Immer mehr Anlegerinnen und Anleger setzen auf ETFs anstatt auf aktiv gemanagte Investmentfonds. Laut einer aktuellen Studie der Direktbank ING Deutschland sind 2021 hierzulande Anlegergelder in Höhe von rund 21 Milliarden Euro neu in ETFs geflossen. Im Jahr zuvor waren es noch 12 Milliarden Euro. 2019 waren es gerade einmal 7 Milliarden Euro.
Die Begründung für die Wahl von ETFs lautet oft: Trotz höherer Kosten würden es nur die wenigsten Fondsmanager schaffen, besser als der breite Markt abzuschneiden. Und welcher Fondsmanager ein solch glückliches Händchen bei der Portfoliosteuerung hat, lasse sich nicht im vornherein sagen. Wer auf der sicheren Seite sein will, investiert in breit gestreute ETFs. Denn nur eines ist bei der Geldanlage sicher: die anfallenden Gebühren. Und die sind bei ETFs sehr niedrig im Vergleich zu Fonds mit aktivem Management.
Studie: In manchen Anlageregionen Fonds oft besser als ETFs
Ein etwas differenziertes Bild ergibt sich aus einer aktuellen Auswertung der Fondsratingagentur Scope. Die Analysten der Berliner Gesellschaft haben mehr als 2.000 aktiv verwaltete Investmentfonds untersucht, geordnet nach ihren Anlageregionen. Die Leitfrage ihrer Untersuchung lautete: Schlugen die Fonds im Jahr 2021 ihren Vergleichsindex? Das auf den ersten Blick ernüchternde Ergebnis: gerade einmal 29 Prozent aller untersuchten Investmentfonds schnitten im untersuchten Zeitraum besser als ihre Benchmark ab.
In der Kategorie „Aktien Welt“ waren aktive Fondsmanager im vergangenen Jahr besonders erfolglos. Nur 13 Prozent von ihnen schafften es, den Weltaktienindex MSCI World zu überflügeln. In der Kategorie „Aktien Nordamerika“ konnten die meisten Fondsmanager laut Scope ebenfalls keine Überrenditen erzielen. Nur 29,4 Prozent von ihnen schnitten besser als der MSCI USA ab.
Aber: In der Kategorie „Asien-Pazifik-Region (ohne Japan)“ oder „Deutschland“ schlugen sich die aktiv gemanagten Fonds deutlich besser. Rund 62 Prozent der Portfoliomanager gelang es nach den Analysen von Scope, im asiatischen Aktienmarkt besser als der jeweilige Vergleichsindex abzuschneiden. Auf dem deutschen Aktienmarkt übertrafen 55 Prozent der aktiven Fonds den MSCI Germany, der als Benchmark diente.
Das Fazit der Studie: Auf dem US-Aktienmarkt ist es für Fondsmanager offenbar schwierig, Aktien mit Potenzial aufzuspüren und mehr Rendite für ihre Kundinnen und Kunden herauszuholen. Im MSCI World dominieren US-Aktien, sodass sich hier ein ähnliches Bild ergibt. Anders sieht es in kleineren und weniger stark beobachteten Märkten aus. Hier haben Fonds mit aktiver Portfoliosteuerung öfter die Nase vorn. Deshalb ist hier ein ETF nicht automatisch die bessere Wahl.
Doch welche Fonds schlagen sich besser als der breite Markt? Und was machen sie anders als ein ETF? Wir haben vier Fonds für Sie herausgesucht, die über die letzten fünf Jahre (und darüber hinaus) besser abgeschnitten haben als der MSCI World. Einige von ihnen könnten auch in Zukunft den Weltaktienindex übertreffen – zumindest, wenn man finanzwissenschaftliche Studien glauben schenkt.
Pictet Premium Brands: Mit Premiummarken zu Premiumrenditen (ISIN: LU0217138725)
Sei es die Lindt-Schokolade, der Starbucks-Kaffee oder die Louis-Vuitton-Tasche: Die meisten Verbraucher sind bereit, für ein Markenprodukt mehr Geld auf den Tisch zu legen als für einen No-Name-Artikel. Schlecht für den Geldbeutel der Konsumenten, aber gut für die Unternehmen. Hersteller von Marken- und Luxusartikeln glänzen meist mit sehr hohen Gewinnmargen. Und sie haben oft eine sogenannte Preissetzungsmacht – können also die Preise für ihre Produkte erhöhen, ohne dass ihnen die Kunden davonlaufen. Auch die Börse goutiert Markenartikel: Studien belegen, dass Aktien von Unternehmen mit wertvollen Marken sich besser entwickeln als der breite Markt.
Auf bekannte Marken setzt auch der „Premium Brands“-Fonds der Schweizer Fondsgesellschaft Pictet. Er investiert in etwas mehr als 40 Aktien. Im Depot des Fonds finden sich Papiere fast aller großen Markenhersteller: angefangen beim Technologiegiganten Apple über Luxusgüterkonzerne wie Kering und Moët Hennessy – Louis Vuitton (LVMH) bis hin zu Sportartikelherstellern wie Nike und Lululemon.
Die Fokussierung auf Premiummarken hat sich für den Fonds gelohnt: auf Sicht von fünf Jahren kam er nach Gebühren auf eine Rendite von 99,0 Prozent Plus (Stand: 10.2.2022). Den Weltaktienindex MSCI World (72,2 Prozent Plus) hat er mit seiner Wertentwicklung damit um mehr als 20 Prozent übertroffen. Mit 2,7 Prozent p. a. fallen die Gebühren des Pictet-Fonds allerdings im Vergleich zur Konkurrenz überdurchschnittlich hoch aus.
