Geldanlage

Kontogebühren: Banken drehen an der Kostenschraube

Lesezeit: 4 min
16.08.2021 18:01  Aktualisiert: 16.08.2021 18:01
Gratis war einmal. In der Zinsflaute drehen die Kreditinstitute immer weiter an bestimmten Stellschrauben. So werden etwa Einzelposten teurer oder kostenlose Konten an Bedingungen geknüpft.
Kontogebühren: Banken drehen an der Kostenschraube
Das Sparschwein bringt zwar keine Zinsen – so wie die Banken –kostet jedoch auch keine Gebühren. (Foto: Pixabay)

Die Suche nach einem kostenlosen Girokonto ohne Bedingungen wird nach Einschätzung der Stiftung Warentest zunehmend schwieriger. „Auffällig ist, dass Gebühren erhöht werden, eingeführt werden oder kostenlose Konten mit Bedingungen verknüpft werden, beispielsweise einem monatlichen Geldeingang“, sagte Finanztest-Expertin Heike Nicodemus der Deutschen Presse-Agentur.

Bei einer Auswertung von rund 380 Modellen von 152 Banken und Sparkassen fanden die Tester 14 Konten, die ohne Bedingungen kostenlos waren. Vor einem Jahr waren es noch 20. Den Angaben zufolge sind zehn der kostenlosen Modelle bei Kreditinstituten mit Filialen, die anderen bei Direktbanken.

Weniger als 60 Euro im Jahr günstig

Als kostenlos definiert die Stiftung Warentest: keine Grundgebühr, keine Gebühr für Kontoauszug, Buchungen, Girocard und beim Geldabheben am Automaten im eigenen Bankenpool sowie keine Bedingungen wie regelmäßiger Geld- und Gehaltseingang in einer bestimmten Höhe. Zugrundegelegt für die Auswertung in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Finanztest (9/2021) wurde eine Modellkundin. Sie bekommt ein regelmäßiges Gehalt, führt das Konto online und nutzt es durchschnittlich.

Weitere 90 Konten, die einschließlich Girocard und allen Buchungen nicht mehr als 60 Euro im Jahr kosten, sind aus Sicht der Experten günstig. „Denn die Bank wickelt Buchungen ab, stellt Geldautomaten und sichere Technik für das Onlinebanking bereit. Wir stellen dabei allerdings fest, dass immer weniger Konten deutlich unter 60 Euro liegen“, berichtete Nicodemus.

„Generell drehen die Kreditinstitute an verschiedenen Stellschrauben, so dass die Erhöhungen nicht so auffallen“, sagte die Expertin. „So werden tendenziell Überweisungen in Papierform teurer, ebenso Kreditkarten.“ Problematisch sei, dass die Entgeltinformationen auf Webseiten der Institute oft sehr versteckt seien.

BGH kassierte Erhöhungen

Gebührenerhöhungen hatte der Bundesgerichtshof zuletzt insofern Grenzen gesetzt, als Banken bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Die Klausel, wonach Geldhäuser von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen können, wenn Kunden einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen, benachteilige Kunden unangemessen, hatte das Gericht im April entschieden.

Kreditinstitute müssen Kunden nun im Nachhinein um Zustimmung zu den aktuellen Gebühren bitten. Zudem können Bankkunden Gebühren, die Institute ohne explizite Einwilligung erhoben hatten, zurückfordern – nach erster Einschätzung der Stiftung Warentest rückwirkend bis mindestens zum 1. Januar 2018. Allerdings rechnet sie damit, dass die meisten Institute die Kontogebühren nicht freiwillig zurückzahlen dürften.

Verbraucherschützer haben für diesen Fall bereits mit einer Klage gedroht. „Wenn wir jetzt nicht sehen, dass die unzulässigen Kontogebühren erstattet werden, dann werden wir in eine zweite Runde vor Gericht ziehen“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Klaus Müller, jüngst im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Druck durch Niedrigzinsen

Finanzhäuser drehen seit Jahren an der Gebührenschraube. Niedrigzinsen setzen die Institute unter Druck. Zudem müssen die Geldhäuser 0,5 Prozent Negativzinsen zahlen, wenn sie bei der Europäischen Zentralbank Geld parken. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, klagt die Branche über Milliardenbelastungen.

Auch wegen der fortschreitenden Digitalisierung werden in Deutschland zudem immer mehr Bankfilialen geschlossen. Im vergangenen Jahr sank die Zahl nach Angaben der Bundesbank um 9,6 Prozent auf 24.100. Insgesamt wurden 2567 Zweigstellen geschlossen, nach 1772 im Jahr 2019.

Die Stiftung Warentest, die in staatlichem Auftrag eine kostenlose Webseite zum Girokontenvergleich betreibt, wertete die Konditionen von Girokonten mit Gültigkeit bis 31. August aus. Untersucht wurden alle bundesweiten Finanzhäuser sowie Direkt- und Kirchenbanken, alle Sparda- und PSD-Banken sowie die größten Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken je Bundesland. Sie decken den Angaben zufolge etwa 70 Prozent des Marktes ab.

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Vorsorge
Vorsorge Wagenknecht fordert 120 Euro mehr Rente für alle
09.12.2024

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert eine sofortige Rentenerhöhung um 120 Euro für alle Rentner in Deutschland. Sie argumentiert, dass...

ANG
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt - Trübe Aussichten für Häuser mit Öl- und Gasheizung
09.12.2024

Die Zukunft des Immobilienmarkts gehört energieeffizienten Gebäuden. Häuser mit Öl- oder Gasheizung verlieren zunehmend an Wert,...

ANG
Börse
Börse Dax knackt nächsten Rekord - erstmals über 20.000 Punkten
03.12.2024

Inmitten globaler Krisen erobert der Leitindex die nächste Rekordmarke, auch Bitcoin und Gold sind begehrt. Wie passt die Euphorie...

ANG
Geldanlage
Geldanlage EZB-Direktorin Schnabel warnt vor zu starken Zinssenkungen in der Eurozone
29.11.2024

Isabel Schnabel, Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB), warnt vor zu drastischen Zinssenkungen in der Eurozone. Sie fordert, die...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Später in Rente: Bundesbank-Chef Nagel fordert längere Lebensarbeitszeit
26.11.2024

Bundesbank-Chef Joachim Nagel fordert Reformen angesichts der schwachen deutschen Wirtschaft. Er spricht sich für ein höheres...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Finanzen 2025 meistern: 7 einfache Schritte für mehr finanzielle Sicherheit
20.11.2024

Die ständig wachsenden Lebenshaltungskosten – von Miete über Energie bis hin zu Lebensmitteln und Kfz-Versicherungen – setzen viele...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Europas Sparer profitieren: Trade Republic gibt vollen EZB-Zins weiter
19.11.2024

Trade Republic erweitert sein Angebot: Mit der schrittweisen Einführung der Girokontofunktion können Kunden künftig Geld überweisen,...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Altersarmut auf Rekordniveau: Millionen Senioren betroffen
19.11.2024

Altersarmut erreicht ein Rekordniveau: Über 3,2 Millionen Menschen ab 65 Jahren leben mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens....