Polen und Bulgarien hat Russland bereits den Gashahn zugedreht. Nun rechnen auch weitere europäische Staaten mit einem Lieferstopp von russischem Erdgas. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach angesichts der ausbleibenden Gaslieferungen in einer Twitter-Nachricht bereits von einer „Erpressung“ durch Russland.
Der Krieg in der Ukraine offenbart eins: Deutschland und die EU sind immer noch stark auf fossile Energieträger wie Öl, Kohle und Gas angewiesen. Die erneuerbaren Energien bieten einen Weg aus diesen Abhängigkeiten. Und die Politik hat bereits reagiert: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat im April mit seinem Osterpaket einen Katalog an Maßnahmen zum schnelleren Ausbau von Wind- und Sonnenergie vorgelegt, den das Bundeskabinett bereits beschlossen hat. Geht es nach Habeck, sollen 2030 rund 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen kommen, aktuell sind es gerade einmal 42 Prozent.
Der Ausbau der klimafreundlichen Energien gewinnt ohnehin immer mehr an Fahrt. Laut Daten der Internationalen Energie Agentur (IEA) sind 2021 rund um den Globus Erneuerbare-Energien-Anlagen mit einer Kapazität von 290 Gigawatt (GW) neu installiert worden – ein neuer Rekordwert. Bis 2026 erwartet die IEA weiter steigende Ausbauzahlen und einen Anstieg der Stromerzeugungskapazitäten aus regenerativen Energien auf über 4.800 GW. Das entspricht aktuell der weltweiten Stromproduktion aus Kohle, Gas, Öl und Atomkraft zusammengenommen.
Belastung durch Lieferkettenprobleme und hohe Rohstoff- und Energiepreise
Immer mehr PV-Anlagen und Windräder, und höhere Ausbauziele der Politik: eigentlich müssten das hervorragende Bedingungen für Erneuerbare-Energien-Aktien sein. Ganz so einfach ist es aber nicht. Die kommenden Jahre könnten für Aktienanleger herausfordernder werden. Eine hohe Inflation, steigende Zinsen und ein abnehmendes Wachstum machen eine Kursrallye an den weltweiten Aktienmärkten, wie wir sie in den vergangenen Jahren gesehen haben, weniger wahrscheinlich. Hinzu kommt: die Erneuerbare-Energien-Branche kämpft aktuell mit stockenden Lieferketten, sowie mit einer Teuerung von Rohstoffen und Energie. Für langfristig orientierte Anleger muss die derzeit trübe Stimmung kein Grund zur Sorge sein. Ganz im Gegenteil: Wer schwächelnde Kurse für den Einstieg nutzt, kann langfristig seine Renditechancen erhöhen.
Wer in Erneuerbare-Energien-Aktien investieren will, hat mittlerweile die Qual der Wahl. Neben günstigen ETFs bieten sich für Privatanleger durchaus auch aktiv verwaltete Fonds an. Einige von ihnen haben sich finanziell erstaunlich gut entwickelt – was daran liegen mag, dass so mancher Fonds sehr konzentriert investiert und einen hohen Anteil des Anlegerkapitals in Small-Cap-Unternehmen steckt, also in Firmen mit niedrigem Börsenwert. Sie entwickeln sich oft besser als große Konzerne, wie Studien belegen. Welche Fonds gibt es, und wo liegt ihr Anlageschwerpunkt?
Green Benefit Global Impact Fund (ISIN: LU1136260384): Erneuerbare-Energien-Überflieger
Der Green Benefit Global Impact Fund investiert vor allem in Aktien aus den Bereichen Wasserstoff, Solar und Elektromobilität. Das Fondsmanagement setzt auf sogenannte „Pure Player“, also Unternehmen, die in einem Spezialgebiet tätig sind. Im Portfolio des Fonds finden sich deshalb keine Aktien von Mischkonzernen wie Siemens, ABB oder Linde, die auch im Erneuerbare-Energien-Segment tätig sind. Anstatt dessen setzt der Fonds auf kleinere Unternehmen, wie etwa des Solarmodulherstellers Maxeon Solar oder des Elektroautobatterien-Zulieferers Novonix, beide aus den USA. Investiert ist der Green Benefit-Fonds aber auch in Weltmarktführer, darunter ITM Power aus Großbritannien und Nel aus Schweden, den beiden wichtigsten Herstellern von Elektrolyseuren und Wasserstofftankstellen.
Aufgelegt hat den Fonds die Fondsboutique Green Benefit aus dem bayerischen Führt. Die Wertentwicklung des Green Benefit-Fonds ist mehr als beachtlich: Auf Fünfjahressicht liegt er 238,9 Prozent im Plus (Stand: 29.04.22). Zum Vergleich: Der Erneuerbare-Energien-ETF iShares Global Clean Energy kam im selben Zeitraum auf einen Wertzuwachs von gerade einmal 123,2 Prozent.
