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Value-Aktien oder Growth-Aktien? Was man jetzt wissen muss

Lesezeit: 5 min
13.12.2021 20:42  Aktualisiert: 13.12.2021 20:42
Die unterschiedlichen Kursentwicklungen von Value-Aktien und Growth-Aktien eröffnen erhebliche Chancen für Anleger. Denn die harte Umkehr eines Trends zeichnet sich ab.
Value-Aktien oder Growth-Aktien? Was man jetzt wissen muss
Was passiert mit Growth-Aktien und Value-Aktien, wenn die Blase platzt? (Grafik: Pixabay)

Viele jüngere Anleger kennen es gar nicht anders, denn schon seit über zehn Jahren entwickeln sich Growth-Aktien anhaltend deutlich besser als Value-Aktien. Und erst wenn man weiter in die Vergangenheit zurückschaut, lernt man auch Value-Aktien wertzuschätzen. Denn im Verlauf der letzten hundert Jahren haben sie sich im Schnitt jedes Jahr mehr als 3 Prozent besser entwickelt als Wachstumsaktien. Das ist durchaus enorm, die letzten gut zehn Jahre waren ein historischer Ausnahmefall, der wohl nicht mehr lang wird andauern können.

Was sind eigentlich Value-Aktien und Growth-Aktien?

Bei der Unterscheidung zwischen Value-Aktien und Growth-Aktien gibt es keine allgemein anerkannte Formel. Entscheidend ist, dass man zu dieser Unterscheidung auf das Verhältnis der Aktienkurse zu den Unternehmensgewinnen schaut. Wenn der Aktienkurs vergleichsweise niedrig ist, so spricht man von Value-Aktien. Man spricht hier auch von einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV).

Mitunter werden Value-Aktien auch dadurch definiert, dass ihr Kurs niedrig ist im Vergleich zur Dividende oder im Vergleich zum Umsatz oder zu anderen Fundamentaldaten. In jedem Fall besteht der entscheidende Vorteil der Value-Aktien darin, dass die Kurse im Verhältnis zur tatsächlichen Performance des Unternehmens niedrig zu sein scheinen. Daher erwarten die Anleger nämlich, dass die positiven Fundamentaldaten irgendwann auch wieder zu höheren Aktienkursen führen. Zudem soll der Kauf von anscheinend billigen Aktien das Risiko reduzieren.

Bei Growth-Aktien, oder Wachstumsaktien, handelt es sich um die Papiere von Unternehmen, deren Gewinne voraussichtlich schneller wachsen werden als der Gesamtmarkt. Aufgrund der Aussicht auf künftige Gewinne sind diese Aktien in der Regel deutlich teurer, als es die Fundamentaldaten erwarten lassen würden. Solche Unternehmen haben in der Regel relativ geringe Gewinne und Umsätze und bringen kaum eine Dividende. Daher waren Wachstumsaktien historisch auch eigentlich eher eine riskante Investition.

Der richtige Zeitpunkt für jeden Titel

Im Verlauf der letzten hundert Jahre haben Value-Aktien wie gesagt im Schnitt deutlich höhere Renditen erbracht als Growth-Aktien. Doch es gab immer wieder auch Phasen, in denen Wachstumsaktien deutlich besser performten. In der Folge bedeutet das, dass es immer wieder Phasen gab, in denen Value-Aktien unterbewertet waren, und dass es Phasen gab, in denen Growth-Aktien unterbewertet waren. Ein Verständnis dieser Zusammenhänge bietet Investoren also eine Chance bei der richtigen Aktienauswahl.

Eine solche Chance sieht der Analyst Michael Lebowitz im aktuellen Markt. Er sieht den Markt der letzten fünf Jahren in einer ähnliche Situation wie Mitte bis Ende der 1990er Jahre. Die folgende Grafik zeigt, dass die 10 Prozent der Aktien mit dem niedrigsten Kurs-Gewinn-Verhältnis (E/P Ratio) - das sind die Growth-Aktien - zwischen 1998 bis zum Platzen der Dot.com-Blase im März 2000 um 112 Prozent besser abschnitten als die 10 Prozent der Aktien mit dem höchsten Kurs-Gewinn-Verhältnis - das sind die Value-Aktien.

Während also Growth-Aktien in den späten 90er Jahren einen großartigen Lauf hatten, waren anschließend während des Tech-Crashs Value-Aktien das bessere Investment. Zudem gaben Wachstumsaktien durch das Platzen der Dot.com-Blase einen großen Teil ihrer Gewinne aus den späten 90er Jahren wieder ab. Value-Aktien hingegen blieben weitgehend verschont vom Platzen der Blase und konnten ihre Gewinne aus den vorangegangenen Jahren gegen den Trend zumindest halten.

Ist ein solcher Markteinbruch wie im Jahr 2000 heute erneut absehbar? Dazu schreibt Michael Lebowitz: "Das heutige spekulative Umfeld ähnelt nicht nur auf unheimliche Weise dem der späten 90er Jahre, sondern die Bewertungen sind in vielen Fällen auch noch extremer als damals." Wie in den 1990er Jahren würden Value-Aktien zugunsten von Growth-Aktien gemieden. Die folgende Grafik zeigt, dass seit 2018 Growth-Aktien um fast 50 Prozent besser performt haben als Value-Aktien.

Zwar ist das wirtschaftliche, politische und demografische Umfeld nach Ansicht von Lebowitz heute ein anderes als vor 20 Jahren. Doch eine der Parallelen sei die relativ schlechte Entwicklung von Value-Aktien. "Wir halten es für wahrscheinlich, dass Value-Aktien im Falle eines erheblichen Rückgangs deutlich besser abschneiden werden als Growth-Aktien. Es wird schwierig sein, den Übergang von Wachstums- zu Substanzwerten zu timen, aber eine solche Rotation wird sich wahrscheinlich als wertvoll erweisen."

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