Immobilien

Die Zukunft des Heizens

Lesezeit: 8 min
28.02.2022 16:58  Aktualisiert: 28.02.2022 16:58
Die Heizung macht 20 Prozent des CO2-Abdrucks von jedem deutschen Verbraucher aus. Das ist in der Regel auf Öl oder Gas zurückzuführen. In wenigen Jahren wird jedoch ein Umstieg auf erneuerbare Energien verpflichtend. Was bedeutet das für die Eigentümer?
Die Zukunft des Heizens
Heizen wird teurer und teurer. (Foto: iStock.com/Marina Lohrbach)
Foto: Marina Lohrbach

Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland haben in den vergangenen fünf Jahren ihren CO2-Abdruck um mehr als ein Drittel auf 12,5 Tonnen pro Jahr erhöht. Das geht aus Statistiken von Greenpeace hervor. Ein Fünftel davon fällt auf die Heizung, die immer noch größtenteils mithilfe von Gas oder Öl betrieben wird. Die staatlichen Vorgaben sehen vor, dass ab 2025 in den Häusern und Wohnungen verstärkt Erneuerbare Energien zum Zuge kommen sollen. Der Obermeister der Innung SHK Berlin, Andreas Schuh, erklärt im Interview mit Altersvorsorge neu gedacht, wie man jetzt am besten seine Heizung saniert.

Altersvorsorge neu gedacht: Die aktuellen Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie zeigen eine deutliche Sprache: Die Deutschen haben 2021 zehn Prozent mehr Wärmeerzeuger eingebaut – und zwar insgesamt 929.000. Davon waren 70 Prozent Gasheizungen. Diese Form des Heizens ist weiterhin sehr beliebt. Wie kommt das?

Andreas Schuh: Das liegt daran, dass die Gasheizung immer noch die Heizungstechnologie ist, die von allen am weitesten entwickelt ist. Die Technologien, die auf Erneuerbaren Energien beruhen, sind bei weitem noch nicht so ausgereift. Beim Einbau treten immer wieder unterschiedliche Probleme auf, die man erst noch lösen muss. Dies sind Kinderkrankheiten, die bei allen Produkten erst einmal auftauchen. Der Kunde will sich natürlich die besten Geräte kaufen. Und der Handwerker wird die Heizung einbauen, bei der er die größte Kompetenz hat. Beim Einbau einer Wärmepumpe, die sich auch auf Erneuerbare Energien stützt, benötigen die Fachleute dafür doppelt so viel Zeit wie bei der Installierung einer klassischen Gasheizung. Oft fehlen hier einfach gute ausgereifte Produkte. Ehe es die am Markt gibt, braucht es halt noch Zeit.

Doch sieht der politischen Rahmen vor, dass ab dem 1. Januar 2025 eine neu eingebaute oder modernisierte Heizung zu 65 Prozent auf Erneuerbaren Energien beruhen muss. Denn die Bundesregierung will ihr ehrgeizige Klima-Ziele erreichen. Wie bewerten Sie die Vorgaben?

Ab dem 1. Januar 2025 müssen beim Einbau neuer Geräte die 65 Prozent Erneuerbare Energien eingehalten werden. Wichtig: Der alte Bestand, der mithilfe der traditionellen Energieträger funktioniert, muss dann nicht sofort vollständig umgerüstet werden. Das wäre organisatorisch überhaupt nicht zu leisten. Es geht ausschließlich um den neuen Einbau. Deshalb sind viele Kunden jetzt schon dabei, eine Gas-Brennwert-Technik einzubauen, die sich auf grüne Energie stützt. Sie ist mit Sicherheit geeignet, um die Emissionen einzudämmen und die staatlichen Vorgaben zumindest zum Teil zu erfüllen. Es ist immer besser, jetzt schon mit dem Austausch der Geräte zu beginnen, als dies erst auf den letzten Drücker zu machen. Ob die Vorgaben tatsächlich die Effekte bringen werden, die sich die Politiker wünschen, bleibt abzuwarten. Das wird von den Fachleuten unterschiedlich interpretiert. Ob der Staat dies nachher so restriktiv kontrollieren wird, ist auch noch nicht klar. Die Diskussion darum ist weiterhin im Gange. Und die muss man eben weiterverfolgen.

