Börse

Ölmarkt: Russland hat Deutschland weiterhin fest in der Hand

Lesezeit: 3 min
07.03.2022 19:18  Aktualisiert: 07.03.2022 19:18
Die beiden Ölmultis BP und Shell sowie der norwegische Staatskonzern Equinor haben wegen des Krieges ihre Zusammenarbeit mit Russland aufgegeben. Doch in Deutschland hält der russische Staatskonzern Rosneft noch einen gewichtigen Anteil am Ölmarkt. Noch läuft hier alles wie bisher, oder fast alles.
Ölmarkt: Russland hat Deutschland weiterhin fest in der Hand
Rosneft hat insgesamt einen hohen Anteil am deutschen Markt für Ölverarbeitung. (Foto: iStock.com/blinow61)
Foto: blinow61

„Die Versorgung über die Drushba-Pipeline läuft aktuell zuverlässig und ohne Probleme. Wir haben keine Informationen, dass sich hieran momentan etwas ändern wird“, sagte Viola Brocker, die Sprecherin der brandenburgischen Raffinerie PCK Schwedt auf Anfrage von Altersvorsorge Neu Gedacht.

Der Betrieb, der an der polnischen Grenze seinen Standort hat, gehört zu den wichtigsten Energieunternehmen Deutschlands und bezieht sein Erdöl aus Russland. Deswegen steht gerade diese Raffinerie nach dem Angriff der russischen Armee auf die Ukraine im Fokus.

Mehrheit gehört Rosneft

Der staatliche Konzern Rosneft kontrolliert hier den Mehrheitsanteil von 54,17 Prozent. Die weiteren Anteilseigner sind Shell (37,5 Prozent) und die italienische Eni (8,33 Prozent). PCK Schwedt versorgt nach eigenen Angaben Berlin und Brandenburg zu 90 Prozent mit Treibstoff. Wenn die Lieferungen aus Russland ausbleiben, dann steht der öffentliche Verkehr in der deutschen Hauptstadt still. Und dann können die Mitglieder der Bundesregierung nicht mehr in ihren Dienstfahrzeugen zur Arbeit fahren. Die Fabrik garantiert dem Land Brandenburg zudem wichtige Steuereinnahmen.

Doch noch hat Moskau nicht auf die westlichen Sanktionen und die sehr scharfe Verurteilung des Krieges durch die Bundesregierung reagiert und liefert weiterhin den Rohstoff ohne Störung nach Deutschland. Die größte europäische Volkswirtschaft ist der größte Absatzmarkt für die Russen auf dem Kontinent, der zusätzlich eine große strategisch wichtige Bedeutung hat.

Beteiligungen im ganzen Land

Dabei ist PCK Schwedt, das pro Jahr 11,6 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet, nicht die einzige Raffinerie in Deutschland, an der sich die Russen engagieren. Darüber hinaus hält Rosneft einen gewichtigen Minderheitsanteil von 28,57 Prozent an Bayernoil, das 10,3 Millionen Tonnen pro Jahr produziert. Zusätzlich engagiert sich der Staatskonzern bei der westdeutschen Mineralölraffinerie Oberrhein (Miro) mit einem Aktienpaket von 24 Prozent.

Damit kontrolliert Rosneft insgesamt einen Anteil am deutschen Markt für Ölverarbeitung von 12 Prozent. Dabei nimmt es den dritten Rang ein – und liegt folglich auf einem gewichtigen Platz. Der Ölverbrauch in Deutschland hat sich pro Jahr zwischen 2017 und 2020 zwar um 13,3 Prozent auf 2,127 Millionen Barrel verringert. Doch bleibt der Anteil an der gesamten Energie, die hierzulande verbraucht wird, weiterhin konstant bei 34 Prozent, wie der Ölmulti Aral auf seiner Website mitteilt. Den Löwenanteil davon benötigt der Straßenverkehr. Die Zahlen zeigen, wie wichtig Rosneft für die gesamte Energieversorgung Deutschlands ist.

