Die Inflationsrate steigt weiter in die Höhe. Der Ölpreis liegt bei rund 80 Dollar pro Barrel und klettert weiter. Auch andere Energiekosten wie Erdgas steigen stark an. Die Rohstoffpreise schießen in die Höhe. Vor diesem Hintergrund sollte der Goldpreis eigentlich in die Höhe schnellen. Doch das Gegenteil geschieht. Obwohl sich eine anhaltend hohe Inflation ankündigt, ist der Goldpreis weiterhin rückläufig, während andere Geldanlagen wie zum Beispiel Aktien unaufhörlich zu steigen scheinen.
Viele Anleger haben in den letzten Jahren Gold gekauft, weil sie wegen des starken Gelddruckens durch die großen Notenbanken der Welt genau die derzeitige Entwicklung mit einer sich ankündigenden starken Inflation erwartet haben. Nun sind sie frustriert, da Gold nicht das tut, was es in einem inflationären Umfeld tun sollte - es sollte sich deutlich verteuern. Mit anderen Worten: Goldanleger sind frustriert, weil sie im Hinblick auf die Inflation recht hatten und jetzt vom Markt nicht dafür belohnt werden.
Vor dem Hintergrund der Corona-Krise haben die Notenbank das Gelddrucken massiv eskaliert, um "die Wirtschaft zu stützen". Zugleich ging weltweit die Produktion zurück, sodass sich das Angebot an Waren verringerte. Vor diesem Hintergrund war eine Inflation zu erwarten, weshalb die Goldkäufe nach einem vorübergehenden Crash im Frühjahr 2020 wieder stark zunahmen und den Goldpreis dann im August letzten Jahres vorübergehend auf ein neues Allzeithoch von 2.063 US-Dollar pro Unze trieben.
Verrückte Welt: Warum Inflation schlecht für Gold ist
Inzwischen erwarten nicht nur Goldanleger, dass die Inflation dauerhaft hoch sein wird, auch einige Notenbanker haben dies zuletzt durchblicken lassen. So sagte am Montag der Präsident der Federal Reserve Bank von St. Louis, James Bullard, laut einem Bericht von Bloomberg: "Ich fürchte, dass die Risiken nach oben gerichtet sind, dass wir weiterhin eine höhere Inflation als erwartet haben werden und dass diese höhere Inflation bis 2022 anhalten wird. Sie wird sich zwar etwas abschwächen, aber nicht so weit sinken, wie wir es uns für 2022 wünschen."
Dies steht offensichtlich im Widerspruch zu den wiederholten Zusicherungen von Fed-Präsident Jerome Powells, wonach die US-Notenbank die Inflation nicht dauerhaft über 2 Prozent ansteigen lassen wird. Powell hat immer wieder versichert, dass die Fed über Instrumente verfüge, mit denen sie den Preisanstieg in Schach halten kann. Die Märkte gehen also davon aus, dass die Fed bei Bedarf handeln wird, dass sie eine hohe Inflation nicht dulden, sondern ihre Geldpolitik straffen wird, um den Preisanstieg zu bekämpfen.
Nach Ansicht des Analysten und Goldhändlers Peter Schiff ist dieser (falsche) Glaube der Anleger an die US-Notenbank der Grund dafür, dass Gold und Goldaktion nicht steigen. "Je mehr Beweise die Märkte also sehen, dass die Inflation schlimmer ist als angenommen, desto mehr verkaufen sie Goldaktien. Denn die Inflationsdaten liefern ihnen weitere Beweise dafür, dass die Fed ihre Geldpolitik straffen wird - dass die Fed die Inflation bekämpfen wird und Erfolg haben wird", so der Analyst in seinem Podcast.
Doch Schiff hält den Glauben an die Fed für eine Illusion. "Erinnern Sie sich an die Versicherung des damaligen Fed-Chefs Ben Bernanke, dass die Subprime-Krise eingedämmt sei. Die Fed lag völlig falsch, aber aus irgendeinem Grund hat sie nichts von ihrer Glaubwürdigkeit verloren. Wenn Powell heute sagt, die Inflation sei nur vorübergehend, und andernfalls habe die Fed die Mittel, um sie zu bekämpfen, dann glaubt der Markt das. Statt Gold und Goldaktien zu kaufen, verkaufen Anleger Gold und Goldaktien."
Nach Ansicht von Peter Schiff wird Fed-Chef Powell seine Versprechen nicht einhalten. "Ich habe gesagt, dass es ein Bluff ist. Powell hat nicht die Absicht, die Zinssätze zu erhöhen und die Inflation zu bekämpfen. Aber natürlich kann er das nicht zugeben. Er hat nichts auf der Hand und so muss er bluffen. Also tut er so, als würde er die Inflation bekämpfen. Aber ich weise immer wieder darauf hin: Wenn die Fed die Inflation bekämpfen könnte, so hätte sie es doch bereits getan."
Bitcoin macht Gold und Silber Konkurrenz
Zwar mag es stimmen, dass große Teile des Markts den Versicherungen der Notenbanen Glauben schenken. Doch für viele Anleger ist die steigende Inflation weiterhin ein entscheidendes Risiko, gegen das sie sich absichern wollen. Diese Anleger haben aber zuletzt weniger auf Gold und dafür mehr auf Bitcoin gesetzt. Die Attraktivität von Bitcoin als Inflationsabsicherung wurde wohl auch dadurch verstärkt, dass der Goldpreis in den letzten Wochen nicht von den gestiegenen Inflationssorgen profitiert hat und daher keine gute Inflationsabsicherung zu sein schien.
Bitcoin wurde erfolgreich als "digitales Gold" vermarktet und hat über die Jahre trotz seiner starken Volatilität viel stärkere Kursgewinne geliefert als das echte Gold. Viele Anleger, die früher in Gold investierten, sind in den letzten Jahren in Bitcoin eingestiegen und machen damit extreme Profite. Keine andere Geldanlage hat im Verlauf dieses Jahres so stark zugelegt wie Bitcoin, das von den steigenden Inflationserwartungen zu profitieren scheint und um mehr als 100 Prozent gestiegen ist. Gold hingegen liegt seit Jahresbeginn mehr als 7 Prozent im Minus.
Die obige Grafik von JPMorgan zeigt, wie Bitcoin-Investmentfonds im Verlauf dieses Jahre Geldzuflüsse verzeichnet haben, während mit Gold gedeckte Börsenfonds (ETFs) Geldabflüsse verzeichneten. Zudem sieht die US-Investmentbank nun "erste Anzeichen dafür, dass die frühere Umschichtung weg von Gold hin zu Bitcoin, die im vierten Quartal 2020 und Anfang 2021 zu beobachten war, in den letzten Wochen wieder eingesetzt hat." Dies würde mehr Profit für Bitcoin-Anleger bedeuten - und mehr Leid für Goldanleger.