Zoltan Pozsar, ein früherer Mitarbeiter der Federal Reserve in New York und nun einflussreicher Analyst für die Credit Suisse Group, der wegen seiner Expertise auch als „Guru“ des Repo-Markts bezeichnet wird, hat sich in die Diskussion zum Kampf gegen die steigende Inflation eingeschaltet. In einer schockierenden Mitteilung fordert er von der US-Notenbank ganz ausdrücklich, dass sie die Finanzmärkte zum Crashen bringt, um der Inflation Herr zu werden.
In der Vergangenheit habe die Fed im Kampf gegen die Inflation die Zinsen erhöht, um auf diese Weise eine Rezession herbeizuführen, so Pozsar. In einer Rezession haben Unternehmen und Bürger weniger Geld zur Verfügung, sodass die geringere Nachfrage nach Gütern die Preise drückt. Doch ein solches Vorgehen ist nach Ansicht von Pozsar heute „unvorstellbar“, weil von der Fed heute erwartet wird, dass sie nicht nur die Preise stabil hält, sondern auch die Arbeitslosigkeit bekämpft.
Zinserhöhung ohne Rezession?
Die Federal Reserve steht im Kampf gegen die Inflation heute also vor der Aufgabe, die Zinsen zu erhöhen, ohne eine Rezession und die damit einhergehende Arbeitslosigkeit auszulösen - „und das ist der Fed bisher noch nie gelungen“, wie Pozsar scheibt. Doch der Analyst hat eine Lösung für das Problem.
Die Wareninflation wird wegen der Engpässen in den Lieferketten wenn überhaupt nur langsam wieder zurückgehen, so Pozsar. Die Fed könne daran nichts ändern. „Sie wissen, dass sie keine Kontrolle über die Güterpreise haben, es sei denn, sie dämpfen die Nachfrage durch eine Rezession - was angesichts ihres aktualisierten Mandats keine Option ist. Aber sie wissen auch, dass sie die Dienstleistungsinflation sehr gut kontrollieren können - die im Gegensatz zur Wareninflation hauptsächlich von inländischen nominalen Faktoren abhängt“, so Pozsar.
Die Dienstleistungsinflation sei vor allem eine Funktion der Immobilienpreise und des Arbeitsangebots, die beide auf die finanziellen Bedingungen reagieren, welche wiederum durch die langfristigen Zinssätze und weniger durch die kurzfristigen Zinssätze bestimmt werden. „Die zahlreichen Zinserhöhungen, die der Markt eingepreist hat und die von der Fed stillschweigend gebilligt wurden, haben sich bisher nur wenig auf die langfristigen Zinssätze, die Hypothekenzinsen oder die Aktien ausgewirkt“, so Pozsar.
Doch die erwarteten Zinserhöhungen seien noch nicht hoch genug. „Um die Inflation auf dem Immobilienmarkt zu bremsen, müssen die Hypothekenzinsen steigen und die Hauspreise stagnieren oder sogar sinken. Um [die Inflation bei] allen anderen Dienstleistungen, die durch einen Mangel an Arbeitskräften verursacht werden, zu bremsen, brauchen wir ein größeres Angebot an Arbeitskräften, nicht eine geringere Nachfrage durch eine Rezession.“
Crash-Empfehlung
Die Art und Weise, wie der Wall-Street-Analyst das Arbeitsangebot erhöhen will, ist für seine Kollegen sicherlich schockierend. Denn Pozsar empfiehlt „niedrigere Vermögenspreise“, mit anderen Worten: einen Crash auf den Finanzmärkten. „Wenn die jungen Menschen, die sich reich an Bitcoin fühlen, weniger geneigt sind, zu arbeiten, und die alten Menschen früh in die Rente gehen wollen, weil sie sich reich fühlen, so sinkt die Erwerbsbeteiligung zum Nachteil der realen Wachstumsaussichten.“
Wenn die Vermögenswerte crashen, sind die Reichen plötzlich weniger reich, sie sind folglich wieder sparsamer und arbeiten mehr, was die Inflation bremst. Pozsar räumt ein, dass sein Vorschlag „extrem“ ist. Aber er glaubt nicht nur, dass sein Vorschlag umsetzbar ist, sondern dass die Federal Reserve einen entsprechenden Mechanismus zur Beschränkung der Inflation tatsächlich „bald“ in die Tat umsetzen wird, einfach weil es keinen anderen Ausweg gibt.
„Um das Arbeitskräfteangebot zu verbessern, könnte die Fed versuchen, die Volatilität in ihren Dienst zu stellen, um eine Korrektur der Immobilienpreise und der Risikoanlagen - Aktien, Kredite und auch Bitcoin - herbeizuführen.“ Zwar wird es bei einem Crash auf dem Finanzmarkt viele Verlierer geben. Doch Pozsar rechtfertigt dies so: „Die Entscheidungen der Zentralbanker sind immer umverteilend. Jahrzehntelang ging die Umverteilung von der Arbeit zum Kapital. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, den umgekehrten Weg einzuschlagen.“