Deutschland distanziert sich (noch) nicht

Deswegen haben sich die Deutschen auch nicht von ihrem russischen Partner distanzieren können, wie dies bereits in anderen Ländern der Fall ist. So haben Großbritannien mit BP, die Niederlande mit Royal Dutch Shell und Norwegen mit Equinor schon ihre russischen Engagements aufgekündigt.

Zuletzt hatte Anders Opedal, der Präsident und CEO von Equinor Russland noch einmal scharf attackiert: „Wir sind tief bestürzt über die Invasion in die Ukraine, die einen schrecklichen Rückschlag für die Welt bedeutet. Unsere Gedanken sind bei denjenigen, die unter der Militäraktion leiden“, erklärte der Manager. „In der aktuellen Situation sehen wir unser Engagement als unvertretbar an. Wir werden neue Investitionen in unser russisches Geschäft beenden“, so Opedal.

Immerhin hat die Bundesregierung einen kleinen Schritt in dieser Richtung unternommen. Die Marktmacht von Rosneft lässt sich zwar nicht so schnell reduzieren, doch versucht die deutsche Führung zu verhindern, dass der russische Staatskonzern noch stärker wird, als er ohnehin schon ist:

So haben die Russen im November 2021 eine Aufstockung ihres Anteils an PCK Schwedt angekündigt. Sie wollten das Aktienpaket des Mitaktionärs Shell übernehmen, der 37,5 Prozent hält.

Doch so einfach läuft die Übernahme jetzt doch nicht. Denn das Bundeswirtschaftsministerium hat sich nach Anfrage von Altersvorsorge Neu Gedacht eingeschaltet. „Mit Bezug auf die Übernahme zusätzlicher Anteile an der PCK Raffinerie GmbH durch die OAO Rosneft wurde ein Investitionsprüfverfahren eingeleitet“, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Er wies daraufhin, dass sich sein Ministerium aus Gründen des Datenschutzes nicht zu Einzelheiten laufender Investitionsprüfverfahren äußert.

ANG
Vorsorge
Vorsorge Aktivrente: Steuerfreies Arbeiten im Alter – was die Union plant und wer wirklich profitiert
30.05.2025

Immer mehr Menschen wollen oder müssen auch nach dem Renteneintritt weiterarbeiten – sei es aus finanziellen Gründen oder weil sie sich...

ANG
Immobilien
Immobilien Banken vergeben deutlich mehr Kredite für Wohnimmobilien
29.05.2025

Nach langer Flaute greifen Verbraucher wieder stärker bei Immobilienkrediten zu. Im ersten Quartal vergaben Banken neue Finanzierungen...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Stadt, Land, Sport: Wieso Stadtkinder oft fitter sind
27.05.2025

Wer als Kind nicht zum Fußball will, hat auf dem Land oftmals nicht viele andere Möglichkeiten. In der Stadt sieht das ganz anders aus....

ANG
Vorsorge
Vorsorge Die Rente reicht nicht?! Erfahrungsberichte übers Arbeiten im Alter
24.05.2025

Viele Menschen können ihre Rente genießen - doch für immer mehr Leute gilt das nicht. Sie müssen aus Geldsorgen weiter arbeiten.

ANG
Karriere
Karriere Chance auf Teilhabe junger Menschen hängt vom Wohnort ab
12.05.2025

Freizeit, Bildung, Mitbestimmung: Die Teilhabe-Chancen für junge Menschen sind sehr unterschiedlich. Wie stark der Wohnort über die...

ANG
Karriere
Karriere Familienministerin Prien befürwortet Lohnersatz für pflegende Angehörige
20.05.2025

Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) hat sich grundsätzlich dafür ausgesprochen, ein Familienpflegegeld als Lohnersatzleistung für...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Grüne warnen vor noch höheren Krankenkassenbeiträgen
20.05.2025

Die Grünen fordern angesichts der kritischen Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen Tempo bei Reformen für mehr Effizienz....

ANG
Vorsorge
Vorsorge Warken will mehr Kompetenzen für Pflegekräfte
12.05.2025

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken spricht sich für mehr Kompetenzen und bessere Arbeitsbedingungen für dringend benötigte...