Jeff Currie, Global Head of Commodities Research bei Goldman Sachs, hat in einem Interview mit Bloomberg kürzlich von „perfekten Sturm für Gold“ gesprochen. Denn der Rohstoffanalyst sieht aktuell eine starke Nachfrage nach Gold an gleich drei wichtigen Fronten gleichzeitig. Der Goldpreis muss steigen, wenn die Nachfrage derart zunimmt.
Die erste dieser drei Fronten ist die wachsende Nachfrage der Privatanleger nach Gold, die auf ihren Ängsten vor Inflation und einer Rezession in Europa basiert. Dies zeigt sich bei den börsengehandelten Fonds (Gold-ETFs), deren Bestände voraussichtlich um weitere 600 Tonnen auf 4.000 Tonnen zunehmen werden.
Die zweite Front der Goldnachfrage kommt von den Zentralbanken, die in diesem Jahr bereits um 750 Tonnen gestiegen sind, was einen neuen Allzeitrekord darstellt. China und die Türkei kaufen Gold, um sich vom Dollar unabhängiger zu machen, während andere Länder wie Brasilien und Indien Gold zur Diversifizierung kaufen, so Currie.
Die dritte Front ist die sprunghaft ansteigende Nachfrage der Privatanleger nach physischem Gold. Dieser Trend wird vor allem von China und Indien angeführt, aber auch von Russland, wo die Bürger seit 1. März keine Mehrwertsteuer beim Goldkauf mehr zahlen müssen. Zuvor hatte die Steuer 20 Prozent betragen.
Alle drei Fronten der Goldnachfrage (ETFs, Zentralbanken und physische Märkte) sind derzeit so stark wie nie zuvor, stärker sogar als in den Jahren 2010 und 2011, als der Goldpreis um 70 Prozent zulegte, so Currie. Daher liege das aktuelle Preisziel von Goldman Sachs bei 2.500 Dollar, was einem Anstieg um mehr als 25 Prozent entspricht.
Wie Currie bereits im Zusammenhang mit den zuletzt starken Goldkäufen durch die Zentralbanken andeutete, spielt bei der aktuellen starken Goldnachfrage die Abkehr vom Dollar eine entscheidende Rolle. Denn die Sanktionen gegen Russland haben erneut gezeigt, wie Dollarreserven auf einen Schlag wertlos werden können, als die Fremdwährungsreserven der russischen Notenbank schlicht eingefroren wurden.
Die Goldreserven hingegen, welche die russische Notenbank im Verlauf der letzten Jahre angehäuft hat, liegen zum Großteil sicher in Moskau im Safe. Sie sind nicht nur immun gegen einen Ausschluss aus dem Zahlungsverkehrssystem Swift und andere Risiken auf der US-Seite, sondern infolge der Sanktionen ist Gold sogar im Wert gestiegen, da der Rest der Welt dessen Vorteil gegenüber dem Dollar ganz deutlich vorgeführt bekommt.
Gegen den Dollar
Das Einfrieren von Fremdwährungsreserven ist nicht nur eine Gefahr im Zusammenhang mit dem Dollar. Das gleiche Risiko gehen Notenbanken ein, die Euro halten, und selbst Schweizer Franken stellen heute ein erhebliches Risiko dar, da sich selbst die einst politisch neutrale Schweiz den Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat und in dieser Hinsicht nicht mehr vertrauenswürdig ist.
Nach dem Ausschluss der russischen Notenbank und weiterer russischer Banken aus dem Swift-System muss Russland auf Alternativen umsteigen. China und andere Staaten werden das gleiche tun, um sich nicht dem Sanktionsrisiko auszusetzen. Diese Entwicklung betrifft jedoch nicht nur die globalen Zahlungssysteme, sondern untergraben auch den Status des Dollar als führende Reservewährung.
Der Chef von JPMorgan, Jamie Dimon, hat kürzlich in einem Interview mit Bloomberg davor gewarnt, dass der Ausschluss Russlands aus dem globalen Swift-System „unbeabsichtigte Folgen“ haben könnte. „Ich glaube, die Leute machen sich mehr Sorgen über die unbeabsichtigten Folgen: welche Länder man verletzt, welche Ausweichlösungen gefunden werden und wie man das wieder in Ordnung bringt.“