Geldanlage

Um die finanzielle Bildung steht es schlecht!

Lesezeit: 4 min
13.09.2021 17:50  Aktualisiert: 13.09.2021 17:50
Inflation? Aktien? EZB? Keine Ahnung! Junge Menschen beklagen fatale Wissenslücken bei den Themen Geld, Vermögen und Finanzen.
Um die finanzielle Bildung steht es schlecht!
In deutschen Schulen wird kein Finanzwissen vermittelt. (Foto: iStock.com/BrianAJackson)
Foto: BrianAJackson

Bei der wirtschaftlichen Bildung junger Leute in Deutschland klaffen Umfragen zufolge teils noch erhebliche Lücken. Mit dem Begriff Inflationsrate können einer Kantar-Erhebung im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) zufolge 44 Prozent der 14- bis 24-Jährigen nichts anfangen. Gut zwei Drittel (68 Prozent) haben demnach keine oder eine falsche Vorstellung davon, wofür die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig ist. Immerhin knapp ein Drittel (31 Prozent) kann nicht erklären, was eine Aktie ist.

„Diese Bildungslücken sind alarmierend und zeigen deutlich, dass Wirtschafts- und Finanzthemen einen höheren Stellenwert in den Lehrplänen erhalten müssen“, mahnte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Andreas Krautscheid, am Montag anlässlich der Vorstellung der Jugendstudie.

Keine Bildung in der Schule

Zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) schilderten, sie hätten in der Schule in Sachen Wirtschaft „nicht so viel“ oder „so gut wie nichts“ gelernt. Die Frage, ob ein Schulfach Wirtschaft in allen Bundesländern eingeführt werden sollte, beantworteten drei Viertel der Umfrageteilnehmer (77 Prozent) mit „Ja“.

Auch in einer ebenfalls am Montag veröffentlichten Forsa-Erhebung im Auftrag des Fondsanbieters Union Investment bekamen Schulen von jungen Erwachsenen in Deutschland schlechte Noten für die Vermittlung von Finanzwissen. 64 Prozent der hierbei befragten 18- bis 29-Jährigen beurteilen die Leistung der Schulen in dieser Frage als mangelhaft oder ungenügend – Durchschnittsnote: 4,8. Gerade einmal 6 Prozent finden, dass Schulen bei der Vermittlung von Finanzwissen gute beziehungsweise sehr gute Leistungen erbringen.

Kein Wissen, aber Interesse

Entsprechend schwach schätzen die 18- bis 29-Jährigen in der Umfrage von Union Investment ihr eigenes Finanzwissen ein. Sie beschäftigen sich weder oft noch gerne mit Finanzthemen, räumen aber zugleich ein, dass es eines der wichtigsten Themen sei, um gut auf das Leben vorbereitet zu sein. Knapp zwei Drittel der Befragten schätzt das eigene Wissen zu den Themen Geld und Finanzen als befriedigend bis ausreichend ein (61 Prozent). Nur knapp jeder Fünfte (19 Prozent) gibt an, gut oder sehr gut Bescheid zu wissen.

„Beim Thema Finanzbildung wären die Schulen nach dieser Beurteilung stark versetzungsgefährdet“, kommentierte Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment. „Dass einige Bundesländer in den vergangenen Jahren ihre Anstrengungen in diesem Themenfeld verstärkt haben, lässt sich an diesen Zahlen noch nicht erkennen.“

Die Verantwortung für die Vermittlung von Finanzwissen sehen die meisten jungen Erwachsenen vor allem bei den Schulen (85 Prozent). 69 Prozent meinen, dass die Familie dafür verantwortlich ist. Aber auch die Medien (36 Prozent), die Politik (34 Prozent) und Finanzdienstleister (33 Prozent) sollten nach Ansicht der Befragten Verantwortung für die Vermittlung von Finanzwissen übernehmen.

Hoher Stellenwert bei Jungen

Dabei hat das Thema für junge Menschen einen sehr hohen Stellenwert: 90 Prozent von ihnen betrachten es als wichtig oder sehr wichtig, um gut auf das Leben vorbereitet zu sein. Damit liegt es nur knapp hinter dem Thema „Gesundheit und Ernährung“, das mit 91 Prozent auf Platz eins der lebensvorbereitenden Themen landet, aber mit einem gewissen Abstand vor Themen wie „Technik und IT“ (81 Prozent), oder „aktiv Sport treiben“ (77 Prozent). Auf dem letzten Platz landet „Ökologie“ (68 Prozent). „Wenn junge Menschen das Thema für sich selbst so hoch priorisieren, zeigt das deutlich, wie sehr Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Hier muss in Zukunft deutlich mehr passieren“, meint Gay.

