Geldanlage

Rohstoffe: Inflationsschutz oder gefährliche Falle für Anleger?

Lesezeit: 6 min
02.02.2022 10:49  Aktualisiert: 02.02.2022 10:49
Rohstoffe haben sich zuletzt stark verteuert, da Anleger einen Schutz gegen die steigende Inflation suchen. Doch Sachwerte könnten sich 2022 für Investoren als gefährliche Falle erweisen.
Rohstoffe: Inflationsschutz oder gefährliche Falle für Anleger?
Rohstoffe haben sich zuletzt stark verteuert. Doch hält der Boom an? (Foto: Pixabay)

Der Handel mit Rohstoffen ist wieder verstärkt ins Interesse gerückt, nachdem die Inflationsraten weltweit in den letzten Monaten stark angestiegen sind. Anleger wollen sich mithilfe von Rohstoffen gegen die hohe Inflation absichern. Die Idee besteht darin, dass man mit Rohstoffen ein hartes Asset in der Hand hat und dass auch dieses harte Asset teurer wird, wenn die Verbraucherpreise steigen.

Doch es lohnt es sich durchaus ein Blick in die Vergangenheit, wie sich die Rohstoffpreise in früheren Phasen mit hohen Inflationsraten entwickelt haben. Denn jede noch so logische Investmentidee kann sich als Falle für Anleger erweisen. Ist der erwartete Superzyklus bei Rohstoffen, der möglicherweise bereits im Jahr 2020 begonnen hat, tatsächlich eine gefährliche Blase?

Die Entwicklung der Rohstoffpreise seit 1980

Der Analyst Lance Roberts hat den langfristigen Verlauf des CRB Commodity Index dahingehend untersucht, welchen Einfluss der Dollar, die Zinssätze, das Wirtschaftswachstum und die Inflation auf die Rohstoffpreise in der Vergangenheit hatten. Der Analyst sieht in den Daten, die bis ins Jahr 19080 zurückreichen, vier aufeinanderfolgende Phasen.

  1. In der ersten dieser vier Phasen, von 1980 bis 2000, gingen die Rohstoffpreise immer weiter zurück, „da sich die Wirtschaft von der verarbeitenden Industrie zur Finanzwirtschaft verlagerte“, so Roberts.
  2. Dann ab dem Jahr 2001, als die dot.com-Ära zu Ende ging, stiegen die Rohstoffpreise. Denn in Erwartung eines weltweiten Aufschwungs verlagerten sich die Investitionsströme in dieser zweiten Phase auf Rohstoffe und Schwellenländer. Die Wohnungsnachfrage boomte, da die Hypothekenzinsen fielen. Auch stiegen die Energiepreise, weil die Ölförderung ihren Höhepunkt erreicht zu haben schien.
  3. Doch als die Finanzkrise die gesamte Weltwirtschaft lahmlegte, ließ die Nachfrage nach Rohstoffen schnell wieder nach. Dieser deflationäre Trend hielt bis zum Beginn der Corona-Krise im März 2020 an.
  4. Als der Kampf gegen Corona in vielen Staaten die Wirtschaft lahmlegte, wurden überall Rekordsummen frischen Geldes gedruckt ein, um auf diese Weise die Konjunktur anzukurbeln. In der Folge schoss die Inflation in die Höhe und die Nachfrage von Investoren nach Rohstoffen als einem Inflationsschutz stieg.

In der vierten Phase, also im Rahmen des Kampfes gegen Corona, wurde die Nachfrage nach Rohstoffen nicht durch eine wachsende Wirtschaft angetrieben, sondern vor allem durch künstliche Liquidität. Daher ist es fraglich, wie nachhaltig die höheren Rohstoffpreise nun tatsächlich sind. Oder stellt eine Deflation möglicherweise eine größere Bedrohung dar?

Was sagen Zinsen und Dollar über Rohstoffe aus?

Wenn Rohstoffe und Sachwerte von einer echten Nachfrage angetrieben werden, insbesondere aus dem verarbeitenden Gewerbe, dann gibt es mehrere Indikatoren, die auf eine anhaltende Nachfrage nach diesen Vermögenswerten hindeuten. Steigende Zinsen etwa, die in der Vergangenheit wirtschaftliche Stärke widerspiegelten, gingen in der Regel einher mit steigenden Rohstoffpreisen.

Es überrascht daher nicht, dass der jüngste Anstieg der Rohstoffpreise von den Tiefstständen im Jahr 2020 mit dem sprunghaften Anstieg der Zinssätze einhergeht. Doch nun kehren die Zinssätze auf ein Niveau zurück, das mit schwächeren Wirtschaftswachstumsraten vereinbar ist. Und dies deutet auf ein mögliches Ende des Rohstoff-Booms hin, sobald sich die Wirtschaft normalisiert.

