Börse

Geldanlage: Das klassische Portfolio ist am Ende, doch die Alternativen sind riskant

Lesezeit: 4 min
21.09.2021 17:00  Aktualisiert: 21.09.2021 17:00
Infolge der Geldpolitik der letzten Jahrzehnte ist das traditionelle 60/40-Portfolio für Anleger kaum noch attraktiv. Doch die Umschichtung im Portfolio bringt einige Risiken mit sich.
Geldanlage: Das klassische Portfolio ist am Ende, doch die Alternativen sind riskant
Die 40 Prozent im Portfolio sind zum Problem geworden. (Foto: Pixabay)

Das Standard-Portfolio war lange Zeit das berühmte 60/40-Portfolio, das zu 60 Prozent aus Aktien und zu 40 Prozent aus Anleihen besteht. Dabei nutzen Investoren die Anleihen, um die Risiken der Aktien in ihren Portfolios auszugleichen. Doch dieser Ansatz steht vor dem Hintergrund des sich stark verändernden Investmentrahmens zunehmend auf dem Prüfstand.

Einst konnten Anleihen durchaus noch mit angemessenen Renditen aufwarten. So erhielt man etwa 1995 noch mehr als 6 Prozent Zinsen auf zehnjährige Bundesanleihen. Doch seitdem sind die Zinsen immer weiter gefallen. Seit rund zwei Jahren erhalten Investoren nur noch Negativzinsen, sie müssen also dafür zahlen, dass sie Bundesanleihen in ihren Portfolios halten dürfen.

Für die Zukunft ist auch nicht zu erwarten, dass die Zinsen wieder ein historisch normales Niveau erreichen werden. Davor werden die Notenbanken, so lange es geht, zurückschrecken, weil höhere Zinsen die Finanzmärkte crashen lassen würden. Viele Unternehmen und Staaten könnten die höheren Zinsen aus ihren Einnahmen gar nicht bezahlen.

Negative reale Renditen

In den kommenden Jahren, wenn die Inflation anzieht, dürfte sich das Problem für die Anleger sogar noch verstärken. Denn niedrige oder sogar negative Zinsen kombiniert mit höheren Inflationsraten bedeuten stark negative reale Renditen. Für Investoren wird es also wohl noch deutlich teurer werden, Anleihen in ihren Portfolios zu halten.

Für eine gewisse Zeit mögen Anleger durchaus bereit sind, etwas Geld zu verlieren, wenn sie sich auf diese Weise gegen anderweitige Risiken absichern können. Doch wenn deutlich wird, dass das Problem ein strukturelles Problem ist, das voraussichtlich anhalten wird, dann werden sich die Anleger gezwungen sehen, in alternative Investments umzuschichten.

Vor diesem Hintergrund hat das Interesse an diversifizierenden Lösungen bereits stark zugenommen. Immer mehr Anleger erkennen, dass das 60/40-Portfolio nicht mehr funktioniert. Der Besitz von Anleihen zu stark negativen Realzinsen bedeutet einen garantierten Verlust. Doch tatsächlich gibt es nur relativ wenige Anlageformen zur Diversifikation, mit denen man die Anleihen im Portfolio ersetzen könnte.

Kommt der "beispiellose" Aktien-Boom?

Vor diesem Hintergrund warnt Eric Peters, CEO des Hedgefonds One River Asset Management, vor den Folgen einer einsetzenden Umschichtung weg von Anleihen. "Einige Anleger könnten zu dem Schluss kommen, dass sie nicht bereit sind, stark negative Realrenditen hinzunehmen. Sie werden ihre Anleihen verkaufen. Statt einzigartige Diversifikatoren zu kaufen, könnten sie alles auf eine Karte setzen und die Erlöse aus den Anleiheverkäufen in Aktien reinvestieren."

Nach Ansicht des Hedgefonds-Chefs würde dieser Zufluss die Aktienkurse in die Höhe treiben. "Anleger, die diese Strategie verfolgen, werden zunächst besser abschneiden als ihre Konkurrenten, was wiederum ihre Konkurrenten unter Druck setzt, diese Strategie zu verfolgen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten." Ein solcher Prozess habe das Potential, sehr "reflexiv" zu sein, könnte also stark von den Erwartungen getrieben werden, dass der Prozess so eintritt.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Prozess abläuft? Peters sagt: "In einer Welt mit einem noch nie dagewesenen Angebot an Anleihen, negativen Zinsen, hoher Inflation und dem Widerwillen der Zentralbanker, die Geldpolitik zu normalisieren, würde ich eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 25 Prozent ansetzen, möglicherweise höher."

Peters zufolge wäre eine solche Umschichtung in Aktien "anfällig für wilde Bewegungen", es könnte einen "beispiellosen" Aktien-Boom geben und dann einen Einbruch. "Vielleicht ist der Prozess bereits im Gange. Wenn er sich durchsetzt, wird er zunächst als ein stabiles Paradigma erscheinen. Im Laufe der Zeit würde es zunehmend instabiler werden."

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Geldanlage
Geldanlage Finanzen 2025 meistern: 7 einfache Schritte für mehr finanzielle Sicherheit
20.11.2024

Die ständig wachsenden Lebenshaltungskosten – von Miete über Energie bis hin zu Lebensmitteln und Kfz-Versicherungen – setzen viele...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Europas Sparer profitieren: Trade Republic gibt vollen EZB-Zins weiter
19.11.2024

Trade Republic erweitert sein Angebot: Mit der schrittweisen Einführung der Girokontofunktion können Kunden künftig Geld überweisen,...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Altersarmut auf Rekordniveau: Millionen Senioren betroffen
19.11.2024

Altersarmut erreicht ein Rekordniveau: Über 3,2 Millionen Menschen ab 65 Jahren leben mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens....

ANG
Geldanlage
Geldanlage Reichtum erlangen: Fünf Wege, wie Ihr Geld für Sie arbeiten kann
12.11.2024

Reichtum allein durch Arbeit? Das ist selten. Dieser Artikel beleuchtet fünf Wege, wie Wohlstand aufgebaut werden kann – von Erbschaften...

ANG
Börse
Börse Goldpreis verliert nach US-Wahl an Boden - dennoch mehr Goldinvestoren
06.11.2024

Nach den turbulenten Wochen rund um die US-Wahl verzeichnet der Goldpreis am Mittwoch Verluste – das Interesse in Europa an...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Commerzbank bekräftigt in Übernahmekampf Rekordziel
06.11.2024

Im Ringen mit der italienischen Großbank Unicredit will die Commerzbank mit guten Zahlen punkten. Im Sommer ging der Gewinn des...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Altersarmut in Deutschland: Grundsicherung wird zur Belastung
06.11.2024

Die Ampel-Koalition kämpft mit großen Finanzlücken im Haushalt 2025 – besonders bei der Grundsicherung für einkommensschwache Rentner...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Mit ABC den Schmerz bekämpfen – Kongress berät Möglichkeiten
22.10.2024

Viele Menschen leiden unter chronischen Schmerzen, doch es gibt nur wenige Therapiemöglichkeiten. Welche Rolle könnte ABC spielen? Auf...