Börse

Höhere Rendite: Lohnen sich Unternehmensanleihen?

Lesezeit: 6 min
20.03.2023 14:40  Aktualisiert: 20.03.2023 14:40
Unternehmensanleihen bringen mehr Rendite als Staatsanleihen, sind aber auch ausfallgefährdeter. Lohnt sich der Kauf?
Höhere Rendite: Lohnen sich Unternehmensanleihen?
Bei Unternehmensanleihen droht ein teilweiser oder kompletter Kapitalverlust, wenn sich die Kreditwürdigkeit einer Firma verschlechtert. (Foto: iStock.com/fermate)
Foto: fermate

Neben Staaten geben auch Unternehmen Anleihen aus, um sich zu finanzieren. Kleinanleger steckten im Jahr 2019 insgesamt 2,5 Milliarden Euro in die Schuldverschreibungen, wie die Bafin berichtet. In den Jahren 2016 und 2017 waren es sogar rund 4,5 Milliarden Euro. Laut den Finanzaufsehern könnte eine EU-Regulierung schuld am Rückgang sein, weil Unternehmen seither teils ein teures Basisinformationsblatt für eine Anleihe erstellen müssen.

Der Markt ist also gar nicht so klein: Die Deutschen gaben für Gold in den vergangenen drei Jahren im Schnitt über 5 Milliarden Euro pro Jahr aus, berichtet das Branchenmedium Goldreporter. Dabei war die Nachfrage historisch gesehen seit dem Jahr 2020 extrem hoch.

Der Honorar-Finanzanlagenberater Stefan Kemmler empfiehlt, Unternehmensanleihen als Bestandteil eines breit gestreuten Portfolios einzusetzen. Diese würden „eine höhere zu erwartende Rendite als Staatsanleihen“ aufweisen, erklärt er schriftlich auf ANG-Anfrage. Grund für die höhere Rendite sei das höhere Risiko. Deswegen sollten Anleger bloß Papiere mit dem Rating „Investment Grade“ (IG) kaufen.

Deutlich bessere Performance

Ein ANG-Vergleich von in Deutschland zugelassenen ETFs zeigt, dass sich Unternehmensanleihen in den vergangenen drei Jahren deutlich besser entwickelt haben. ETFs auf kurzlaufende Euro-Staatsanleihen hoher Bonität verzeichneten in der Summe Verluste zwischen 7 und 8 Prozent. ETFs auf kurzlaufende IG-Unternehmensanleihen machten hingegen bloß ein Minus zwischen 2,9 und 3,4 Prozent.

Demgegenüber steht freilich das größere Risiko. Etwa hat der Vermögensverwalter Vanguard in einer Analyse untersucht, wie sich deutsche und britische IG-Unternehmensanleihen in Korrekturen, Crashs und normalen Marktphasen im Vergleich zu Staatsanleihen verhalten. Die Forscher schauten sich dazu Daten von 2003 bis November 2020 an.

Das Ergebnis: Die Renditen von IG-Unternehmensanleihen korrelierten wesentlich stärker mit den Aktienrenditen als die Renditen von Staatsanleihen der gleichen Laufzeit. In einzelnen Jahren stieg die Korrelation in Deutschland und Großbritannien auf bis zu 0,7 an. Eine Korrelation von 1 bedeutet, dass sich die Renditen exakt gleichläufig entwickeln, bei einer Korrelation von null gibt es keinen Zusammenhang und bei -1 entwickeln sich die Renditen komplett gegenläufig.

Je tiefer dabei die Bank of England die Zinsen senkte, desto positiver wurde die Korrelation bei den britischen IG-Unternehmensanleihen und desto negativer bei den Staatsanleihen. Auch in Deutschland verstärkte sich die negative Korrelation der Bundesanleihen mit dem Aktienmarkt, je lockerer die Geldpolitik der EZB im Laufe der Jahre wurde.

Auch in Zeiten fallender Aktienkurse hatten Staatsanleihen die Nase vorne. Die Medianrendite war in Deutschland und Großbritannien deutlich höher, wenn die Aktienkurse fielen, teils mehr als doppelt so hoch.