Rohstoffe werden weltweit in Dollar gehandelt, weshalb außerdem die Stärke dieser Weltwährung von Bedeutung ist. Wenn der Dollar gegenüber anderen Währungen stärker wird, verteuert dies die Rohstoffe außerhalb der USA. Ein schwächerer Dollar ermöglicht mehr Konsum in den USA, was wiederum die Nachfrage erhöht. Dies erklärt die umgekehrte Korrelation zwischen dem Dollar und Rohstoffen.

Dazu schreibt der Analyst Robert: „Wohin sich der Dollar als nächstes entwickelt, wird weitgehend von der relativen Stärke der US-Wirtschaft im Vergleich zum Rest der Welt abhängen. Wir vermuten, dass sich die US-Wirtschaft in den kommenden Monaten zwar abschwächen wird, der Rest der Welt jedoch schlechter dastehen wird.“

Entscheidend für die Rohstoffpreise ist die Weltkonjunktur

Wenn die Wirtschaft stark ist, dann wird auch die Nachfrage nach Konsumgütern, Immobilien, Häusern und Autos stark sein, so Roberts. Die Stärke dieser Nachfrage wird die Produktion steigern und die Nachfrage nach Rohstoffen erhöhen. Wenn sich die Wirtschaft hingegen abschwächt, so sinkt diese Nachfrage, was zu einem Überangebot an Lagerbeständen und einem Verfall der Rohstoffpreise führt.

Der sprunghafte Anstieg des weltweiten Wirtschaftswachstums nach dem durch Corona bedingten Stillstand der Wirtschaft wurde durch künstliche Liquidität verursacht. Dies führte zu einem massiven Anstieg der Geldmenge, was angesichts der fehlenden Produktionskapazitäten zu Inflation führte. Wie bereits geschehen, kehrt die Wirtschaftstätigkeit jetzt aber wieder auf ein normaleres Niveau zurück.

„Da das Haushaltsdefizit in den nächsten Jahren wachsen wird, werden allein die Zinszahlungen einen größeren Teil der Steuereinnahmen absorbieren“, sagte Roberts bereits vor knapp einem Jahr. Zugleich muss der Staat die Ausgaben für die 75 Millionen Babyboomer decken, die nun in das soziale Netz eintreten.

„Das Schuldenproblem bleibt ein massives Risiko für die Geld- und Finanzpolitik. Steigen die Zinssätze, wirken sich die negativen Auswirkungen auf eine verschuldete Wirtschaft schnell negativ auf die Wirtschaftstätigkeit aus. Noch wichtiger ist, dass der Rückgang der Geldumlaufgeschwindigkeit deutlich zeigt, dass die Deflation eine anhaltende Gefahr darstellt.“ - Lance Roberts

Ein Rohstoff-Crash ist in der Regel hart

Der Handel mit Rohstoffen und Sachwerten allgemein ist auf dem Weg nach oben aufregend und profitabel. Doch wie die langfristige Grafik oben zeigt, endet ein Rohstoff-Boom in der Regel schnell und hart. Allerdings ist ein Rohstoff-Crash nach Ansicht von Roberts derzeit unwahrscheinlich. Denn zum einen wird die Inflationsrate wohl noch im Laufe dieses Jahres wieder zurückgehen.

Und zum anderen wird das Wirtschaftswachstum laut Roberts auf 2 Prozent oder weniger beschränkt bleiben, da sich die USA „in Richtung eines sozialistischeren Profils“ bewegt, was im Kontext der USA einfach bedeutet, dass Wirtschaft in naher Zukunft weniger von den erheblichen Effizienzen der Marktwirtschaft wird profitieren können.

Dabei bleibt Roberts zufolge die Deflation eine ständige langfristige Bedrohung. Die beiden wichtigsten strukturellen Hindernisse für das traditionelle amerikanische und globale Wirtschaftswachstum seien der massive Schuldenüberhang und die sich verschärfende Demografie, die sich beide als Folge des Jahres 2020 noch verschlechtert hätten, soll heißen: noch mehr Schuldendienst und noch mehr Rentenempfänger.

Die Folgen für die Rohstoffpreise erklärt Roberts wie folgt: „Wenn die Liquidität aus dem System verschwindet, wird der Schuldenüberhang den Konsum belasten, da die Einkommen von der produktiven Tätigkeit auf den Schuldendienst umgelenkt werden. Die Nachfrage nach Rohstoffen wird sich also abschwächen.“

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