den Klimaschutz erachte. „Denn es sind ja die Vermieter, die über den Einbau neuer Heizungen entscheiden.“

Teurer Klimaschutz: Zuschuss gefordert

Die deutsche Wohnungswirtschaft hingegen fürchtet steigende Kosten für Mieter und Vermieter und fordert angesichts der befürchteten hohen Kosten des Klimaschutzes mehr Geld vom Bund, um den Anstieg der Mieten zu bremsen. Der Spitzenverband GdW plädierte am Mittwoch in Berlin für eine „Klima Plus“-Förderung zusätzlich zu den bisherigen Bundeszuschüssen.

„Um die extrem ambitionierten Klimaziele beim Wohnen sozial verträglich umsetzen zu können, brauchen wir ein neues, langfristiges Versprechen für bezahlbare Mieten“, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. „Erhöhte Klimaziele müssen durch ausreichende Förderung begleitet werden, um den sozialen Frieden zu sichern.“

Hintergrund ist das geplante Klimaschutzgesetz, eines der letzten Vorhaben der großen Koalition in der zu Ende gehenden Wahlperiode. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent sinken, bis 2040 um mindestens 88 Prozent, bis 2045 soll volle Klimaneutralität erreicht sein. Das beinhaltet auch verschärfte Vorgaben für Gebäude. Der Bundestag muss das Gesetz noch verabschieden, wesentliche Änderungen der grundsätzlichen Ziele sind aber nicht zu erwarten.

Preiswerter Wohnraum wird „wegsaniert“

Der bayerische Wohnungsverband VdW geht davon aus, dass allein im Freistaat 20.000 Wohnungen pro Jahr saniert werden müssten, um diese Vorgaben zu erreichen. Auf den Bund hochgerechnet wäre das dann eine sechsstellige Zahl. Bundesweit vertritt der GdW rund 3.000 Wohnungsunternehmen mit rund sechs Millionen Wohnungen. Darunter sind viele Genossenschaften und kommunale Unternehmen mit vergleichsweise günstigen Mieten.

„Es muss gefördert werden, was gefordert wird“, sagte Gedaschko dazu. „Nur so lässt sich verhindern, dass der preiswerte Wohnraum in Deutschland künftig systematisch wegsaniert wird.“

Das „Klima Plus“-Konzept hat drei Bestandteile: Mieter sollen nach einem Umbau am Gebäude und unter Einberechnung der dann niedrigeren Heizkosten maximal 50 Cent Miete pro Quadratmeter mehr zahlen müssen.

Der zweite Schritt sieht eine Art neuer Mietpreisbindung vor: Vermieter sollen für einen „sehr langen Zeitraum“ auf eine Begrenzung der maximal erlaubten Erhöhung von Bestandsmieten verpflichtet werden. Und der dritte Schritt beinhaltet für Wohnungsunternehmen Erleichterungen und weniger Bürokratie bei den Vorschriften für Energieerzeugung und -verbrauch.

„In vielen Regionen können sich Krankenschwestern, Pfleger, Polizisten und viele Angestellte das Wohnen heute schon kaum noch leisten“, sagte der GdW-Präsident. Gleichzeitig sollten Vermieter enorm hohe Summen investieren, um die gesellschaftlich gewollten Ziele des altersgerechten Umbaus, der digitalen Ausstattung und insbesondere des Klimaschutzes zu erreichen. „Das Problem der Refinanzierung ist bislang ungelöst.“

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