Der Gaspreis ist im vergangenen Jahr massiv gestiegen. Das Konsumentenportal „Check24“ hat errechnet, dass der Rohstoff für private Haushalte 2022 pro Kilowattstunde um 0,65 Euro klettern wird. Was bedeutet dies für einen Zwei- oder Vierpersonen-Haushalt konkret?

Die Preissteigerungen sind seit dem Jahreswechsel sehr deutlich zu spüren, im Durchschnitt liegt der Gaspreis bei 12,21 Cent je Kilowattstunde. Dies bedeutet eine Preissteigerung von 73 Prozent. Die Preissteigerungen betreffen nicht nur das Gas, sondern auch den Strom, der eine Preissteigerung von 13 Prozent auf 36,19 Cent pro Kilowattstunde aufweist. Und das kann schon im Portemonnaie zu spüren sein. In einem Zwei-Familien-Haus können das auf einmal pro Jahr circa 150 Euro mehr sein, die die Verbraucher zahlen müssen.

Es gibt sehr viele Stromwechsel-Anbieter am Markt. Was für einen Sinn macht das Angebot dieser Firmen für einen Kunden?

Die Verbraucher finden im Netz sehr viele Firmen, die versprechen, dass man mit einem Wechsel des Anbieters große Summen pro Monat einspart. Und das stimmt de facto jetzt nicht mehr: Die Preisunterschiede können im individuellen Fall sehr groß sein. Doch startet man nach einem Wechsel bei seinem neuen Anbieter als Neukunde – und da profitierte man früher von den niedrigeren Tarifen. Nun zahlt man teilweise zu Anfang erheblich mehr als vorher. Das können für ein Zwei-Familien-Haus 150 bis 200 Euro pro Jahr sein. Ein solcher Preissprung macht sich dann im gesamten Haus bemerkbar: beim Hausstrom, aber auch bei einer Wärmepumpe, die auf Erneuerbaren Energien beruht. An die Stromwechsel-Anbieter muss man folglich vorsichtig herangehen. Wenn man bei seinem alten Anbieter bleibt, dann kann das unter Umständen wesentlich kostengünstiger sein. Das Problem: Wir beobachten bereits jetzt schon teilweise erhebliche Preissteigerungen in der gesamten Energieliefer-Kette. Dies betrifft sowohl den Strom als auch das Gas. Eine Energie-Beratung für einen Verbraucher vorzunehmen, ist heutzutage nicht so einfach. Denn beide Energieträger sind stark gestiegen.

Wie umweltschädlich ist denn die Gasheizung?

Die Gasheizung ist eine vertraute Technik, die sich etabliert hat, und die unbedingt weiter als Zwischentechnologie installiert werden muss, weil wir bisher dazu nicht in jedem Gebäude eine Alternative haben. Die anderen Produkte sind noch nicht ausgereift. Auch haben die Versorger für eine Lieferung von Erneuerbaren Energien noch keine richtige Infrastruktur. Wir sind alle noch überwiegend auf den Rohstoff Gas angewiesen. Dazu kommt vielleicht noch in absehbarer Zeit die Wasserstoff-Technologie, die aber noch lange nicht ausgereift sein wird. An dieser gesamten Struktur dürfte sich bis 2030 wohl nichts ändern.

Wenn ein Verbraucher eine neue Heizung einbauen will, was muss er insbesondere beachten?

Der Konsument muss wissen, was er für eine Immobilie er hat. Wohnt er in einem Alt- oder in einem Neubau? Er muss sich fragen, wie die Wärmeübertragung in seinem Gebäude aussieht. Oder handelt es sich um einen sogenannten sanierten Bestandsbau? Dies ist eine Form, die zwischen Alt- und Neubau liegt. Dabei wurde das Objekt zwischenzeitlich energetisch modernisiert. Es ist sehr wichtig, zu wissen, wie die Anlage hydraulisch funktioniert – also zu wissen, wie das Heizungswasser innerhalb des Gebäudes zirkuliert. Sind die Heizungsflächen zu klein, müssen hohe Vorlauftemperaturen dies kompensieren. Diese Parameter sind entscheidend, welche Art von Heizungsanlagen auch energetisch und wirtschaftlich sinnvoll ist. Im Allgemeinen kann man sagen, wenn diese Anlage modern ist, dann lassen sich leichter Technologien wie die Wärmepumpe einbauen. Wenn sie nicht dem neuesten Stand der Technik entsprechen, dann kommt ein Verbraucher aus meiner Sicht mit einem Gasbrennwert-Gerät erst einmal in den nächsten Jahren besser zurecht. Das alles betrifft die älteren Gebäude. In den Neubauten mit Fußbodenheizung hingegen, die jetzt vorgenommen werden, sind die Techniken, die sich auf Erneuerbare Energien stützen, gar nicht mehr wegzudenken.