Quantex Global Value: Überrenditen mit Öl, Tabak und Alkohol (ISIN: LI0274481113)
Der Quantex Global Value ist ein wahrer „Sinner Fund“, so nennt man im Englischen Fonds, die auf moralisch bedenkliche Branchen setzen. Zu seinen größten Positionen gehören aktuell Tabakaktien wie Philip Morris und Altria oder Papiere von Alkoholkonzernen wie Diageo. Er investiert auch in Öl- und Gasförderer wie Shell und Total oder das Rohstoffunternehmen Glencore, einen der weltgrößten Kohleförderer.
Der Fonds meidet Börsentrends. Darunter auch Themen wie künstliche Intelligenz, Elektromobilität, Wasserstoff oder virtuelle Realität. Unternehmen aus diesen Branchen würden derzeit noch kein Geld verdienen: „Wir wollen nichts für grandiose Zukunftsversprechungen bezahlen“, heißt es auf der Webseite der Fondsgesellschaft. Auch Technologie- und Wachstumsunternehmen schließt der Fonds aus. Anstatt dessen setzt das Fondsmanagement auf besonders günstig bewertete Unternehmen mit stabilem Geschäftsmodell, betreibt also klassisches Value Investing.
Finanziell hat sich diese Strategie für den Fonds ausgezahlt: Auf Fünfjahressicht liegt er 110,5 Prozent im Plus, während der MSCI World auf eine Rendite von 72,2 Prozent kam. Die Zukunftsaussichten der Value Investings schätzt Fondsmanager Peter Frech als erfolgversprechend ein: „Wenn alle auf Wachstumsaktien und Momentumstrategien setzen, stehen die Chancen für eine Outperformance mit Value erfahrungsgemäß gut“, schreibt er in einem Anlegerbrief.
Lupus alpha Micro Champions: Mikro-Aktien mit Maxi-Renditen (ISIN: LU1891775774)
Börsendickschiffe wie Apple, Amazon und Microsoft sucht man im Fondsdepot des Lupus alpha Micro Champions vergeblich. Im Anlagefokus des Fonds sind sogenannte Micro Caps. Das sind Kleinstunternehmen, mit einem Börsenwert zwischen 50 und 750 Millionen Euro.
Klein bedeutet nicht unrentabel. Ganz im Gegenteil: Finanzwissenschaftliche Studien zeigen, dass sich Aktien von sehr kleinen Firmen über lange Zeiträume besser entwickeln als Papiere von großen und bekannten Konzernen. Großanleger und ETFs können in solche Mini-Aktien aufgrund deren geringer Liquidität meist nicht einsteigen. Das führt auch zu Marktineffizienzen: Aktien von besonders rentablen Kleinfirmen sind oft zu Schnäppchenpreisen zu haben.
Der Lupus alpha Micro Champions ist seit 2005 auf dem Markt. Auf Sicht von fünf Jahren liegt er 173,98 Prozent im Plus und hat damit den MSCI World ebenfalls deutlich hinter sich gelassen. Privatanlegern steht der Fonds erst seit 2019 offen.
Aus einem Anlageuniversum von 1.500 europäischen Titeln sucht das Fondsmanagement die erfolgversprechendsten Aktien aus. Die Firmen, deren Aktien der Fonds kauft, seien häufig „Nischenplayer mit fokussiertem Geschäftsmodell und überdurchschnittlichem Rendite- und Wachstumspotenzial“, so die Fondsgesellschaft. Oder „Innovatoren“ und „Disruptoren“.
Im Fondsdepot dominieren aktuell deutsche Unternehmen, gefolgt von Firmen aus Großbritannien und Schweden. Zu den Top-Investments zählen der norwegische Verpackungshersteller Bewi, das Frankfurter IT-Unternehmen GFT und der finnische Software- und Cloudspezialist Gofore.
Lumen Vietnam: aufstrebendes Land, aufstrebende Börse (ISIN: LI0148578169)
Auf eine wenig bekannte, aber aufstrebende Anlageregion ist der Fonds der Schweizer Gesellschaft Aquis Capital spezialisiert: Vietnam. Das südostasiatische Land wächst rasant. Aufgrund der Spannungen zwischen China und den USA siedeln immer mehr internationale Konzerne ihre Produktion in dem Küstenstaat an, darunter auch Apple und Samsung.
Neben niedrigen Lohnkosten punktet Vietnam mit stabilen politische Verhältnissen und einer vergleichsweise gut ausgebildete Bevölkerung. In die Infrastruktur des Landes wird massiv investiert. All das lässt die Aktienkurse vietnamesischer Unternehmen rasant steigen.
Der Lumen Vietnam investiert vor allem in Aktien, die von der steigenden Urbanisierung, dem Ausbau der Industrie und dem wachsenden Konsum profitieren. Für den Fonds werden laut Aquis Capital nur Aktien ausgesucht, die ein besonders hohes Wachstumspotenzial haben. Dafür beschäftigt die Fondsgesellschaft acht Analysten vor Ort in Vietnam.
Im Depot des Fonds finden sich vor allem Aktien von Finanz-, Industrie- und Immobilien-Unternehmen. Mit einem Plus von 116,1 Prozent über die vergangenen fünf Jahre hat der Fonds den MSCI World (72,2 Prozent Plus) klar übertroffen.
Überflügelt hat er auch ETFs auf vietnamesische Aktien, wie den Vietnam-ETF Xtrackers FTSE Vietnam Swap. Dieser kam auf Fünfjahressicht auf eine vergleichsweise geringe Rendite von 79,63 Prozent. Der Lumen Vietnam spricht somit für das Ergebnis der Scope-Studie: in kleineren und ineffizienten Märkten kann sich aktives Fondsmanagement auszahlen.