Staatsanleihen schützen besser

Die Vanguard-Forscher analysierten auch die Renditen in Einbrüchen von mindestens 10 Prozent zum vorherigen Kurshoch. Globale IG-Unternehmensanleihen erzielten dabei eine leicht negative Rendite von circa 2 Prozent in allen Korrekturen und Crashs zwischen 2003 und November 2020. Globale Geldmarktinstrumente und Staatsanleihen lagen hingegen deutlich im positiven Bereich (plus 6 bzw. plus 12 Prozent).

Die Vanguard-Forscher sehen darum in IG-Unternehmensanleihen allenfalls eine Beimischung, aber keinen Ersatz für Staatsanleihen. „Staatsanleihen schützen besser vor Verlusten als Unternehmensanleihen“, schreiben sie und attestieren letzteren immerhin „ein gewisses Diversifikationspotential“.

Auch der Vermögensberater Gerd Kommer mahnt aufgrund des höheren Ausfallrisikos zur Vorsicht. Wer glaube, ein Unternehmen wie Nestlé oder Coca-Cola habe eine höhere Kreditwürdigkeit als ein Staat, unterliege einem womöglich teuren Irrtum, erklärt er in einem Interview. „Unternehmen sind wirtschaftlich gesehen – im Vergleich zu Staaten – winzige, fragile, schlecht diversifizierte Gebilde.“

Firmen seien nämlich auf freiwillige Kooperation der Kunden angewiesen. Ein Staat könne die Bürger hingegen zwingen, seine Leistungen in Anspruch zu nehmen und jederzeit über Steuererhöhungen zusätzliche Einnahmen generieren. Staaten seien in diesem Sinne wesentlich robuster und somit als Schuldner vertrauenswürdiger. Das spiegele sich in höheren Ratings und geringeren Kreditversicherungskosten wieder, erklärt Kommer.

Stock-Picker setzen sich zudem einem beträchtlichen Einzelwertrisiko aus. Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung Kearney sind 4 bis 6 Prozent aller Aktiengesellschaften weltweit Zombie-Firmen. Diese sind gemäß der Kearney-Definition mindestens zehn Jahre am Markt und konnten drei Jahre in Folge die laufenden Zinsen aus dem operativen Gewinn (EBIT) nicht decken.

Bilanz genau lesen

Bei großen Unternehmen mit einem Umsatz von einer bis 10 Milliarden Euro oder einem Umsatz über 10 Milliarden Euro liegt der Anteil zwar deutlich geringer (0,4 bzw. 0,5 Prozent). Aber auch hier ist jedes zwanzigste bis fünfundzwanzigste Unternehmen extrem angeschlagen und wird bloß von billigem Geld der Zentralbanken und staatlichen Subventionen am Leben gehalten. Kearney empfiehlt Anlegern daher, die Bilanzen der Unternehmen genau zu lesen.

Stefan Kemmler rät aufgrund des Einzelwertrisikos zu einem ETF. Dieser solle weltweit investieren und das Währungsrisiko durch Hedging auf Euro absichern. Außerdem sollten alle Laufzeiten – auch langlaufende Anleihen – enthalten sein, auch wenn das Zinsänderungsrisiko dadurch größer sei. „Wir wissen einfach im Vorfeld nicht, in welcher Marktphase was am besten läuft“, erklärt der Kölner. Erhöht die Zentralbank die Zinsen, dann fallen die Kurse von Anleihen – und zwar umso kräftiger, je länger die Restlaufzeit einer Anleihe.

Ein möglicher Index ist etwa der Bloomberg Aggregate Corporate Bond Index. Dieser investiert in Unternehmensanleihen mit IG-Rating weltweit und über alle Laufzeiten hinweg. Hier sind in Deutschland drei ETF zugelassen, die physisch replizieren, ein Fondsvolumen von über 100 Millionen Euro aufweisen und das Währungsrisiko absichern (ISIN: IE00B9M6SJ31, IE00BJSFQW37, IE00BGYWFL94).

Wer das Zinsänderungsrisiko begrenzen möchte, kann in einen ETF auf IG-Unternehmensanleihen mit einer Laufzeit von bis zu 3 Jahren investieren, der das Währungsrisiko absichert oder bloß Euro-Anleihen enthält. In Deutschland ist etwa ein physischer ETF mit über 100 Millionen Euro Fondsvermögen auf den Bloomberg Euro Corporate Bond Index 0-3 zugelassen (ISIN: IE00BC7GZW19).

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.
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