Neues Jahr, neuer Job! Gerade zum Jahreswechsel wagen viele Arbeitnehmer ihren nächsten Karriereschritt und sorgen damit bei den Personalabteilungen und den deutschen Arbeitsgerichten stets für reichlich Arbeit. Denn jeder Personalabgang, sei es aus eigenen Stücken oder unfreiwillig, ist mit der Ausstellung eines (qualifizierten) Arbeitszeugnisses verbunden.
Während in unseren europäischen Nachbarländern, wie beispielsweise in Frankreich, dem Arbeitszeugnis keine hohe Bedeutung zugemessen wird (hier wird meist nur die Tätigkeit des Arbeitnehmers in einem Arbeitszeugnis beschrieben), kann das unsrige mit Fug und Recht als „die“ Erfindung der deutschen Arbeitswelt bezeichnet werden. Denn schon im späten Mittelalter wurde die Arbeitsleistung der Knechte urkundlich von den Lehnsherren beglaubigt.
Anspruch ist gesetzlich geregelt
Was sich über die Jahrhunderte kontinuierlich weiterentwickelte, fand schließlich mit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches seinen Abschluss: der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ist seit dem 1. Januar 1900 in Deutschland gesetzlich geregelt. Während noch im preußischen „Gesindedienstbuch“ von den Tugenden wie Fleiß, Treue, Gehorsam, sittliches Betragen, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit die Rede war, steckt in den heutigen Formulierungen oftmals der „Teufel im Detail“. Obgleich niemand in Deutschland unnötig an seiner weiteren beruflichen Karriere gehindert werden darf – so besagt es zumindest das seit 1960 geltende Gesetz („in einem Arbeitszeugnis darf nichts Negatives, aber auch nichts Unwahres stehen“) – müssen Arbeitnehmer zuweilen bei der Dokumentation ihres beruflichen Werdegangs sehr genau „zwischen den Zeilen“ lesen. Denn nur derjenige, der den „geheimen, verklausulierten Sprachcode“ entschlüsselt, weiß, wie es um seine Arbeitsleistung wirklich steht.
„Sie / er war stets bemüht“: Die Bedeutung dieser Formulierung ist sicherlich jedem mittlerweile bekannt, steht sie doch sinnbildlich für alle, die den Anforderungen des Jobs nicht gewachsen sind und nun als unliebsamer „Wanderpokal“ ihr weiteres Berufsleben fristen müssen. Doch welche essenziellen Inhalte und Formalia sollte ein qualifiziertes Arbeitszeugnis aufweisen? Im Allgemeinen gilt, dass ein Arbeitszeugnis immer schriftlich abgefasst und unterschrieben werden muss; eine elektronische Form (E-Mail) ist unzulässig. Bereits aus der Schule ist bekannt, dass eine bestimmte Abfolge über gute und schlechte Noten entscheidet. So ist dies auch beim Thema Arbeitszeugnisse der Fall. Die Darstellung der Aufgabenfelder und der durch den Arbeitnehmer tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten bedürfen einer ganz bestimmten Reihenfolge. Obgleich das Wichtigste (z. B. exponierte Projekte, berufliche Erfolge etc.) stets an erster Stelle angeführt und absteigend aufgelistet werden sollte, ist es dem Arbeitgeber auch erlaubt hier „Geheimcodes“ aufzuführen und somit das Zeugnis in seiner Form abzuschwächen.
Entscheidend, was nicht gesagt wird
In der Regel werden so vor allem ungünstige Wertungen durch bewusstes Weglassen – sogenanntes beredtes Schweigen – in einem Arbeitszeugnis aufgeführt. Auch das Erwähnen von unwichtigen vor wichtigen Sachverhalten, der Betonung von Selbstverständlichkeiten, wie beispielsweise „Pünktlichkeit“, das Einschränken von positiven Werturteilen („im Wesentlichen, im Allgemeinen“ o.ä.) sowie die korrekte Reihenfolge bezüglich des Verhaltens gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden, sollte den Arbeitnehmer bei der Durchsicht auf den Plan rufen (werden beispielsweise Vorgesetzte am Ende einer Aufzählung genannt oder werden erst gar nicht aufgeführt, deutet dies klar auf einen Konflikt mit dem zugehörigen Vorgesetzten hin). Auch andere Formalia, wie z. B. ein fehlerfreies Zeugnis ohne Tippfehler, die Verwendung des korrekten Firmenbriefkopfes oder die Unterschrift des verantwortlichen Vorgesetzten sollte bei der Ausstellung des Arbeitszeugnisses überprüft werden.
