Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat Aussagen der Arbeitgeber über eine längere Lebensarbeitszeit zurückgewiesen. „Wer Debatten über ein höheres Rentenalter anstößt, soll ehrlich zugeben, dass er eine Rentenkürzung durch die Hintertür will. Denn viele Beschäftigte schaffen es schon heute nicht, gesund bis zur Rente durchzuhalten“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „So würde absehbar die Zahl der Arbeitslosen und Kranken vor Renteneintritt steigen, weil viele gar nicht länger arbeiten können.“ Kritik kam auch von der IG Metall.
Die Arbeitgeber hatten eine Debatte über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Deutschland gefordert. Das Rentensystem werde nicht dauerhaft in seiner heutigen Form bestehen können, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der dpa. Piel entgegnete, mehr auf private Vorsorge zu setzen, stärke letztlich nur die private Versicherungswirtschaft. „Die Renditen solcher Politik würden Reiche und Unternehmen einsammeln. Das Nachsehen hätten die Erwerbstätigen und Rentnerinnen und Rentner. Es kann eben nicht jeder privat vorsorgen, damit die Rente im Alter reicht.“
Konflikt zwischen Kapital und Arbeit
Die Finanzierung der Rente sei in der Tat eine Verteilungsfrage. „Aber die wahre Konfliktlinie liegt hier zwischen Kapital und Arbeit und nicht zwischen den Generationen. Wir wollen, dass diese Frage solidarisch und gesamtgesellschaftlich gelöst wird. Dabei darf es zudem keine Taschenspielertricks zu Lasten der Sozialversicherungen und der in ihnen versicherten Erwerbstätigen geben.“ Beschäftigungsverhältnisse müssten ausnahmslos in allen Zweigen der Sozialversicherung abgesichert sein.
IG Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban nannte die Forderungen von Dulger „sachlich falsch und sozial verantwortungslos“: Bereits heute zahlten Beschäftigte nach Erreichen der Regelaltersgrenze keine Beiträge mehr zur Arbeitslosenversicherung, sagte Urban der dpa. „Wer die Altersgrenze zur Rentenversicherung weiter anheben und die Beschäftigten zusätzlich drängen will, weitere Einkommensbestandteile in die immer volatilere private Alterssicherung zu geben, betreibt Sozialabbau mit unlauteren Mitteln und Motiven.“ Dulger hatte gesagt, es ergebe etwa wenig Sinn, wenn jemand, der sich entschieden habe, länger zu arbeiten, weiter in die Arbeitslosenversicherung einzahle. „Denn er kann ja gar nicht mehr arbeitslos werden.“ Würde man Betroffenen diese Beiträge erlassen oder das Geld für die private Altersvorsorge einsetzen, dann wäre das ein echter Anreiz.