In Deutschland gibt es zwei Arten von Finanzberatern. Finanzanlagenvermittler empfehlen Wertpapiere und streichen dafür eine Provision ein, die sie vom Herausgeber des Wertpapiers erhalten. Honorar-Finanzanlagenberater oder Honorar-Anlageberater dürfen für die Beratung bloß ein Honorar vom Kunden annehmen.
Die Verbraucherzentralen wollen die Provisionsberatung verbieten und raten zur Honorarberatung. „Die Beratungserfahrung der Verbraucherzentralen belegen, dass die Anbieter ihren Wissensvorsprung häufig ausnutzen und Verbraucher dadurch übervorteilen“, heißt es auf der Internetseite.
Provisionsberater würden nur am Verkauf von Produkten mit Provision oder Marge verdienen. „Günstige Produkte können sie meist nicht empfehlen“, schreiben die Verbraucherschützer. Außerdem seien die Produkte oft so kompliziert aufgebaut, dass Laien nicht einschätzen könnten, ob sie zur Altersvorsorge taugten.
Verbraucherzentrale als Alternative
Der BWL-Professor Hartmut Walz rät in Sachen Finanzanlage ebenfalls zur Honorarberatung. „In vielen Fällen sehe ich die kostensparende Selbsthilfe – gestützt durch seriöse, unabhängige Fachliteratur“, ergänzt er auf ANG-Anfrage. „Und bei wirklich komplexen Fragestellungen und zum Beispiel der einmaligen Einrichtung eines Anlage- oder Vorsorgeportfolios den Kontakt zu echten Honorarberatern.“
Eine preiswerte Variante ist Walz zufolge der Gang zur Beratung der Verbraucherzentrale. Dort müssten Anleger allerdings oft länger auf einen Termin warten.
Die meisten Anleger wollen nicht für Vermögensberatung bezahlen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Beratungsunternehmens Kantar aus dem Jahr 2021 sind 74 Prozent dazu nicht bereit. Nur 16 Prozent würden ein gesondertes Honorar bezahlen. Als angemessen erachteten sie dabei im Schnitt einen Stundensatz von 35 Euro. Bloß 0,3 Prozent gaben an, sie würden ein Stundenhonorar von 180 Euro bezahlen.
Echte Honorarberater sind denn auch extrem selten. Zum 1. Januar 2023 waren gerade einmal 306 Honorar-Finanzanlagenberater im Vermittlerregister der IHK eingetragen. Hingegen gab es knapp 39.950 Finanzanlagenvermittler. Die echten Honorarberater machen also weniger als 0,8 Prozent aller bei der IHK gemeldeten Finanzberater aus.
Hartmut Walz glaubt indes, dass die Verbraucher den Nutzen der Honorarberatung unterschätzen. „Ein fachkundiger Berater, der uneingeschränkt in Ihrem Interesse für Sie tätig wird, kann Ihnen tatsächlich erheblichen Mehrwert generieren und die von ihm verursachten Kosten mehr als wieder einbringen“, schreibt Walz in seinem Buch „Beraten statt verraten“. Eine Mehrrendite von 1,5 bis 2,5 Prozent pro Jahr durch den Berater hält Walz für durchaus möglich.
Laut dem Professor der Hochschule Ludwigshafen am Rhein liegt ein Stundenhonorar häufig zwischen 150 und 250 Euro. Manche Honorarberater verlangen auch eine pauschale Vergütung. Wie hoch ein Honorar sein sollte, lasse sich allgemein nicht sagen, erklärt Walz. „Es kommt klar auf den Umfang des konkreten Kundenbedürfnisses an, zum Beispiel macht ein isolierter Anlagewunsch für einen ererbten Geldbetrag bei kundenseitig völlig klaren Rahmenbedingungen viel weniger Aufwand als eine komplette Finanzplanung.“
Dabei würden nicht bloß die Stunden im persönlichen Beratungsgespräch abgerechnet. „Eine seriöse einkaufsseitige Beratung erfordert auch Hintergrundarbeit, also zum Beispiel Recherche durch den Honorarberater oder Erstellung und Visualisierung eines individuellen Anlageportfolios nach den Wünschen des Kunden.“
Impressum prüfen
Die Berufsbezeichung Honorarberater ist rechtlich nicht geschützt. Um sicherzugehen, dass der Berater keine Provisionen vereinnahmen darf, müssen Anleger das Impressum prüfen. Bloß ein „Honorar-Anlageberater“ oder ein „Honorar-Finanzanlagenberater“ darf keine Provisionen von Dritten einstreichen, sondern muss diese in voller Höhe an den Kunden weiterreichen.
