Die Älteren unter den Lesern werden die Werbung der Landesbausparkasse LBS, die damals in den Neunzigerjahren im Fernsehen lief, noch genau vor Augen haben. Ein kleines Mädchen sitzt mit ihrem Anarcho-Vater in einer alternativen Bauwagensiedlung und erzählt von den konservativen Eltern ihrer Schulfreunde, während ihr Vater diese als Spießer verpönt. Die Pointe des Spots lässt nicht lange auf sich warten und erschüttert grundlegend das Weltbild des Vaters (…Papa, wenn ich groß bin, möchte ich auch mal Spießer werden…). LBS hatte mit diesem „Spießer- Werbespot“ geschickt den Gedanken des Bausparens in die Köpfe der Verbraucher „gebrannt“; auch heute nach fast 30 Jahren erlebt das Bausparen erneut eine Renaissance. Nach jahrelanger Niedrigzinsphase am Bau- / Immobilienmarkt mit unter einem Prozent galten Bausparverträge als überflüssig und zudem noch als schlechte Zinsanlage. Doch die Unkenrufe sind spätestens seit dem ersten Quartal des Jahres 2022 verhallt, denn seitdem haben sich die Zinsen für Immobilien- finanzierungen mehr als verdreifacht. Noch gibt es viele Bausparkassen in Deutschland, die an ihren alten, günstigen Konditionen festhalten. Die Frage ist nur, wie lange noch! Daher verwundert es auch nicht, dass es in der aktuellen Zeit zu einer erhöhten Anfrage an Bausparverträgen kommt, die mit einer langfristigen und niedrigen Zinsbindung werben.
Das Bausparen in Deutschland besitzt eine lange Tradition. Die Idee geht auf den evangelischen Theologen und Pastor von Bodelschwingh, dem Urvater des Bausparens zurück, der im Jahr 1885 die erste deutsche Bausparkasse, die sogenannte „Bausparkasse für Jedermann“ gründete. Letztlich setzte sich der Gedanke des Bausparens nach dem Ende des Ersten Weltkrieges durch, denn für den Aufbau der durch den Krieg zerstörten Häuser wurde viel zinsgünstiges Geld benötigt. Als erste deutsche Bausparkasse nahm der „Verein der Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot“ (heute: „Bausparkasse Wüstenrot“) im Jahr 1924 in Wüstenrot bei Heilbronn ihre Arbeit auf; bis 1930 entstanden so 86 private Bausparkassen. Das Prinzip des Bausparens von damals hat sich bis heute nicht geändert und beruht weitestgehend auf dem Genossenschaftsgedanken (auch, wenn Bausparkassen nicht alle in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft (eG) gegründet wurden). „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“. Hierbei zahlt jeder Bausparer in der Ansparphase einen festgelegten monatlichen Regelsparbeitrag in einen „gemeinsamen Bauspartopf“ ein. Nach einer bestimmten Laufzeit und dem Erreichen eines zuvor festgelegten Ansparziels erhalten die Bausparer nach und nach den Anspruch, sich aus dem „gemeinsamen Topf“ ihr benötigtes Kapital (Bauspardarlehen) zu vergleichsweise günstigen Konditionen zu leihen. Die Tilgung des Darlehens fließt in den gemeinsamen Topf zurück, sodass ein geschlossener Finanzkreislauf entsteht, aus dem immer wieder neue Bausparer ihr benötigtes Kapital in Form eines Darlehens schöpfen können. Wer wann an der Reihe ist, hängt davon ab, wie viel Geld bereits eingezahlt wurde und wie viel Kapital im gemeinsamen Topf enthalten ist.
Bausparen ist gerade in unruhigen Zeiten eine sichere Basis und eignet sich vor allem für Personen, die auf lange Sicht systematisch und planbar Eigenkapital für den Kauf einer Immobilie oder die Modernisierung (z. B. Austausch alter Heizungs- anlagen, Dämmung der Außenfassade) eines Eigenheims anstreben. Aber auch andere wohnwirtschaftliche Zwecke, wie die Ablösung von Hypotheken und Grundschulden, die Finanzierung von Bauland, der Kauf von Wohnrechten, z. B. bei Genossenschaften und Erschließungskosten können über einen Bausparvertrag finanziert werden.
Die Angst, dass Einlagen durch Spekulationen von Banken abhandenkommen, sind beim Bausparen ausgeschlossen. Denn es ist den Kassen gesetzlich untersagt, mit riskanten Papieren zu spekulieren. Auch der bereits im obigen Abschnitt beschriebene geschlossene Kreislauf des Bausparens lässt das Bausparen zu einer sicheren Finanzierungsmöglichkeit werden, da die Kredite zu 100 Prozent aus den Einlagen bedient werden. Bausparer, die über weniger Einkommen verfügen, erhalten zudem vom Staat attraktive Förderungen. So kann jährlich eine so genannte „Wohnungsbauprämie“ oder die als „Arbeitnehmer-Sparzulage“ (vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers) bekannte Zulage bezogen werden.
Der Erhalt der Wohnungsbauprämie (WoP), die zu der ältesten Form der staatlichen Förderung von Eigentum zählt, ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Seit dem Jahr 2021 gilt ein erhöhter Fördersatz der WoP von insgesamt 10 Prozent (zuvor galt ein Fördersatz von 8,8 Prozent) auf die im Jahr eingezahlten Beiträge von bis zu 700 Euro (Singles) und bis zu 1.400 Euro bei Verheirateten. Neben der Vollendung des 16. Lebensjahres und einem ständigen Wohnsitz in Deutschland gilt ferner eine Einkommensgrenze von 35.000 Euro für Alleinstehende sowie 70.000 Euro für Eheleute (es gilt das zu versteuernde Einkommen – der Bruttolohn kann deutlich höher sein!). Außerdem müssen die erhaltenen Prämien für wohnwirtschaftliche Zwecke, beispielsweise für Bau, Kauf oder energetische Modernisierung einer Immobilie verwendet werden. Ähnlich sieht es bei der sogenannten Arbeitnehmer-Sparzulage aus. Auch hier gilt: 9 Prozent der eingezahlten Beiträge pro Jahr werden bezuschusst, höchstens jedoch 43 Euro bei Alleinstehenden sowie 86 Euro bei Verheirateten (das zu versteuernde Einkommen muss für Alleinstehende maximal 17.900 Euro und für Eheleute 35.800 Euro betragen).
Lohnt sich also der Blick auf den klassische Finanzierungsbaustein wieder? Durchaus! Denn im Hinblick auf die jetzige Verdreifachung der Bauzinsen und den in sieben, acht oder zehn Jahren ausgezahlten Bauspardarlehen von meist nur 1,5 bis 2,5 Prozent sind Bausparverträge wieder günstiger als Bankkredite und können so eine lohnenswerte Investition in die Zukunft mit mehreren Tausend Euro Ersparnis darstellen. Jedoch sollten sich Interessenten nicht voreilig von den erstbesten Angeboten blenden lassen. Ein Vergleich von mehreren Angeboten ist bei dem vorherrschenden Tarifdschungel in jedem Fall sinnvoll.