Die Inflation lag im April mit 7,4 Prozent auf dem höchsten Stand seit 32 Jahren. „Die Inflationsrate erreichte damit im zweiten Monat in Folge einen neuen Höchststand im vereinigten Deutschland“ sagt Dr. Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Damit nimmt die Inflation in Deutschland weiter an Fahrt auf, was für Sparer und Verbraucher schlechte Nachrichten sind. Menschen mit niedrigen Einkommen leiden besonders stark unter den Preissteigerungen. Aber auch für Sparer und Privatanleger war die Mitteilung des Statistischen Bundesamts ein deutliches Warnsignal.
Besonders deutlich war die Inflation bei den Erzeugerpreisen gewerblicher Produkte zu spüren. Lag die Teuerungsrate im April 2021 hier noch bei 5,3 Prozent, waren es nur ein Jahr später schon 33,5 Prozent. Größter Treiber der Teuerungsrate waren Energieträger, die im Vergleich zum Vorjahresmonat um 87,3 Prozent teurer waren – darunter mit besonders hohen Preissteigerungen Strom (+87,7 Prozent) und Mineralölprodukte (+53,9 Prozent). Der Anstieg der Erzeugerpreise gilt als Vorbote für die Teuerung von Verbraucherpreisen. Konsumenten müssten sich darauf einstellen, dass die Hersteller die Preise in den kommenden Monaten weiter anheben. Im April legten die Verbraucherpreise schon gewaltig zu, was sich deutlich an der Supermarktkasse bemerkbar machte, so etwa bei Butter (+31 Prozent), Sonnenblumenöl (+36,7), Rinderhackfleisch (+31,7) oder Nudeln (+24).
Hohe Inflation wird in den nächsten Monaten bleiben
Bei einem sind sich die meisten Kommentatoren in der Wirtschaftspresse einig: Die Inflation wird weiter steigen, eine schnelle Entspannung ist nicht in Sicht. Doch anders, als die meisten dieser Kommentatoren meinen, gehen die gestiegenen Preise nur zu einem kleinen Teil auf den Ukraine-Krieg zurück und haben viel mehr mit der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken in den letzten Jahren zu tun. Speziell die Federal Reserve hat sich in eine geldpolitische Sackgasse manövriert, aus der sie nun nicht mehr herauskommt. Jahrelang hat sie die Finanzmärkte mit billigem Geld geflutet und die Geldmenge dabei auf ein historisches Maß ausgedehnt. Zu diesem Schritt sah sich die US-Notenbank nach der Finanzkrise 2008 gezwungen, um das strauchelnde Finanzsystem zu stabilisieren.
Auch mehr als eine Dekade später hielt die Fed weiter an ihrer expansiven Geldpolitik inklusive Nullzinspolitik fest. Das Ergebnis war eine – bis auf wenige Unterbrechungen etwa bei Beginn der Pandemie – anhaltende Aktienrallye mit historischen Höchstständen an den Börsen. Trotz mehrfacher Ankündigungen gelang der Notenbank nie der Ausstieg aus dieser ultralockeren Geldpolitik. Zu groß war die Sorge, die USA und damit auch die Weltwirtschaft durch einen Ausstieg in eine Rezession zu bringen. Doch angesichts der nun stark steigenden Inflation steht die Notenbank mit dem Rücken zur Wand. Lässt sie die Leitzinsen weiter nahe Null, droht die Inflation vollends außer Kontrolle zu geraten.
Als Reaktion auf die historisch hohe Inflation in den USA hat die Fed daher in diesem Jahr zum ersten Mal die Leitzinsen erhöht. Im März erhöhte sie den Leitzins zunächst um 25 Basispunkte, bevor sie im Mai die Rate erneut um 50 Basispunkte anhob – die größte Zinssteigerung in zwei Jahrzehnten. Notenbank-Chef Jerome Powell sagte zudem, dass weitere Erhöhungen von 50 Basispunkten „bei den nächsten Treffen auf dem Tisch liegen sollten“. Ob es dazu jedoch kommt, ist fraglich. Denn schon die erste minimale Erhöhung löste einen Kurseinbruch bei Aktien aus, da viel des Aktienbooms der letzten Jahre abhängig war vom billigen Geld der Fed.
Notenbanken schicken Aktienkurse auf Talfahrt
Für Investoren und Privatanleger sind das denkbar schlechte Voraussetzungen. Die hohe Inflation in Kombination mit den nach wie vor viel zu niedrigen Zinsen fressen ihr Erspartes auf. Doch Aktien als Alternative legen gerade ebenfalls eine desaströse Performance hin. Seit Jahresbeginn sind alle großen Indices stark eingebrochen – so etwa der deutsche DAX (-10,5 Prozent), die amerikanischen Dow Jones (-10,7) und S&P500 (-15,4) sowie der japanische Nikkei (-8,6). Besonders hart traf die Marktkorrektur die Technologiewerte im NASDAQ, der seit Jahresbeginn 25,6 Prozent an Wert eingebüßt hat.
