Nach vielen Jahren mit niedrigen Inflationsraten haben sich die allenthalben steigenden Preise in den letzten Monaten zu einem der entscheidenden Thema auf den Finanzmärken entwickelt. Investoren suchen nach möglichen Wegen, ihr Vermögen vor der um sich greifenden Inflation schützen. Ein traditioneller Schutz gegen Inflation ist das Gold. Doch der Goldpreis konnte zunächst überhaupt nicht von den Inflationssorgen profitieren. Entgegen den meisten anderen Anlagen stagnierten die Edelmetalle.
Diese Stagnation bei den Edelmetallpreisen war auf den ersten Blick erstaunlich. Ein entscheidender Grund dafür war wohl, dass Investoren wegen der höheren Inflationserwartungen und der steigenden Zinsen ein Einschreiten der US-Notenbank erwarteten. Sie glaubten offensichtlich, dass die Federal Reserve ihre Geldpolitik wieder straffen wird, was Gold weniger attraktiv machen würde. Doch dieser Glaube scheint nun verloren gegangen zu sein. Der Goldpreis notiert seit einer Woche wieder um 1.900 Dollar.
Auch an den Aktienmärkten zeigte sich zuletzt ein Umdenken. Investoren setzten wieder stärker auf traditionellere wertorientierte Aktien, die Dividenden zahlen und eine bessere Absicherung gegen Inflation bieten. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass der deutsche Aktienindex Dax und der US-Aktienindex Dow Jones um jeweils 2 Prozent zulegten, während der technologieorientierte US-Index NASDAQ seinen größten Rückgang seit Oktober letzten Jahres verzeichnete.
„Der Grund für die Schwäche des NASDAQ und die Stärke des Dow liegt darin, dass im Dow Jones mehr wertorientierte Aktien zu finden sind“, sagte letzte Woche der Analyst und Goldhändler Peter Schiff in seinem Podcast. „Natürlich ist Wert ein relativer Begriff. Ich meine, es sind vielleicht keine wertorientierten Aktien in einem absoluten Sinne, dass sie echte Schnäppchen sind. Aber sie sind wertvoll im Vergleich zu diesen aufgeblasenen Momentum-Aktien.“
Für Gold und Silber war der Mai ein guter Monat. Beide Edelmetalle stiegen jeweils um etwa 7,5 Prozent. Gold hatte seinen besten monatlichen Zuwachs seit Juli letzten Jahres und schloss den Monat über 1.900 Dollar. Schiff zufolge war die wichtigste Entwicklung auf dem Goldmarkt die Reaktion der Märkte auf den unerwartet starken Konsumanstieg. Dieser wichtige Inflationsindikator stieg im April um 3,6 Prozent und damit viel stärker als erwartet.
Sobald diese Zahlen veröffentlicht worden waren, fiel der Goldpreis um etwa 15 Prozent. Dies ist wie gesagt kontraintuitiv, da eine höhere Inflation bedeutet, dass der Dollar an Wert verliert. Es wäre als intuitiv, dass Investoren die höhere Inflation durch den Kauf von Gold absichern wollen. Doch die Märkte erwarten wie gesagt, dass die US-Zentralbank versuchen wird, die Inflation durch eine straffere Geldpolitik und höhere Zinssätze einzudämmen, was Gold weniger attraktiv macht.
Doch nach Ansicht von Peter Schiff werden die Händler letztendlich erkennen müssen, dass die Fed die Inflation gar nicht bekämpfen wird. „Sie wird ihre Geldpolitik nicht straffen. Und so wird die Inflation den Wert dieser Dollars weiter aushöhlen.“ Tatsächlich gebe es schon Anzeichen dafür, dass die Händler sich dieser Realität bewusst werden. So machte der Goldpreis am letzten Freitag alle seine anfänglichen Verluste wieder wett und schloss den Tag sogar noch mit einem Plus ab.
„Ich halte dies für sehr bedeutsam, weil es mir zeigt, dass die Händler die Realität erkennen, dass die Inflation für den Dollar negativ und für Gold positiv ist, und dass sie beginnen zu begreifen, dass es keine Rolle spielt, wie viel die Fed über ihre Bereitschaft, Absichten oder Fähigkeit zur Inflationsbekämpfung prahlt“, so Schiff. Die Fed werde nicht einmal versuchen, die Inflation zu bekämpfen, weil sie es gar nicht könne. Wenn diese Einschätzung zutrifft, sollten sich bald deutliche Kursgewinne bei Gold und Silber zeigen.