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SPACs: Das steckt hinter dem „Börsengang durch die Hintertür“

Lesezeit: 2 min
08.04.2021 13:41  Aktualisiert: 08.04.2021 13:41
Kurz vor und um die Jahrtausendwende war die Spekulation mit „leeren Unternehmenshüllen“ ein heißes Thema. Fondsmanager Christoph Frank befasst sich mit den viel diskutierten Spacs und vergleicht sie mit den Börsenmänteln früher Tage.
SPACs: Das steckt hinter dem „Börsengang durch die Hintertür“
Wer eine „Mantelgesellschaft“ kauft, hat meist kein Interesse am operativen Geschäft, sondern an deren Börsennotiz. Die Idee ist, letztere für einen „Börsengang durch die Hintertür“ zu nutzen. (Foto: iStock.com/cyano66)
Foto: cyano66

Können Sie sich noch an den Begriff „Mantelspekulation“ erinnern? Kurz vor und um die Jahrtausendwende war diese Spekulation mit „leeren Unternehmenshüllen“ ein heißes Thema. Als „Börsenmantel“ verstehen Spezialisten eine Aktiengesellschaft, die ihr operatives Geschäft komplett oder überwiegend eingestellt hat, aber immer noch über eine Börsennotierung verfügt. Wer so eine „Mantelgesellschaft“ kauft, hat meist kein Interesse am operativen Geschäft, sondern an deren Börsennotiz. Die Idee ist, letztere für einen „Börsengang durch die Hintertür“ zu nutzen: Das börsenwillige Unternehmen führt in diesem Fall kein klassisches IPO inklusive zeit- und kostenaufwändiger Prospekterstellung durch, sondern schlüpft in den Mantel des bereits gelisteten Unternehmens und notiert durch diese Abkürzung sofort an der Börse.

Wer den richtigen Riecher hatte, welcher brachliegende Börsenmantel vor einer Wiederbelebung stand, konnte mit der anschließenden Neuausrichtung des kombinierten Konstrukts hohe Gewinne einfahren. Gesucht waren vor allem Gesellschaften, deren Börsenwerte im Verhältnis zum mutmaßlich einzubringenden Geschäft besonders niedrig waren. In diesem Fall wandelte sich manche missachtete Unternehmenshülle über Nacht vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan. Spektakuläre Beispiele wie die Einbringung der späteren Arques (heute Gigaset) in die insolvente Bad Salzschlirf AG 2001 hielten das Interesse von Spezialisten am Köcheln.

Ich fand dieses Thema seit jeher hochspannend und führte noch bis vor etwa 15 Jahren stets eine Watchlist von etwa 20 bis 50 Aktien, die mir grundsätzlich für eine Neuausrichtung geeignet erschienen. Vor allem während der langen New-Economy-Baisse von 2000 bis 2003, als ich auf der Suche nach Aktien war, deren Kurse sich möglichst unkorreliert mit der allgemeinen (Abwärts-)Richtung des Marktes entwickelten, wurde die Liste meiner Mantelkandidaten länger und länger.

Doch ab etwa 2005 ebbte mein Interesse deutlich ab. Neben persönlichen Gründen führten gesetzliche Änderungen (beispielsweise zur weiteren Nutzbarkeit von Verlustvorträgen) dazu, dass Mantelneuausrichtungen zunehmend uninteressanter und damit seltener wurden. Bis vor einigen Monaten hatte ich sogar den Eindruck gewonnen, das Thema „Mantelspekulationen“ sei am deutschen Kapitalmarkt so gut wie tot.

Doch nun feiert es mit leichten Modifikationen in Form der SPACs fröhliche Wiederauferstehung. Diese SPACs bzw. Special Purpose Acquisition Companies sind Mantelgesellschaften, die zunächst Kapital über einen Börsengang einsammeln und mit diesem anschließend ein noch zu bestimmendes, operativ tätiges Unternehmen kaufen.

Katze im Sack

Kommt Ihnen das bekannt vor? Die Grundstruktur ähnelt stark den Mantelspekulationen früherer Tage. Auch hier kaufen Anleger quasi die Katze im Sack. Anders als bei der meist mit einem dramatischen Discount versehenen Mantelspekulation kommen die SPACs in der Regel allerdings ohne Risikoabschlag an die Börse. Käufer eines SPAC müssen also darauf vertrauen, dass die Manager wirklich ein hochwertiges und nicht zu teures Unternehmen aufspüren, das sie in die leere Hülle packen können.

Nur wenn das gelingt, wird sich ein SPAC auch für Anleger auszahlen. Dieses spezifischen Risikos sollten sich Interessierte bewusst sein. Auch ist im Unterschied zu einem herkömmlichen Börsengang eine klassische Unternehmensanalyse, z. B. des Geschäftsmodells, des Firmenmanagements oder gar die Erhebung typischer Bewertungskennzahlen, nicht möglich, da das Zielunternehmen ja noch unbekannt ist.

Wer die Kompetenz und die Zeit hat, sich sehr ausführlich mit dem konkret angebotenen SPAC zu befassen, insbesondere auch mit dessen Gebühren und rechtlichen Besonderheiten, wer die Initiatoren kennt und deren Knowhow, Erfahrung und Vernetzung im Zielmarkt als hinreichend einstuft, für den oder die können SPACs interessante Anlagevehikel sein. Denn sie bieten auch einige Vorteile, beispielsweise den geringeren Zeitaufwand für ein IPO oder das Wegfallen aufwändiger Roadshows, was sich theoretisch auch in niedrigeren Gebühren niederschlagen könnte. In der Summe eignen sich SPACs m. E. aber nur für Profis – ganz wie die gute alte Mantelspekulation früherer Zeiten.

Zur Person: Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters steuert der seit über 20 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (WKN: DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds.

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