Angesichts dieser Talfahrt richtet sich der Blick vieler Privatinvestoren hin zu den Profis. Ray Dalio etwa, Investment-Legende und Gründer des Hedgefonds Bridgewater Associates, wurde nach seinen Investmenttipps in dieser schwierigen Situation gefragt und kommentierte gegenüber CNBC: „Bargeld ist immer noch schlecht, aber Aktien sind noch schlimmer.“ Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos führte Dalio diesen Punkt weiter aus. „Alle sind auf Aktien aus und alle wollen, dass alles steigt”, sagte er. „Je mehr die Menschen es hypen, desto mehr wird es zu einem finanziellen Asset, das jemand anderem gehört. Das funktioniert allerdings nicht, also wird es ein Umfeld mit einer negativen Realrendite geben.“
Auf die Fed setzt Dalio keine Hoffnungen. Ihre Geldpolitik sei lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, denn sie könne die Zinsen nicht so stark anheben, dass die Inflation gebrochen würde, ohne dabei eine schwere Rezession auszulösen. Als Reaktion auf die steigende Inflation hat Dalio seine Positionen Real-Return-Assets ausgebaut. Dazu zählen für ihn etwa Immobilien und Edelmetallen. Überraschenderweise pries er auch Bitcoin als möglichen Inflationsausgleich, obwohl auch der Kryptomarkt derzeit massiv unter Druck steht und Bitcoin seit Jahresbeginn von knapp 47.000 auf 28.000 Dollar gefallen ist.
Immobilien, Edelmetalle und Anleihen gegen hohe Inflation
Bitcoin scheint viel stärker mit der Technologiebörse NASDAQ zu korrelieren als beispielsweise mit klassischen Inflationsankern wie Gold. Daher ist Privatanlegern davon abzuraten, in diesem Investmentumfeld auf Kryptowährungen zu setzen. Sie bleiben ein Hochrisikoinvestment mit starker Schwankungsanfälligkeit. Die schlechte Performance der Aktienmärkte wirkt für Anleger besonders bitter, denn in den letzten Jahrzehnten schnitten Aktien deutlich besser ab als Gold. Wenn aber Bargeld, Aktien und Kryptowährungen ausscheiden, was bleibt dann übrig?
Zunächst einmal die klassischen Inflationsanker wie Edelmetalle und Immobilien. Die Feinunze Gold in US-Dollar hat seit Jahresbeginn 2,4 Prozent zugelegt (Quelle: gold.de, Stand: 27. Mai), was im derzeitigen Investmentklima schon als Gewinn gelten kann. In Euro lag der Kursgewinn aufgrund des schwachen Dollars sogar bei 8,3 Prozent. Beim Thema Immobilien ist es für Anleger schon schwieriger, denn die Geldpolitik der letzten Jahre hat auch die Immobilienpreise in teils exorbitante Höhen schnellen lassen und mancher Marktteilnehmer fürchtet hier eine Blasenbildung. Angesichts der hohen Preise könnten Immobilienaktien das klügere Betongold sein.
Daneben können einige Aktien bzw. Indexfonds für Anleger interessant sein, die auf Unternehmen setzen, die eine starke Marktposition im Bereich Konsumgüter haben. Denn Hersteller von Konsumgütern werden die Preissteigerungen an ihre Kunden weitergeben und während Konsumenten auf Luxusgüter bei hoher Inflation eher verzichten, sind sie auf Konsumgüter weiter angewiesen. Diese Aktien könnten sich also auch in einem Umfeld hoher Inflation bewähren. Dazu setzen Profis derzeit auf Anleihen, da eine Zinserhöhung auch zu einer Steigerung der Anleiherendite führen wird.
Laut einer Analyse von Stiftung Warentest boten etwa deutsche Staatsanleihen ihren Käufern über fünf Jahrzehnte einen Inflationsschutz. Erst in den vergangenen Jahren hätten sie ihren Schutz verloren, einjährige Papiere hätten den Inflationsschutz sogar schon in den Zehnerjahren eingebüßt. Der Teufel liegt hier also wie so oft im Detail, denn es kommt maßgeblich auf die Laufzeit der Anleihen an und auch darauf, wie oft die Notenbanken die Zinsen noch anheben werden. Wer zum falschen Zeitpunkt Anleihen mit zu langer Laufzeit kauft, läuft Gefahr, diese bei weiteren Zinserhebungen nicht mehr am Markt platzieren zu können.