Besondere Chancen sieht die Fondsgesellschaft in den kommenden Jahren im Wasserstoffsegment. Die EU hat jüngst ihre Produktionsziele für klimafreundlichen grünen Wasserstoff bis 2030 von zehn auf 15 Millionen Tonnen erhöht, um die Abhängigkeit vom russischen Gas zu minimieren. „Dieser sogenannte ‚REPowerEU-Plan‘ legt einen noch stärkeren Schwerpunkt auf die Rolle von grünem Wasserstoff, der nur mit Elektrolyseuren produziert werden kann. Davon profitieren insbesondere die Elektrolyseure-Hersteller enorm“, heißt dazu in einem Kommentar von der Fondsgesellschaft.
Die jährlichen Gebühren des Green Impact-Fonds sind mit 1,9 Prozent pro Jahr für einen aktiv gemanagten Fonds akzeptabel. Interessierte Anleger sollten aber beachten: Der Fonds investiert in nur etwa 30 Aktien. Deshalb können die Schwankungen sehr hoch ausfallen.
DNB Fund Renewable Energy Retail (ISIN: LU0302296149): Investment in Wind, Solar und darüber hinaus
Der Erneuerbare-Energien-Fonds der norwegischen Bank DNB legt breit gestreut an. Infrage kommen für den Fonds nicht nur Wind-, Solar- und Wasserstoffaktien, sondern auch Papiere von Herstellern von Heizungen, Gebäudedämmungen, Kabeln und Smart-Grid-Technologien.
Der Fonds hält aktuell 57 Aktien. Zu seinen größten Positionen zählen der US-Solarmodul- und Heimspeicheranbieter Sunrun, der niederländische Spezialchemiekonzern IMCD – der unter anderem Beschichtungen für Stromkabel herstellt – sowie der dänische Windturbinenbauer Vestas.
Der Fonds hat sich schlechter geschlagen als der Green Benefits Global Impact: Auf Fünfjahresssicht lag das Plus bei 126,6 Prozent und damit auf der Höhe der Wertentwicklung des Erneuerbare-Energien-ETFs von iShares. Dafür fielen die Schwankungen geringer als beim Green Benefits-Fonds aus.
Die Gebühren des Fonds sind mit 1,56 Prozent pro Jahr vergleichsweise günstig. Für nachhaltig orientierte Anleger wichtig zu wissen: Mit Aktien des italienischen Unternehmens Enel investiert der Fonds in einen Versorger, der neben Wind- und Solarparks auch Kohle- und Atomkraftwerke betreibt.
Erste Green Invest (ISIN: AT0000A2DY42): Fokus auf Klima- und Umwelttechnologie
Im Anlagefokus des Erste Green Invest sind Firmen aus den Bereichen Erneuerbare Energie, nachhaltige Mobilität, Recycling, Klima- und Umwelttechnologie. Mehr als die Hälfte des Fondsvolumens steckt er in Aktien aus dem Energiesektor.
Der Fonds der österreichischen Sparkassengruppe ging erst 2020 an den Start. Langfristige Daten zu seiner Wertentwicklung liegen deshalb noch nicht vor. Seine Gebühren sind mit 1,8 Prozent pro Jahr auf der Höhe der anderen hier vorgestellten Fonds. Positiv: Der Fonds hat strenge Nachhaltigkeitsvorgaben – in Atomkraft oder fossile Energien investiert er nicht.
Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs stockte das Fondsmanagement den Anteil an Titeln im Erneuerbaren-Energien-Segment weiter auf. Darunter die Beteiligungen am indischen Solarparkbetreiber Renew Energy oder am US-Unternehmen TPI Composites, das Rotorblätter für Windturbinen herstellt.
Der Fonds investiert auch in Wasserstoffaktien wie ITM Power, Nel oder Plug Power. Allerdings macht der Wasserstoffanteil im Erste Green Invest nur einen vergleichsweise geringen Anteil am Gesamtanlagevolumen aus. Wer an ein starkes Wachstum des Wasserstoffsektors glaubt, sollte deshalb in andere Fonds investieren.
KBC Eco Fund Alternative Energy (ISIN: BE0175280016): Pionier unter den Erneuerbaren-Energien-Fonds
Der Fonds des belgischen Bank- und Versicherungskonzerns KBC ist bereits seit 2000 auf dem Markt und gehört damit zu den Pionieren unter den Erneuerbare-Energien-Fonds. Das Anlageuniversum besteht aus Unternehmen, die einen „Großteil ihres Umsatzes mit erneuerbaren Energien erzielen oder Marktführer in diesem Bereich sind“, wie es in den Unterlagen zu dem Fonds heißt.
Mit über 100 Aktien ist der KBC-Fonds breit aufgestellt. In der Hauptsache investiert er in europäische Aktien: Im Depot finden sich etwa Papiere des italienischen Übertragungsnetzbetreibers Terna, des deutschen Windturbinenherstellers Nordex oder des Elektrotechnikkonzerns Legrand aus Frankreich. Aktien aus China, Brasilien und anderen Schwellenländern sind auch im Fonds vertreten.
Ein Plus: Er investiert unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien. Kohlestromerzeuger, Rüstungskonzerne oder Unternehmen, die in schwerwiegende Kontroversen verwickelt sind, schließt das Fondsmanagement aus. Mit einem Plus von 143,8 Prozent in den vergangenen fünf Jahren hat sich der Fonds finanziell sehr gut entwickelt.