Immobilien

Mehr Tempo beim Heizungswechsel: Wer verbaut die Fördermillionen?

Lesezeit: 4 min
04.04.2022 17:57  Aktualisiert: 04.04.2022 17:57
Deutschland soll unabhängiger werden vom russischen Gas! Die Bundesregierung will deshalb mehr Tempo bei Gebäudesanierungen und bei der Installation neuer Heizungsanlagen. Doch ist das in der vorgegebenen Zeit überhaupt zu schaffen?
Mehr Tempo beim Heizungswechsel: Wer verbaut die Fördermillionen?
Ein großes Problem beim Heizungseinbau ist, dass Fachkräfte fehlen. (Foto: iStock.com/Rallef)
Foto: Rallef

Hohe Energiepreise und Abhängigkeit von russischem Gas: Viele Verbraucher beschäftigen sich mit dem Gedanken eines Heizungswechsels. Die Bundesregierung hat das erkannt – und drückt etwa über das in der vergangenen Woche angekündigte Entlastungspaket aufs Tempo. Vor allem der Gebäudesektor soll schneller umgekrempelt werden. Doch angesichts von Materialengpässen und besonders wegen des schon seit Jahren herrschenden Personalmangels in vielen Branchen wächst die Skepsis, wie das alles in der vorgegebenen Zeit zu schaffen sein soll.

Mitte März hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den neu aufgelegten KfW-Fördertopf für Gebäudesanierungen um weitere fast fünf Milliarden Euro aufgestockt. Er kündigte ein Energieeffizienzprogramm an.

Darüber hinaus zieht die Bundesregierung im Rahmen des neuen Entlastungspakets ihr Ziel für den Heizungsneubau um ein Jahr vor: Nun soll schon ab dem Jahr 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es soll zudem der Rahmen dafür geschaffen werden, dass Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien ihre über 20 Jahre alten Heizungsanlagen austauschen können.

Es gehe um nichts weniger als um den „Abschied hier in Deutschland von der fossilen Gasheizung“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang kürzlich bei einem Auftritt in Berlin.

Fachkräftemangel verschärft die Situation

„Der Ukraine-Krieg hat den Handlungsdruck auf die Politik erhöht und in Folge natürlich auf das Handwerk“, teilt dazu der Zentralverband Heizung Sanitär Klima (ZHSK) mit. Doch es fehlten die Beschäftigten. „Schon heute könnten wir zusätzlich fast 100.000 offene Stellen sofort besetzen, wenn wir jedoch nur qualifizierte Bewerber dafür hätten“, sagte Verbandspräsident Michael Hilpert vor wenigen Tagen auf einer Fachkonferenz.

Minister Habeck hatte im Januar auch das Ziel der installierten Wärmepumpen in Deutschland bis 2030 von vier auf sechs Millionen erhöht. Allein dafür fehlen laut ZHSK rund 60.00 Monteurinnen und Monteure sowie 40.000 Kaufleute. Dabei geht die Branche davon aus, dass sich der Fachkräftemangel in den kommenden 10 bis 15 Jahren noch deutlich verschärfen wird. Die Ziele der Bundesregierung sind aus Verbandssicht zwar machbar. Es brauche aber mehr Zeit.

Wofür also die vielen Fördermilliarden, wenn es zu wenige gibt, die sie verbauen? „Entscheidend ist, dass die Fördergelder verlässlich über einen langen Zeitraum verfügbar sind, dann werden auch Kapazitäten aufgebaut“, sagt Johannes Kreißig, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. „Natürlich geht das jetzt nicht von heute auf morgen anders. Da ist die Baubranche einfach etwas träger als andere Branchen. Aber ich bin mir sicher, dass das passiert.“

Wolfgang Saam, Energieexperte beim Zentralen Immobilienausschuss (ZIA), sieht ein ganz anderes Problem: Dass die Fördersummen am Ende nicht ausreichen könnten. „Selbst zweistellige Milliardentöpfe von Fördermitteln sind weniger als das, was wir an Klimaschutzinvestitionen im Markt brauchen“ sagt er. Die derzeit steigenden Bau- und Materialkosten würden die Wirkung der Fördertöpfe sogar noch kleiner werden lassen.

Steigende Preise fressen Fördertöpfe auf

Diese Befürchtung hat auch Benjamin Köhler vom Öko-Institut. „Es ist abzusehen, dass ein Teil der zusätzlichen Mittel durch Baupreissteigerungen aufgefressen wird“, betont er. Dennoch befürwortet er das Engagement der Bundesregierung. „Ich gehe davon aus, dass die zusätzlichen Mittel mehr Nachfrage generieren werden. Sie geben dem Markt ein klares Signal, wo der Schwerpunkt in Zukunft liegen wird: Eben nicht mehr beim Neubau, sondern auf der Sanierung des Bestands.“

Es werde noch eine Weile dauern, „bis der Markt sich in diesem Bereich neu eingeschwungen hat“. Doch der Krieg in der Ukraine führe derzeit bei vielen Verbrauchern zu einem Umdenken. (dpa)

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Vorsorge
Vorsorge Lebensversicherer können bald wieder Produkte mit höheren Garantiezinsen anbieten
29.04.2024

Ab 2025 dürfen Lebensversicherer angesichts des veränderten Zinsumfelds wieder Finanzprodukte mit höheren Garantiezinsen anbieten. So...

ANG
Börse
Börse Rekordhoch oder Absturz: Wie geht es mit dem Bitcoin weiter?
22.04.2024

Der Bitcoin erlebt derzeit eine bemerkenswerte Phase mit rekordverdächtigen Kursen. Doch trotz dieser positiven Entwicklung sorgten...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Linke kritisiert höhere Steuern bei Ost-Renten
22.04.2024

Die Linke im Bundestag kritisiert erneut die Unterschiede in der Steuerbelastung von Renten in Ost und West. Die aktuellen Zahlen des...

ANG
Karriere
Karriere Drei Viertel finanzieren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit
22.04.2024

Die meisten Erwachsenen in Deutschland verdienen ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch eigene Arbeit. Doch Unterschiede zwischen...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Lohnlücke zwischen Ost und West schließt laut Statistik nur leicht
22.04.2024

Vorabberichte des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) enthüllen weiterhin große Lohnunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland....

ANG
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
22.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

ANG
Börse
Börse Comeback von Japan-Aktien: Neue Ära für Investoren?
22.04.2024

Der japanische Aktienmarkt erlebt derzeit ein erstaunliches Comeback. Doch hinter dem jüngsten Rekordhoch des Nikkei von 40.000 Punkten...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Bundesbank - Vermögensungleichheit hat seit Ende 2022 leicht zugenommen
17.04.2024

Die Vermögensungleichheit in Deutschland nimmt laut einem vorab veröffentlichten Auszug aus dem Monatsbericht der Bundesbank seit Ende...