Haben Sie sich auch gerade beim Lesen der Überschrift gefragt, ob diese Aussage auf Sie persönlich oder auf Ihren Vorgesetzten zutrifft? Damit sind Sie nicht der Einzige! In der Tat gibt es bereits viel Literatur und gut gemeinte Ratschläge, wie sich eine Führungskraft zu verhalten oder wie sie sich in ihre neue Führungsrolle am besten einzufinden hat. Aber wie so oft gilt auch hier: Theorie ist nicht gleich Praxis. Führungskräfte, die „Leader“ sein möchten, müssen neben ihrer fachlichen Expertise den Mitarbeitern nicht nur Halt und Orientierung geben, sondern auch selbst als motivierende und inspirierende Vorbilder wahrgenommen werden.
Ein Beispiel eines erfolgreichen Unternehmers, der in diesem Zusammenhang stets genannt wird, ist Apple-Innovator Steve Jobs. Jobs verkörperte zu Lebzeiten zwar einerseits den teils unnahbaren „Leader“, aber zugleich konnte er seine Angestellten immer wieder für seine Ideen motivieren und begeistern. Auch in der oft zitierten Aussage Jobs über das Thema Mitarbeiterführung („Es macht keinen Sinn, kluge Köpfe einzustellen und ihnen dann zu sagen, was sie zu tun haben. Wir stellen kluge Köpfe ein, damit sie uns sagen, was wir tun können“) liegt die Erkenntnis, die vielen unerfahrenen Führungspersönlichkeiten oftmals fehlt. Ein „Leader“ muss seinen Mitarbeitern Vertrauen schenken und Verantwortung übertragen, um Innovationen schneller voranzubringen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern zu können. Dass Apple mit dieser Strategie bis zum heutigen Tag überzeugen konnte, beweist jüngst das „Best Global Brands Ranking“: Apple wurde mit rund 408 Milliarden US-Dollar wieder zur wertvollsten Marke der Welt gekürt.
Neue Arbeitswelt
Der weltweite Pandemie-Ausbruch hat innerhalb kürzester Zeit viele Arbeitsweisen „über den Haufen geworfen“ und auch das Verständnis vieler Führungskräfte neu geschärft. Dies war jedoch nicht immer so. In den 50er- und 60er-Jahren lag es beispielsweise in der Hand der Führungskraft, Aufgaben zu verteilen, Anweisungen zu geben und die Mitarbeiter hinsichtlich der Aufgabenerfüllung zu kontrollieren. Dieser patriarchalische Führungsstil wurde zunehmend in den 70er- bis 90er-Jahren infrage gestellt, da durch die zunehmende Komplexität der Aufgabenstellung eine höhere Eigenverantwortung seitens der einzelnen Mitarbeiter abverlangt wurde. So entstand sukzessive eine kooperative Führungskultur, in der die Führungskraft Ziele vorgab, Aufgaben delegierte und auch Verantwortung abgab. Seit dem 21. Jahr-hundert ist die moderne Führungskultur mehr auf das Miteinander, „Empowerment“ sowie die Förderung nach Engagement fokussiert.
Was unterscheidet nun aber einen erfolgreichen „Leader“ von einem gewöhnlichen Vorgesetzten, der nur Dienst nach Vorschrift leistet? Im Zusammenhang mit dieser Frage können aufgrund jahrzehntelanger Führungsforschung die nachfolgenden Persönlichkeitsmerkmale konstatiert werden:
Emotionale Stabilität: Die Macht der Gefühle beeinflusst unser Handeln, sei es im Privaten oder auf der Arbeit im Büro. Gerade Führungskräften kommt hier eine besondere Rolle zu. Erfolgreiche „Leader“ müssen nicht nur die eigenen Gefühle richtig einzuschätzen wissen und unter Stress „ihre Frau“ bzw. „ihren Mann“ stehen, sondern auch feinfühlig auf die Emotionen ihrer Mitarbeiter reagieren. Wenn es der Führungskraft dadurch gelingt Begeisterung, Interesse und Sympathie zu entwickeln, dann ist neben einem guten „Teamspirit“ auch meist ein guter „Outcome“ der Geschäftsergebnisse gesichert. Wer stattdessen mit Angst und Druck führt oder mit bewussten Gesten in Gesprächssituationen, wie beispielsweise der Unterbrechung von Wortbeiträgen oder verstörender Mimik, seinen Mitarbeitern negative Gefühle beschert, dem bleiben lösungsorientierte und selbstverantwortlich handelnde Mitarbeiter oftmals verborgen.
Extraversion: Extravertiertes Verhalten kann eine Voraussetzung für ein wirksames „Leadership“ sein. Dies liegt vor allem daran, dass extravertierte Führungskräfte mit ihrem selbstbewussten Auftreten und der meist dominanten Erscheinung gezielt das Rampenlicht suchen und damit eher als kompetenter Ansprechpartner in Gruppen wahrgenommen werden.
Verträglichkeit: Die Aussage „Mitarbeiter verlassen nicht Unternehmen, sie verlassen Vorgesetzte“, ist nicht aus der Luft gegriffen. Jede Führungskraft sollte sich ihrer exponierten Rolle im Unternehmen bewusst sein und eine wertschätzende sowie gegenseitig vertrauensvolle Arbeitsbeziehung forcieren. Denn nur dann kann eine Kommunikation auf Augenhöhe sowie eine offene Fehler- und Feedbackkultur stattfinden. Verträgliche „Leader“ sind in der Lage, fachlich und emotional als kompetenter Ansprechpartner aufzutreten, Potenziale aufzudecken und die Talente seiner Teammitglieder zu fördern.
Gewissenhaftigkeit: Die Aufforderung zu mehr Strukturiertheit und Selbstdisziplin sind nicht nur Eigenschaften, die gerne Mitarbeitern in jährlichen Personalgesprächen vorgehalten werden, auch erfolgreiche „Leader“ dürfen sich diese Prinzipien zu eigen machen. Denn nur wer sorgfältig und vorausschauend seine Projekte plant, kann zuverlässig und überlegt handeln und sein Team zum Erfolg führen. Eine allzu starre Ergebnisorientierung seitens der Führungskraft ist aber auch nicht förderlich. Stattdessen ist die Beschäftigung mit neuen Formen der Ergebnisfindung anzustreben, um die Kreativität zu fördern und aus etwaigen Fehlern und Misserfolgen wichtige „Learnings“ zu erzielen.
Offenheit für Erfahrungen: Führungskräfte, die sich abseits der ausgetretenen Pfade auch für innovative Ideen interessieren, einsetzen und begeistern können, gelten als Vorreiter ihrer Branche. Neben einem ausgeprägten Vertrauen in ihre Mitarbeiter-Teams sind sie auch unkonventionell in ihren Werteorientierungen und jederzeit zu mutigen Entscheidungen bereit.