Die Corona-Krise verfestigt die Zinsflaute am Finanzmarkt, der Druck vor allem auf Pensionskassen wächst. Im vergangenen Jahr hätten rund 30 Pensionskassen finanzielle Unterstützung von ihren Trägerunternehmen oder Aktionären erhalten, die in der Regel auf mehrere Jahre gestreckt würden, berichtete Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Frank Grund. „Es bleibt aber abzuwarten, wie leistungsfähig die Trägerunternehmen selbst in der Corona-Krise bleiben.“
Die Finanzaufsicht Bafin hält derzeit rund 40 der mehr als 130 Pensionskassen und rund 20 von 80 Lebensversicherern unter verschärfter Beobachtung. Corona habe die größte Herausforderung für Pensionskassen und Lebensversicherer – das Niedrigzinsumfeld – noch verfestigt, sagte der Bafin-Exekutivdirektor bei der Online-Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht.
Erst jüngst hatte die Finanzaufsicht zwei Pensionskassen die Betriebserlaubnis entzogen, weil diese die Mindestkapitalanforderung nicht erfüllten und ihre Finanzierungspläne zur Beseitigung der Unterdeckung unzureichend seien. Die Untersagung war bereits 2018 angeordnet worden, nach einem Widerspruchsverfahren wurde sie am 1. Januar 2021 rechtskräftig.
Nach Angaben der Bafin haben in den vergangenen Jahren insgesamt 60 Pensionskassen ihr Neugeschäft eingestellt. Eine besondere Häufung von Fällen in der jüngsten Vergangenheit habe er aber nicht beobachtet, sagte Grund.
Nach seinen Angaben haben Lebensversicherer einen größeren Spielraum zur Bewältigung der wegen der Corona-Krise wohl noch Jahre anhaltenden Niedrigzinsen am Finanzmarkt. Das gelte vor allem für Produkte im Neugeschäft, sagte Grund. Erste Versicherer haben sich bei Neuverträgen beispielsweise von der vollständigen Garantie der eingezahlten Beiträge verabschiedet. In der Zinsflaute fällt es der Branche immer schwerer, die hohen Zusagen der Vergangenheit für den Altersvorsorgeklassiker am Finanzmarkt zu erwirtschaften.
Keine Entwarnung
Insgesamt zeigte sich Grund mit Blick auf die Lage der gesamten Versicherungsbranche verhalten optimistisch. „Für Entwarnung ist es dennoch zu früh“, mahnte er. „Wir wissen nicht, wie sich die Corona-Pandemie weiterentwickelt und wie schnell sich die nationale und internationale Realwirtschaft erholt.“
Das Bundesfinanzministerium hält eine Begrenzung der Kosten beim Verkauf von Lebensversicherungen weiter für notwendig. „Wir müssen immer noch über eine Begrenzung der Kosten sprechen“, sagte Finanzstaatssekretär Jörg Kukies bei der Veranstaltung. Die geplante Deckelung der Provisionen war mangels Einigung zwischen Union und SPD zurückgestellt worden. Die Deckelung der Abschlussprovision bei Restschuldversicherungen sei im Bundestag dagegen auf einem guten Weg, sagte Kukies.
Die Bundesregierung will es Verbrauchern einfacher machen, einen Kredit beispielsweise für den Hauskauf abzusichern. Die Restschuldversicherung springt ein, wenn der Darlehensnehmer arbeitsunfähig beziehungsweise arbeitslos wird oder stirbt. Zuletzt hatten Versicherer für die Vermittlung dieser Policen Provisionen von teils mehr als 50 Prozent der Versicherungsprämie geboten. Künftig sollen nur noch maximal 2,5 Prozent der versicherten Darlehenssumme erlaubt sein.
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