Knapp zwei Drittel der befragten jungen Erwachsenen schätzen das eigene Wissen zu den Themen Geld und Finanzen als befriedigend bis ausreichend ein (61 Prozent). Nur knapp jeder Fünfte (19 Prozent) gibt an, gut oder sehr gut Bescheid zu wissen. Genauso viele geben sich aber auch die Schulnote mangelhaft oder ungenügend. Insbesondere Befragte, die noch zur Schule gehen, benoten sich selbst überwiegend nur mit mangelhaft bis ungenügend (32 Prozent).

Zinsen und Sparbuch sind vertraut

Bei der Bewertung einzelner Wissensbereiche zu Finanzthemen kennen sich die jungen Leute am besten beim Thema Zinsen aus. Hier meinen immerhin 35 Prozent, sich gut oder sehr gut auszukennen. Dennoch wissen beinahe genauso viele (32 Prozent) nur ausreichend bis ungenügend über Zinsen Bescheid. Große Wissensdefizite haben die jungen Menschen ausgerechnet bei einem für Berufseinsteiger wichtigen Thema: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) weiß gar nichts oder nur wenig über Vermögenswirksame Leistungen. Aber auch beim Begriff „Rendite“ müssen viele passen: 52 Prozent der Befragten kennen sich hier schlecht oder gar nicht aus. „Die Zahlen machen deutlich, wie schlecht sich junge Menschen hierzulande auf ihre finanziellen Angelegenheiten vorbereitet sehen. Dabei fällt auf, dass ausgerechnet die Kenntnisse zu dem Instrument, das jungen Berufstätigen den Einstieg in den langfristigen Vermögensaufbau ermöglichen soll, am schwächsten ausgeprägt sind. Hier müssten Arbeitgeber und Finanzdienstleister wieder stärker auf die Vorteile dieses Angebots hinweisen, mit dem früher viele ihre ersten Gehversuche beim Sparen unternommen haben“, kommentiert Gay.

Mit Blick auf das Wissen rund um die Geldanlage kennen sich die 18- bis 29-Jährigen am besten beim Sparbuch aus. Immerhin 46 Prozent schätzen ihr Wissen hierzu sehr gut bzw. gut ein (Notendurchschnitt 2,8). Bei Aktien kennen sich mit 28 Prozent deutlich weniger junge Menschen gut oder sehr gut aus, 24 Prozent haben hier mangelhaftes oder ungenügendes Wissen (Notendurchschnitt 3,4). Bei Investmentfonds müssen noch mehr Befragte passen. Nur 23 Prozent haben hier ein gutes oder sehr gutes Wissen, aber 30 Prozent geben sich Noten, mit denen sie durchfallen würden (Notendurchschnitt 3,7).

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.


Mehr zum Thema:  
China >

ANG
Vorsorge
Vorsorge Rentenerhöhung ab Juli: 3,74 % mehr für über 21 Mio. Bezieher
06.05.2025

Gut 21 Mio. Rentnerinnen und Rentner in Deutschland bekommen ab dem 1. Juli 2025 höhere Bezüge: Die Pensionen werden um 3,74 Prozent...

ANG
Immobilien
Immobilien ImmoScout24-Mutter profitiert weiter vom Wohnraumboom
06.05.2025

Scout24 hat im ersten Quartal erneut von der hohen Nachfrage nach Wohnimmobilien profitiert: Der Umsatz stieg um 16 % auf knapp 158 Mio....

ANG
Geldanlage
Geldanlage Letzte Zuflucht Gold: Das Ende der Dollar-Dominanz?
29.04.2025

Das Vertrauen in den US-Dollar bröckelt – und Gold erlebt eine neue Blüte. Inmitten wachsender Zweifel an der Stabilität von...

ANG
Immobilien
Immobilien Haus am Meer: Diese Küstenorte bieten noch Chancen
29.04.2025

Die Immobilienpreise an der deutschen Nord- und Ostseeküste ziehen vielerorts wieder an. Ein Haus auf Sylt oder Norderney dürften sich...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Krankenkassen: Für Reformen nicht auf Kommission warten
28.04.2025

Die gesetzlichen Krankenkassen fordern von der künftigen Bundesregierung umgehende Maßnahmen gegen steigende Sozialbeiträge. Der...

ANG
Börse
Börse DAX-Ausblick: Hält die Erholung an?
28.04.2025

Der weltweite Zollstreit dürfte auch in der kommenden Woche das Geschehen am deutschen Aktienmarkt prägen. "Aktuell ist alles an der...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Geldvermögen auf Rekordniveau – aber ungleich verteilt
28.04.2025

Zum Jahresende 2024 erreichte das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland laut Bundesbank rund 9.050 Milliarden Euro, ein...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Fast die Hälfte für den Staat – und was bleibt für deine Rente?
28.04.2025

Die sogenannte Staatsquote gibt an, wie viel Geld der Staat im Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, kurz...