Wie sieht es mit der Wasserstoff-Technologie aus?

Es gibt noch nicht all zu viele Produkte, die auf Wasserstoff basieren. Die meisten werden erst gerade noch entwickelt. Diejenigen, die bereits marktreif sind, können in ihrer Technologie bis zu 20 Prozent des neuen Energieträgers mitverarbeiten. Geplant ist, dass von den Versorgern Wasserstoff zusätzlich ins bestehende Erdgasnetz eingeführt wird. Für eine hundertprozentige Nutzung fehlt es aber oft noch an der notwendigen Infrastruktur des Gasnetzes: So bräuchte der Verbraucher vorerst einen Spezialtank, der beispielsweise auf dem Gelände eines Zwei-Familien-Hauses liegen müsste. So könnte zum Beispiel mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Strom erzeugt werden, der für die Gewinnung von Wasserstoff notwendig ist. Dieser Brennstoff kann dann in Spezialtanks gelagert und der Heizung in der Heizperiode zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich um eine Eigenversorgung, die in einer Größenordnung um 75.000 Euro liegt.

Wie fördert der Staat die Heizungen?

Da existieren unterschiedliche Fördermöglichkeiten, wenn die Verbraucher ihre Heizungen auf der Grundlage von Erneuerbaren Energien einbauen. Die Fördersätze des Bundes können in einem solchen Fall 35 oder 45 Prozent der Gesamtinvestitionen betragen. Dazu kommen manchmal noch regionale Zuschüsse, die dann bis zu 55 Prozent ausmachen können. Wenn jemand seine alte Gasheizung gegen eine neue effiziente Gastechnik austauschen will, dann ist eine Kombination mit Erneuerbaren Energien notwendig, um eine staatliche Förderung zu erhalten. Es handelt sich hierbei um Hybridlösungen – zum Beispiel um ein Spitzenlast-Gasgerät mit einer Wärmepumpe. Darüber hinaus kann man den Einbau auch unter Umständen steuerlich gelten machen. Grundsätzlich gilt, dass die Modernisierung eine Verbesserung des alten Gerätes darstellen muss. Solche Unterstützungen kann man bei unterschiedlichen Einrichtungen beantragen – beispielsweise bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Sie fördert den Einbau mit Krediten und Darlehen. Auch beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kann man unterschiedliche Zuschüsse beantragen.

Wie dürfte denn weitere Entwicklung am Markt verlaufen?

An der bisherigen Grundstruktur wird sich wohl in den kommenden Jahren nicht so viel ändern. Die Gas- und Ölheizungen werden wahrscheinlich dominant bleiben. In den Gebäuden, wo es möglich ist, wird man verstärkt Technologien einbauen, die auf Erneuerbaren Energien beruhen wie die Wärmepumpen. Doch können auch kombinierte Geräte immer mehr zum Zuge kommen – die sogenannten Hybrid-Geräte. Das kann eine Gastrennwert-Technik mit einer Wärmepumpe sein. Denn die Wärmepumpe ist in nicht gut energetisch sanierten Gebäuden sowie bei gleichzeitig tieferen Außentemperaturen nicht in der Lage, ohne weitere Wärmeerzeuger ausreichend Wärme in den Wohnräumen zur Verfügung zu stellen. Dafür könnte die vertraute Gas-Technik als sogenannte „Spitzenlastkessel“ weiterhin von Nöten sein. Darüber hinaus wird es immer wieder Fälle geben, wo man gar keine neue Technologie einbauen kann, weil in einem Gebäude die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Das kann bei einer Gas-Etagen-Heizung der Fall sein.

Herr Schuh, herzlichen Dank für das Gespräch.

Andreas Schuh ist der Obermeister der Innung SHK Berlin, die sich mit den Themen Heizung, Sanitär, Klempner und Klima beschäftigt. Der Diplomingenieur verfügt über eine eigene Firma namens SGE GmbH und tritt oft auf Fachkonferenzen auf. Er hat die Weiterbildung „Fachkraft für Erneuerbare Energien und Technologien“ konzipiert.

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