Ebenfalls sollte darauf geachtet werden, dass die Tätigkeitsbeschreibung sachlich und nicht bewertend formuliert ist. Die Leistungsbewertung stellt dagegen das Herzstück eines qualifizierten Arbeitszeugnisses dar. Die hierin aufgeführten Inhalte beziehen sich neben dem Fachwissen und der Berufserfahrung vorwiegend auf die Arbeitsweise und die Arbeitsergebnisse sowie auf den Willen zur Weiterbildung und der eigenen Motivation. Fehlen hier wichtige Zwischenergebnisse oder Erfolge, wird dies dem Arbeitenden unweigerlich als mangelnde Leistungsbereitschaft ausgelegt und trübt so unbewusst oder bewusst seine Qualifizierung als leistungswilligen Arbeitnehmer.
Ein neues Zeugnis kann verlangt werden
Abschließend wird die Leistungsbeurteilung mit der sogenannten „Gesamtzufriedenheitsformel“ wiedergegeben. Während eine sehr gute Gesamtleistung mit der Formulierung „sie / er hat die ihm / ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt“ zum Ausdruck gebracht wird, kommt es bei der Note „gut bis befriedigend“ oftmals zum Streit. Ist Letzteres der Fall und falsche Tatsachen oder unrichtige Beurteilungen sind enthalten, ist es aufseiten des Arbeitnehmers rechtens, die Ausstellung eines neuen Zeugnisses zu verlangen. Aber Obacht: die Änderungswünsche sollten so früh wie möglich nach der Erstellung dargelegt werden und müssen begründet sein. Denn wenn es dadurch zum Rechtsstreit kommen sollte, ist der Arbeitnehmer in der Beweispflicht! Aus diesen Gründen kann es von Vorteil sein, wenn Zwischenzeugnisse oder Themen aus Mitarbeitergesprächsbögen in schriftlicher Form vorliegen. Aber auch wenn ein Zeugnis zu wohlwollend ausgestellt ist und dem Arbeitnehmer Fähigkeiten bescheinigt, die sie / er nicht vorweisen kann, kann dies im Extremfall dazu führen, dass Schadensersatzansprüche seitens des neuen Arbeitgebers gegenüber des Zeugniserstellers geltend gemacht werden können (beispielsweise wenn eine zuvor bescheinigte Fähigkeit zum Führen einer Maschine nicht der Wahrheit entspricht und sich daraus Produktionsausfälle ergeben).
Das Beste zum Schluss
Wie so oft kommt jedoch das Beste zum Schluss. Denn wie gut oder schlecht ein Arbeitszeugnis wirklich ist, entscheidet zu großen Teilen auch die formulierte Schlussformel des Arbeitgebers. Eine vollständige Schlussformel enthält den Grund für das Ausscheiden des Mitarbeiters sowie das Bedauern, einen Dank für die Zusammenarbeit und gute Wünsche für die weitere persönliche / berufliche Zukunft. Laut Bundesarbeitsgericht (9 AZR 227/11) ist ein Arbeitgeber jedoch nicht zu einer Abschlussformel in einem Arbeitszeugnis verpflichtet; auch besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Abschluss- oder Schlussformel, obgleich ein Fehlen dieser den Eindruck des Lesers trübt und von den Personalabteilungen in der Regel als negatives Zeichen verstanden wird. Denn damit wird meist eine unfreiwillige Kündigung oder gar ein Rechtsstreit mit dem vorherigen Arbeitgeber impliziert. Aber auch wenn einzelne Teile der Schlussformel fehlen, wirft das ein schlechtes Licht auf den Arbeitnehmer. Ein klassisches Beispiel für eine gute Abschlussformulierung würde stattdessen lauten: „Herr/Frau xy verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern es sehr, sie / ihn zu verlieren und danken für die stets gute Mitarbeit. Wir wünschen für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute“.