„Die Versorgung über die Drushba-Pipeline läuft aktuell zuverlässig und ohne Probleme. Wir haben keine Informationen, dass sich hieran momentan etwas ändern wird“, sagte Viola Brocker, die Sprecherin der brandenburgischen Raffinerie PCK Schwedt auf Anfrage von Altersvorsorge Neu Gedacht.
Der Betrieb, der an der polnischen Grenze seinen Standort hat, gehört zu den wichtigsten Energieunternehmen Deutschlands und bezieht sein Erdöl aus Russland. Deswegen steht gerade diese Raffinerie nach dem Angriff der russischen Armee auf die Ukraine im Fokus.
Mehrheit gehört Rosneft
Der staatliche Konzern Rosneft kontrolliert hier den Mehrheitsanteil von 54,17 Prozent. Die weiteren Anteilseigner sind Shell (37,5 Prozent) und die italienische Eni (8,33 Prozent). PCK Schwedt versorgt nach eigenen Angaben Berlin und Brandenburg zu 90 Prozent mit Treibstoff. Wenn die Lieferungen aus Russland ausbleiben, dann steht der öffentliche Verkehr in der deutschen Hauptstadt still. Und dann können die Mitglieder der Bundesregierung nicht mehr in ihren Dienstfahrzeugen zur Arbeit fahren. Die Fabrik garantiert dem Land Brandenburg zudem wichtige Steuereinnahmen.
Doch noch hat Moskau nicht auf die westlichen Sanktionen und die sehr scharfe Verurteilung des Krieges durch die Bundesregierung reagiert und liefert weiterhin den Rohstoff ohne Störung nach Deutschland. Die größte europäische Volkswirtschaft ist der größte Absatzmarkt für die Russen auf dem Kontinent, der zusätzlich eine große strategisch wichtige Bedeutung hat.
Beteiligungen im ganzen Land
Dabei ist PCK Schwedt, das pro Jahr 11,6 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet, nicht die einzige Raffinerie in Deutschland, an der sich die Russen engagieren. Darüber hinaus hält Rosneft einen gewichtigen Minderheitsanteil von 28,57 Prozent an Bayernoil, das 10,3 Millionen Tonnen pro Jahr produziert. Zusätzlich engagiert sich der Staatskonzern bei der westdeutschen Mineralölraffinerie Oberrhein (Miro) mit einem Aktienpaket von 24 Prozent.
Damit kontrolliert Rosneft insgesamt einen Anteil am deutschen Markt für Ölverarbeitung von 12 Prozent. Dabei nimmt es den dritten Rang ein – und liegt folglich auf einem gewichtigen Platz. Der Ölverbrauch in Deutschland hat sich pro Jahr zwischen 2017 und 2020 zwar um 13,3 Prozent auf 2,127 Millionen Barrel verringert. Doch bleibt der Anteil an der gesamten Energie, die hierzulande verbraucht wird, weiterhin konstant bei 34 Prozent, wie der Ölmulti Aral auf seiner Website mitteilt. Den Löwenanteil davon benötigt der Straßenverkehr. Die Zahlen zeigen, wie wichtig Rosneft für die gesamte Energieversorgung Deutschlands ist.
Deutschland distanziert sich (noch) nicht
Deswegen haben sich die Deutschen auch nicht von ihrem russischen Partner distanzieren können, wie dies bereits in anderen Ländern der Fall ist. So haben Großbritannien mit BP, die Niederlande mit Royal Dutch Shell und Norwegen mit Equinor schon ihre russischen Engagements aufgekündigt.
Zuletzt hatte Anders Opedal, der Präsident und CEO von Equinor Russland noch einmal scharf attackiert: „Wir sind tief bestürzt über die Invasion in die Ukraine, die einen schrecklichen Rückschlag für die Welt bedeutet. Unsere Gedanken sind bei denjenigen, die unter der Militäraktion leiden“, erklärte der Manager. „In der aktuellen Situation sehen wir unser Engagement als unvertretbar an. Wir werden neue Investitionen in unser russisches Geschäft beenden“, so Opedal.
Immerhin hat die Bundesregierung einen kleinen Schritt in dieser Richtung unternommen. Die Marktmacht von Rosneft lässt sich zwar nicht so schnell reduzieren, doch versucht die deutsche Führung zu verhindern, dass der russische Staatskonzern noch stärker wird, als er ohnehin schon ist:
So haben die Russen im November 2021 eine Aufstockung ihres Anteils an PCK Schwedt angekündigt. Sie wollten das Aktienpaket des Mitaktionärs Shell übernehmen, der 37,5 Prozent hält.
Doch so einfach läuft die Übernahme jetzt doch nicht. Denn das Bundeswirtschaftsministerium hat sich nach Anfrage von Altersvorsorge Neu Gedacht eingeschaltet. „Mit Bezug auf die Übernahme zusätzlicher Anteile an der PCK Raffinerie GmbH durch die OAO Rosneft wurde ein Investitionsprüfverfahren eingeleitet“, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Er wies daraufhin, dass sich sein Ministerium aus Gründen des Datenschutzes nicht zu Einzelheiten laufender Investitionsprüfverfahren äußert.