Geldanlage

Frugalismus: Mit dieser Strategie können Sie früher in Rente

Lesezeit: 7 min
31.01.2022 16:18  Aktualisiert: 31.01.2022 16:18
Frugalismus ist ein Konzept, mit dem man schon Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand gehen kann. Oder, auch nicht schlecht: Man arbeitet, wann man will und macht, wozu man Lust hat. Was sich hinter diesem Trend verbirgt und welche Tipps Sie sich für ihren Alltag abschauen können, erfahren Sie hier.
Frugalismus: Mit dieser Strategie können Sie früher in Rente
Frugalisten sparen so viel wie möglich und lassen dann das Geld für sich arbeiten. (Foto: iStock.com/AndreyPopov)
Foto: AndreyPopov

Der Begriff Frugalismus hat seine Wurzeln in der lateinischen Sprache, nämlich in dem lateinischen Verb frugalis, was auf Deutsch so viel wie „wirtschaftlich oder sparsam“ bedeutet. Im DUDEN findet man das Adjektiv „frugal“ in der heutigen Bedeutung als „anspruchslos, bescheiden, einfach, genügsam, schlicht oder spartanisch“. Und damit ist die Idee, die sich hinter dem Frugalismus verbirgt, ziemlich gut beschrieben.

Denn Personen, die frugal leben, versuchen auf unnötigen Konsum zu verzichten und wirklich nur diejenigen Dinge zu kaufen, die unbedingt notwendig sind. So versuchen sie, einen möglichst großen Teil ihrer monatlichen Einnahmen sparen zu können.

Geld soll arbeiten

Zum Frugalismus gehört aber auch, dass die gesparten Einnahmen nicht einfach auf dem Konto liegen bleiben. Die meisten Frugalisten beschäftigen sich mit dem Thema Finanzen und Anlagemöglichkeiten, um ihr Geld möglichst gewinnbringend investieren zu können. Im Idealfall ist die Rendite dabei so hoch, dass sie schon mit 40 oder 45 nicht mehr zu arbeiten brauchen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Frugalisten versuchen also möglichst schnell genügend Rücklagen zu bilden, um finanziell unabhängig zu werden und nur noch dann zu arbeiten, wenn sie es möchten.

Der Frugalismus stammt aus den USA, wo er auch unter der Bezeichnung FIRE bekannt ist. Das Akronym FIRE steht für: F = Financial, I = Independence, R = Retire, E = Early.

Zu Deutsch: Finanzielle Unabhängigkeit, baldige Rente. Und auch einer der bekannten Frugalisten stammt aus den USA: Peter Adeney, der auf seinem Blog mrmoneymustache.com Interessierte an seinem Leben teilhaben lässt und Tipps zur frugalen Lebensweise mit ihnen teilt.

Frugalismus: Unterschied zum Minimalismus

Auch Minimalisten versuchen so wenig materielle Dinge wie möglich anzuschaffen. In diesem Punkt ähneln sich der Frugalismus und der Minimalismus. Der Unterschied liegt jedoch im theoretischen Überbau: Bei den Minimalisten liegt das erklärte Ziel darin, möglichst wenig zu konsumieren und sich auf das Wesentliche zu beschränken. Dass sie mit dieser Lebenseinstellung Geld sparen, ist ein netter Nebeneffekt.

Bei den Frugalisten dagegen liegt der Fokus auf dem Sparen. Sie möchten finanzielle Freiheit erreichen, indem sie einen möglichst großen Teil ihres monatlichen Einkommens sparen. Das geht damit einher, dass die Anschaffungen auf das Wesentliche beschränkt werden.

Das Ergebnis (weniger Konsum) ist bei Minimalisten und Frugalisten ähnlich, die Motive sind jedoch andere.

Wie funktioniert der Frugalismus?

Wie leben Menschen, die sich zum Ziel gesetzt haben, schon mit 40 oder mit 45 Jahren in Rente zu gehen – oder zumindest nur noch die Jobs zu machen, die ihnen wirklich Freude bereiten?

Zunächst einmal halten sich diese Personen an die Grundprinzipien des Frugalismus, nämlich:

Ein möglichst großer Teil des monatlichen Einkommens wird gespart. Wer genügend Vermögen aufbauen möchte, um finanzielle Freiheit zu erlangen, sollte monatlich mindestens 30 Prozent seines Einkommens sparen. Einige Frugalisten schaffen es sogar, 50 oder gar 70 Prozent anzulegen.

Um die monatliche Sparquote zu optimieren, werden die Ausgaben minimiert. Restaurantbesuche oder teure Kleidung leisten sich Frugalisten nicht. Stattdessen kochen sie selbst und kaufen Second Hand.

Die Reduktion der Kosten gilt auch für die Freizeitgestaltung. Frugalisten verreisen nur selten und schränken Theater- und Konzertbesuche möglichst komplett ein.

Die 25er-Methode / 4-Prozent-Regel

Für Frugalisten ist die magische Schwelle erreicht, wenn Sie das 25-Fache dessen, was sie üblicherweise pro Jahr ausgeben, angespart haben. Sie rechnen nämlich damit, dass die Zinserträge, Dividenden und sonstige Rendite ihrer Geldanlage ab diesem Betrag dazu ausreicht, die laufenden monatlichen Kosten zu decken.

