Geldanlage

Kräftiger Anstieg der US-Verbraucherpreise befeuert Inflationssorgen

Lesezeit: 4 min
19.05.2021 10:58  Aktualisiert: 19.05.2021 10:58
Nachdem der US-Arbeitsmarktbericht überraschend schwach ausgefallen war, schienen sich in der Geldpolitik vielversprechende Perspektiven aufzutun. Die vor Kurzem veröffentlichten Inflationsstatistiken machen die Erwartungen jedoch zunichte.
Kräftiger Anstieg der US-Verbraucherpreise befeuert Inflationssorgen
Droht den USA jetzt die Inflationsspirale? (Foto: Pixabay)

Analyse von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE:

Die Märkte wissen nicht recht, auf welches Standbein sie sich stützen sollen. Nachdem der US-Arbeitsmarktbericht überraschend schwach ausfiel, auch wenn dies u. a. aufgrund rechnerischer Verzerrungen relativ zu sehen ist, schienen sich in der Geldpolitik Perspektiven aufzutun. Die vor kurzem veröffentlichten Inflationsstatistiken machten die Erwartungen jedoch zunichte.

Mit einem Anstieg von 4,2 % gegenüber dem Vorjahr verzeichnen die Verbraucherpreise das größte Plus seit 2008 bzw. sogar seit 1996, berücksichtigt man den Zuwachs des Kernindex – ausgenommen Energie und Lebensmittel – der im Jahresvergleich bei +3,0 % liegt. Diese wichtige Kennzahl stieg allein im April um 0,9 % und somit deutlich stärker als um die erwarteten 0,3 %. Es ist die größte monatliche Veränderung seit September 1981. Allerdings beinhaltet diese monatliche Veränderung des Kernindex weder den günstigen Basiseffekt gegenüber dem Frühjahr 2020, der die Änderung zum Vorjahr abbildet, noch die unmittelbare Auswirkung der in der Gesamtinflation enthaltenen Rohstoffpreise. Damit gewinnt ein Szenario der inflatorischen Überhitzung, das bisher kaum durch die gemeldeten Daten gestützt wurde, an Bedeutung.

Nachfrage nach Gebraucht- und Mietwagen treibt starkes Preiswachstum

Durch eine genauere Analyse können Überinterpretationen vermieden werden. Denn dieses sehr starke Wachstum der Preise in den USA konzentriert sich im Wesentlichen auf eine Branche: das Transportwesen. Der Preisanstieg in dieser Branche macht 50 % des monatlichen Preisanstieges des Dienstleistungssektors und bis zu 75 % des Anstiegs der Warenpreise aus. Zwei Segmente veranschaulichen diesen Zuwachs: die Preise für Gebrauchtwagen, die im Monatsverlauf um 10 % (21 % ggü. dem Vorjahr) zugelegt haben, und die für Mietfahrzeuge, die um 16,2 % (82,2 % ggü. dem Vorjahr) angestiegen sind. Die Engpässe in der Automobilindustrie – insbesondere bei Halbleitern – beeinträchtigen die Herstellung von Neuwagen erheblich. Privatkunden und Autovermieter greifen daher auf den Gebrauchtwagenmarkt zurück, dessen Angebot naturgemäß begrenzt ist, während die Nachfrage explodiert. Auch wenn diese Zahlen keine große Überraschung darstellen – die Frühindikatoren deuten seit Wochen auf diese Anstiege hin – ist ihr Ausmaß dennoch erstaunlich.

Droht jetzt die Inflationsspirale?

Angesichts dieser Erklärung könnte man versucht sein, der von der US-Notenbank angekündigten Aussicht einer vorübergehenden, Sondereffekten geschuldeten Inflation beizupflichten. In diese Richtung wird Jerome Powell bei der nächsten Sitzung der Zentralbank im Juni vermutlich argumentieren und sich dabei überdies auf schwer zu deutende Beschäftigungszahlen stützen. Dennoch scheint die Gefahr einer Inflationsspirale nicht gebannt werden zu können. Obwohl ein deutlicher Anstieg erwartet worden war, übertraf die Inflation die Erwartungen bei weitem.