Außerdem erhalten Verbraucher zu Beginn einer Beratung ein Kundeninformationsblatt. Darauf ist die Zulassung des Beraters vermerkt. Bei einem Honorar-Finanzanlagenberater sollte eine Registriernummer aus dem IHK-Vermittlerregister aufgeführt sein. Diese können Verbraucher über die Internetseite vermittlerregister.info überprüfen.
Die Sachkunde eines Beraters kann ein Kunde bloß schwer einschätzen. Viele Berater verfügen zwar über langjährige Berufserfahrung in der Finanzbranche, aber einen festen Qualifizierungsweg gibt es nicht. „Ein Indiz für fragwürdige Qualifikation könnte es sein, wenn der Berater in allen Gebieten (also zum Beispiel sowohl Versicherungen als auch Immobilien als auch Aktien-/ETF als auch Steuer- und Finanzierungsfragen) Expertenstatus für sich reklamiert“, erklärt Walz.
Anleger sollten außerdem das Beratungsangebot auf Interessenskonflikte prüfen. Etwa betrachtet Hartmut Walz Mischmodelle als „heikel“. Hierbei hat ein Berater beispielsweise im Geldanlagebereich eine Zulassung als Honorar-Finanzanlagenberater, aber im Versicherungsbereich als Versicherungsvermittler oder im Bereich Immobilienkredite als Immobiliendarlehensvermittler.
Der Berater arbeitet also bei Finanzanlagen auf Honorarbasis, aber vermittelt Immobiliendarlehen oder Versicherungen gegen Provision. Dadurch kann der Anreiz entstehen, dem Kunden eine nachteilige Anlage zu empfehlen – etwa den Kauf einer kreditfinanzierten Immobilie, obwohl zu wenig Eigenkapital vorhanden ist.
Das beste Honorarmodell dürfte ein Stundenhonorar oder eine pauschale Vergütung sein. Hier sind die Kosten der Beratung vollkommen transparent. Einzige Gefahr ist, dass der Berater einen zu großen Arbeitsaufwand vortäuscht.
Viele echte Honorarberater verlangen auch einen festen Prozentsatz für die Depotführung, zum Beispiel 1 Prozent des angelegten Vermögens pro Jahr. Hierbei besteht der Anreiz, möglichst viel Vermögen im Depot zu belassen anstatt andere Finanzlösungen zu empfehlen, etwa eine Anlage in physischen Edelmetallen, das vorzeitige Zurückzahlen von Schulden oder freiwilliges Einzahlen in die gesetzliche Rente. Zudem bleibt der Arbeitsaufwand gleich – egal, wie hoch das verwaltete Vermögen ist.
Walz lehnt die prozentuale Gebühr bei einer verwalteten Depotführung nicht grundsätzlich ab. Zwar bestünde ein Interessenkonflikt, aber dieser sei nicht besonders stark. Bei einer jährlichen prozentualen Gebühr würden jedoch möglicherweise Kleinanleger keinen Berater finden, während Vermögende zu viel bezahlen. Dem könne eine Staffelvergütung entgegenwirken. Dabei sinke die prozentuale Gebühr mit steigendem Depotvolumen. „Insgesamt sollten am Ende beide Partner/Parteien mit dem Vergütungsmodell zufrieden sein können“, erklärt Walz und fügt hinzu: „Ich kenne redliche Honorarberater, die trotz Fleiß kein auskömmliches Einkommen erreichen.“
Neben dem Honorar-Anlageberater nach §93 des Wertpapierhandelsgesetzes und dem Honorar-Finanzanlagenberater nach §34h der Gewerbeordnung gibt es noch weitere Berater außerhalb des Finanzanlagebereichs, die keine Provisionen annehmen dürfen. Diese sind der Versicherungsberater nach § 34d der Gewerbeordnung, der Honorar-Immobiliendarlehensberater nach §34i der Gewerbeordnung und der Rentenberater nach §10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Der Honorar-Anlageberater untersteht dabei der Aufsicht der Bafin, während der Honorar-Finanzanlagenberater vom lokalen IHK-Ableger beaufsichtigt wird. Der Honorar-Finanzanlagenberater darf je nach Zulassung Anteile an offenen Investmentvermögen, geschlossenen Investmentvermögen sowie Vermögensanlagen wie etwa Nachrangdarlehen oder stille Beteiligungen empfehlen. Der Honorar-Anlageberater darf neben Fonds auch zu Einzelwerten wie Aktien eines bestimmten Unternehmens oder einer bestimmten Anleihe raten.