Diese Methode ist auch unter dem Namen 4-Prozent-Regel bekannt. Und warum das so ist, erklärt das folgende Beispiel:

Frugalisten, die 30.000 Euro pro Jahr ausgeben, müssen das 25-Fache dieses Betrags, also 750.000 Euro ansparen. Diese Summe macht es möglich, dass sie jährlich vier Prozent, also jene 30.000 Euro, aus dem Vermögen entnehmen können, um damit ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Sofern das Geld gut investiert ist, sollte eine jährliche Rendite von vier Prozent durchaus möglich sein. Zum Vergleich: Wer Ende des Jahres 1980 in den Dax investierte, erzielte bis Ende 2021 eine durchschnittlich jährliche Rendite von 8,9 Prozent und damit mehr als das Doppelte, was gemäß der 4-Prozent-Regel nötig ist, um die laufenden Kosten zu decken, ohne dass das angesparte Vermögen schrumpft.

Wann können Frugalisten in Ruhestand gehen?

Nicht jeder, der frugal lebt, schafft es, tatsächlich schon mit 40 oder 45 Jahren in Ruhestand zu gehen. Denn der Zeitpunkt, wann das 25-Fache der jährlichen Ausgaben angespart ist, hängt von ganz individuellen Faktoren ab.

Als Daumenregel gilt jedoch, dass bei einer monatlichen Sparquote von 50 Prozent des Einkommens das Ziel nach 17 Jahren erreicht ist. Frugalisten, die sogar 75 Prozent ihrer monatlichen Einnahmen sparen können, haben schon nach sieben Jahren genügend Rücklagen gebildet, um in Rente zu gehen.

Übrigens: Die meisten Frugalisten klammern bei dieser Rechnung die gesetzliche Rente komplett aus. Das ist auch sinnvoll. Denn wer tatsächlich schon mit 44 Jahren in Rente geht, zahlt 24 Jahre keine Beiträge in die Rentenversicherung ein. Ob und in welcher Höhe Frugalisten nach Erreichen der Regelaltersgrenze Rente bekommen, ist fraglich und sollte unbedingt im Voraus abgeklärt werden.

Wie leben Frugalisten? Tipps für für finanzielle Unabhängigkeit

Zugegeben, der Lebensstil der Frugalisten ist nicht für jeden gemacht. Allein schon deshalb, weil es heutzutage immer weniger Menschen gibt, die 50 Prozent ihres monatlichen Einkommens sparen können. Laut einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung muss fast jeder zweite Haushalt in Großstädten mehr als 30 Prozent des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens für Warmmiete plus Nebenkosten ausgeben. Da wird es schwierig, die angepeilte Sparquote von 50 Prozent des monatlichen Einkommens zu erreichen.

Trotzdem oder gerade deshalb, kann man sich mit den Kniffen der frugalen Lebensweise beschäftigen, um möglichst viel Geld zurückzulegen:

Überblick über Ausgaben verschaffen: Zunächst einmal sollten Sie Buch darüber führen, wie viel Geld Sie pro Monat ausgeben und vor allem wofür. Nur wenn Sie einen Überblick über ihren Konsum haben, haben Sie die Chance, an einigen Stellen ihre Ausgaben zu optimieren. Das klassische Haushaltsbuch ist immer noch eine gute Wahl, um die monatlichen Ein- und Ausgaben miteinander in Beziehung zu setzen – heutzutage bietet sich die Excelvariante an.

Unnötige Fixkosten streichen: Vielleicht gehören Sie auch zu den Personen, die zu viele Versicherungen haben oder Sie haben einen teuren Handyvertrag, den Sie dar nicht brauchen. Auch bei Strom- und Heizkosten lassen sich hin und wieder ein paar Euro sparen, wenn man regelmäßig den Anbieter wechselt. Überprüfen Sie die Posten, die Sie in ihrem Haushaltsbuch aufgelistet haben, daraufhin, ob Sie einige Verträge kündigen oder den Anbieter wechseln können und so Geld zur Verfügung haben, das Sie anlegen können.

Kleine Ziele setzen: Wenn Sie nicht sofort 50 Prozent ihres monatlichen Einkommens sparen und fortan frugal leben möchten, sollten Sie sich kleine Teilziele setzen. Beispielsweise, dass Sie zukünftig 50 Euro pro Monat in einen ETF-Sparplan investieren möchten. Diese Summe könne häufig auch Studenten entbehren und so für ihren Ruhestand vorsorgen.

Selbst bewegen, statt fahren: Gerade in Städten ist das Fahrrad eine gute und vor allem günstige Alternative zum Auto oder gar zum ÖPNV. Sie sparen nicht nur Geld, wenn Sie in die Pedale treten statt sich fahren zu lassen, sondern tun auch noch etwas Gutes für die Umwelt – und Ihre Gesundheit.

***

Julia-Eva Seifert arbeitet als freie Journalistin und schreibt am liebsten zu Themen aus dem HR-Bereich, da sie u.a. als Headhunter gearbeitet hat.

 

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