Die Hoffnung auf hohe Gewinne mit Gold endete für viele Anleger der PIM ernüchternd. Das Unternehmen soll zwischen 2016 und September 2019 Lieferverträge mit Kunden einschließlich Bonusversprechen abgeschlossen haben, aber diese nicht eingehalten haben. PIM soll Zinsen in einem Schneeballsystem mit dem Geld neuer Kunden bezahlt haben.
Inzwischen ist der südhessische Goldhändler insolvent und musste den Geschäftsbetrieb einstellen. Der Ex-Geschäftsführer und der vormalige Vertriebschef sind vor dem Landgericht Darmstadt angeklagt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet schwerer Betrug. Derzeit nähert sich das Verfahren dem Ende. Insgesamt geht es laut dem Insolvenzverwalter um Forderungen von 140 Millionen Euro. Das Problem: Eigentlich hätten drei Tonnen Gold in den Tresoren der PIM sein müssen. Doch gerade einmal 270 Kilogramm Feingold und 180 Kilogramm Schmuck tauchten bislang auf.
Der PIM-Prozess zeigt die Gefahren der Goldleihe: Hierbei verleihen Anleger physisches Gold an ein Unternehmen über einen sogenannten Sachdarlehens-Vertrag. Die Firma wird zum Schuldner und verpflichtet sich, einen Zins über die festgelegte Laufzeit zu zahlen und das Gold in gleicher Art, Menge und Qualität zurückzugeben.
Risiko des Totalverlustes
Der Anleger hält wiederum eine Forderung gegen das Unternehmen und wird zum Gläubiger. Das Risiko: Wenn das Unternehmen nicht gesetzestreu wirtschaftet – wie das etwa bei der PIM vermutet wird –, drohen Verluste bis hin zum Totalausfall. Denn das Gold zählt nicht als Sondervermögen, das bei einem Insolvenzfall nicht in die Konkursmasse fließen würde, erklärt der Edelmetallexperte Hannes Zipfel in einem Artikel. Oft sei der Vertrag sogar als Nachrangdarlehen konstruiert, sodass der Anleger ganz am Ende der Gläubigerschlange stehe.
Zwar betreiben auch institutionelle Investoren Wertpapierleihe oder Goldleihe. Aber bei Blackrock und Co. entscheiden professionelle Risikomanager, wer ein Sachdarlehen erhält. Sie prüfen etwa die Bonität und leihen bloß an etablierte Player.
Außerdem leihen große Vermögensverwalter in der Regel gleich an mehrere Parteien, um das Verlustrisiko zu verringern. Privatanleger verfügen in der Regel weder über die Kenntnisse noch über ein ausreichendes Goldvermögen, um über mehrere Leihnehmer zu streuen.
„Ein Widerspruch in sich“
Der Edelmetallexperte Hannes Zipfel warnt denn auch vor der Goldleihe. „Die Gefahr, bei der Goldleihe einem Schneeballsystem aufzusitzen, ist real“, schreibt er in einem Artikel. Gold entfalte seine volle Schutzwirkung als Sachwert bloß, wenn es sich im physischen Eigentum des Anlegers befinde. Wer sein Gold verleihe, der mache das Gegenteil dessen, was er mit seiner Anlageentscheidung eigentlich erreichen wolle. Die Goldleihe sei darum ein „Widerspruch in sich“, erklärt Zipfel.
Ein weiterer Nachteil: Die Zinsen gleichen die Inflation bei weitem nicht aus. Etwa bietet ein etablierter deutscher Edelmetallhändler einen Zins von 2 Prozent pro Jahr. Das habe für das Unternehmen den Vorteil, dass man keinem Kursänderungsrisiko ausgesetzt sei. „Zwischenzeitliche Kursänderungen sind so ohne den Einsatz von teils komplexen Kurssicherungsinstrumenten für uns neutralisiert und ermöglichen es so, uns voll auf den An- und Verkauf der Edelmetalle zu konzentrieren“, schreibt der Händler auf seiner Internetseite.
Wer von der Goldleihe profitieren möchte, dürfte mit einem Fonds besser fahren, der seine Goldbestände verleiht. Hier überschauen professionelle Risikomanager die Leihe und streuen das Risiko über mehrere Leihnehmer.
Genau nachfragen
Wer dennoch sein Gold verleihen möchte, dem rät Zipfel zur genauen Prüfung des Leihnehmers. Anleger sollten nachfragen, ob das Gold vollständig im physischen Besitz des Unternehmens bleibe. „Wenn der Händler Ihnen daraufhin ausweichend, einschränkend oder sogar verneinend antwortet, sollten bei Ihnen alle Alarmglocken schrillen.“
Weitere Warnsignale: Hohe Zinsversprechen und ein Anbieter, der noch nicht lange am Markt ist. Wohin Unvorsicht führen kann, zeigt der Fall eines früheren Unternehmers, der mindestens 1,5 Millionen Euro über die PIM in Gold investiert hat. Sein Schwiegersohn habe ihm die Anlage empfohlen, erzählte der Mann laut der Wirtschaftswoche im Prozess. Er habe sich dabei nie versichert, ob das Gold tatsächlich vorhanden sei, sondern die PIM für insolvenzssicher gehalten.
„Mir selbst ist nicht ganz schlüssig gewesen, wie das mit den Zinsen funktioniert“, berichtete er und erklärte, sich erst im Jahr 2019 Gedanken gemacht zu haben. „Da war ich zu spät dran.“ Die Staatsanwaltschaft hatte die Konten des Unternehmens bereits eingefroren.