Einige strukturelle Komponenten, insbesondere im Bereich Wohnen, weisen bei den Inflationszahlen nach wie vor noch einen schwachen Anstieg auf, während die Frühindikatoren auf starke Steigerungen hindeuten. Darüber hinaus ist die Möglichkeit einer ausgeprägten Lohninflation in Anbetracht einiger Daten nicht auszuschließen. So übertraf der Prozentsatz der Personen, die ihre Beschäftigung freiwillig aufgegeben haben, das Vorkrisenniveau. Dies zeugt von Vertrauen in den Arbeitsmarkt. Die Anzahl der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit offenen Stellen erreichte einen historischen Höchststand. Dies bietet für die Gehaltsverhandlungen bei der Einstellung erhebliche Möglichkeiten.

Fed-Tapering: US-Notenbank unter Zugzwang?

Der Inflationsanstieg ist an sich noch kein Grund zur Sorge. Er spiegelt die Stärke der wirtschaftlichen Erholung wider, und die Fed besitzt die Mittel, darauf zu reagieren. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die Zentralbank vor Ende des Sommers Andeutungen hinsichtlich einer künftigen Drosselung der Wertpapierkäufe, eines Tapering, geben wird. Bei genauerem Hinsehen sollte die Sorge der Märkte weniger dem Zeitpunkt gelten, zu dem sich die Fed äußern wird, als der Höhe der monatlichen Drosselung der Nettowertpapierkäufe und dem Tempo des künftigen Tapering – sprich die Frist für die Senkung der Nettowertpapierkäufe auf null. In dem Bestreben, Zeit zu gewinnen, könnte die Fed gezwungen sein, fester auf die Bremse zu treten als von den Anlegern erwartet. Oder zumindest fester, als die Aktienmärkte bei ziemlich hohen Bewertungen ohne größere Rückschläge verkraften können.

Die Fondsgesellschaft LFDE wurde 1991 in Frankreich gegründet und konzentriert sich auf Investments in europäische und internationale börsennotierte Unternehmen. LFDE ist in Deutschland, Spanien, Italien, der Schweiz und in den Benelux-Ländern vertreten und verwaltet zum 31.12.2019 Vermögen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro.

Mehr zum Thema:

Extreme Märkte werden viele in Panik versetzen, aber wenige sehr reich machen

Robuste Silbernachfrage wird den Preis deutlich nach oben ziehen

Keine andere Geldanlage ist heute so einfach wie der Goldkauf

Alle reden von Inflation, doch was wird den großen Preisschub auslösen?

Höhere Inflation im Anmarsch – ein gutes Omen für Gold

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Börse
Börse Kritik an MSCI-World-Index - Was bringen ETFs für Anleger?
04.12.2023

Viele Anleger vertrauen dem MSCI-Aktienindex. Doch an dem ETF entzündet sich auch berechtigte Kritik, die Sie bares Geld kosten kann.

ANG
Börse
Börse Kapitalmarktausblick 2024: Cool bleiben und auf Aktien setzen
30.11.2023

Union Investment wagt einen Ausblick auf das Börsenejarh 2024: Gerechnet wird mit einem Konjunkturaufschwung nach einem schwachem...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Die Zukunft des Luxus: Trends und Entwicklungen in der Post-Covid-Ära
24.11.2023

Die Veränderungen im Luxussektor nach der Covid-19-Pandemie sind dramatisch. Chinas Einfluss im Luxusmarkt hat sich verdoppelt, während...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Gebührenklausel in Riester-Verträgen für unwirksam
22.11.2023

Der BGH erklärt pauschale Klauseln in Riester-Verträgen für unwirksam. Die Sparkassen hatten sich vorbehalten, Gebühren zu erheben....

ANG
Börse
Börse Aufholpotenzial bis Jahresende
20.11.2023

Mit Blick auf den November und das verbleibende vierte Quartal äußert sich das Strategie-Team der DJE Kapital AG optimistisch über ein...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Aufbau widerstandsfähiger europäischer Small-Cap-Portfolios
08.11.2023

Phil Macartney, Fondsmanager für European Equities erläutert, wo Anleger an den europäischen Nebenwertemärkten hochwertige, gut...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Portfolio-Management: Moderne Methoden und Werkzeuge
06.11.2023

In einer Welt, in der die Finanzmärkte zunehmend komplexer und volatiler werden, sind moderne Methoden und Werkzeuge im...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Investieren in Small-Cap-Aktien: Risiken und Potenziale
03.11.2023

Investieren in Small-Cap-Aktien birgt sowohl verlockende Chancen als auch einzigartige Herausforderungen. Dieser Artikel beleuchtet die...